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Gute Zahlen aus den Kunstmetropolen Mailand und Paris

Auf der Mailänder MiArt stehen die Zeichen auf Symbiose – auf die Verbindung etablierter und zukunftsweisender Werke. Seit Jahren litt die Veranstaltung unter Ausstellerschwund. Seit zwei Jahren wächst sie wieder. Auf der Art Paris Art Fair wurde viel chinesische Kunst gezeigt. Das hat dieser Messe für zeitgenössische Kunst ihren Stempel aufgedrückt.

BÖRSE am Sonntag

Auf der Mailänder MiArt stehen die Zeichen auf Symbiose – auf die Verbindung etablierter und zukunftsweisender Werke. Seit Jahren litt die Veranstaltung unter Ausstellerschwund. Seit zwei Jahren wächst sie wieder. Auf der Art Paris Art Fair wurde viel chinesische Kunst gezeigt. Das hat dieser Messe für zeitgenössische Kunst ihren Stempel aufgedrückt.

Die Mailänder Messe der modernen und zeitgenössischen Kunst, MiArt, scheint die Flaute überwunden zu haben. Nach Jahren des Ausstellerschwunds wurden  an diesem Wochenende wieder 148 Galerien im Mailänder Messepavillon Nummer 3 erwartet. Die Krise, die der Messe 2011 einen Negativrekord von nur 94 Galerien bescherte, schien nachhaltig. Professor Frank Boehm, 2012 hatte den Niedergang nicht aufhalten können, obgleich es ihm dank seiner jahrelangen Betreuung der „Collection Italy“ der Deutschen Bank in Mailand an Erfahrung im italienischen Kunstbetrieb nicht fehlte. So übernahm Ausstellungsmacher Vincenzo De Bellis, Jahrgang 1977, das Ruder – mit Erfolg. Die Edition 2013 verzeichnete sowohl einen Zuwachs unter den Ausstellern als auch einen Anstieg der Besucherzahl, der sich in diesem Jahr offensichtlich fortsetzt.

De Bellis geht nun in die zweite Runde und legt eine ansehnliche Teilnehmerliste vor. Sie ist nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gewachsen. Mit 60 Galerien aus dem Ausland ist die Internationalität wieder gewährleistet. Die MiArt hat ihre Position gefunden und plaziert sich selbstbewusst genau zwischen der „alten Dame“ Arte Fiera, Italiens ältester Messe in Bologna, und der Turiner Trend-Messe Artissima. Dr Bellis setzt auf die Verbindung von Etabliertem mit Zukunftsweisendem, vereint das Gediegene mit Pionierkunst, schafft gleitende Übergänge zwischen Kunstobjekten und raumspezifischen Installationen.

Die einzelnen Bereiche sind in Mailand klar definiert: „Established“ heißt die größte Sektion, in der 106 Galerien in den Sparten „Master“, „Contemporary“ und „First Step“ Klassiker, zeitgenössische Künstler und neue Talente zeigen. Deutsche sogenannte „established“ Galerien sind die Berliner Circus, Peres Projects, Plan B,VW (VeneKlasen/Werner) und die Frankfurter Die Galerie. Eine stattliche Delegation entsendet Deutschlands Hauptstadt auch in den Sektor „Emergent“, den junge Avantgardegalerien bevölkern. Sie wagen sich in die Sphäre der experimentellen Kunst vor. Aus Berlin reisen die Galerien Sandy Brown, Lars Friedrich, Dan Gunn und Mathew an. Den Bereich „THENnow“ kennzeichnet der Dialog.

Hier stellen Galerien einen Klassiker im Dialog mit einem Nachwuchskünstler vor. Die neu geschaffene Sektion „Conflux“ hat erstmals Raum für Einzelschauen und raumspezifische Installationen. Das Augenmerk richtet sich dabei auf Kunst aus Südamerika, den USA, dem Nahen Osten und Europa. Die Galerie Meyer Riegger (Karlsruhe/ Berlin) zeigt Arbeiten des jungen Malers Waldemar Zimbelmann, Jahrgang 1984, aus Kasachstan. In seinen großformatigen Figurendarstellungen überschneiden sich Figuration und Abstraktion; aus den vielschichtigen flirrenden Farbgeflechten treten Erinnerungsfragmente hervor und verselbständigen sich zu einer eigenen Bilderwelt.

Chinesische Koinzidenz bei der „Art Paris Art Fair“

Just als sich die Menschenschlangen am 26. März 2014 vor dem Grand Palais bildeten, um an der Abendvernissage der 16. zeitgenössischen Kunstmesse „Art Paris Art Fair“ teilzunehmen, sperrte die Gendarmerie etwa zwei Kilometer der umliegenden Straßen für den Verkehr. Der zu einem Staatsbesuch angereiste chinesische Präsident Xi Jinping fuhr auf dem Weg in den Elyseepalast genau am Grand Palais vorbei.

Die Organisatoren der Kunstmesse hätten sich kein besseres Timing für ihren diesjährigen China-Schwerpunkt ausdenken können. Die in Europa verankerte, aber stets den Blick nach Osten richtende „Art Paris Art Fair“ hatte zehn chinesische Galerien zu Gast. Alle Aussteller wurden gebeten, chinesische Künstler zu zeigen, was viele eifrig befolgten. Insgesamt nehmen 140 Galerien aus 18 Ländern teil.

Gleich am VIP-Eingang der Messe zeigte Caroline Smulders feuriges China-Rot mit Variationen zur chinesischen Flagge von Jean Pierre Raynaud, Gérard Fromanger und Kimiko Yoshida. Ein optischer Gegensatz dazu sind die Bilder des Literatur-Nobelpreisträgers Gao Yingjan: sie sind ganz in schwarz und weiß gehalten und waren am Vernissage-Abend am Riesenstand des Pariser Galeristen Claude Bernard für 3.500 bis 65.000 Euro nahezu ausverkauft. Auch Patrice Trigano (Paris) konnte rasch mehrere Werke absetzen, darunter ein abstraktes großes Gemälde des Chinesen Wang Yan Cheng. Trigano ist tief betroffen über den Tod des von ihm vertretenen, in Paris am 25. März verstorbenen Chinesen Chu Teh Chun, dem letzten Vertreter der lyrischen Abstraktion.

Über die jüngeren chinesischen Künstler konnte man sich im Zentrum der Kuppelhalle des Grand Palais bei der „Plattform China“ informieren. Dort gab die in Schanghai und Brüssel aktive IFA Galerie unter anderem die abstrakten, mit traditioneller Chinatinte bemalten Leinwände von Jiang Shanqing ab. Die Pariserin Hélène Bailly präsentiert gemeinsam mit der ShangArt Gallery eine Installation des 1980 geborenen Zhang Ding. Sie zeigt einen aus einer Chromsäule wachsenden Mann mit einem Metzger-Messer, mit dem er die auf vier Chromtischen liegenden Fleischstücke für eine – mutmaßlich exquisite – chinesische Mahlzeit zerhackt. Ebenfalls in Rosa, in Fleischfarbe, und mit Nussknacker-Lächeln charakterisieren die Selbstbildnisse des chinesischen Malerstars Yue Minjun, von dem der Pariser Galerist Daniel Templon ein Großformat für 800.000 Dollar anbot. Das beweist: die Bäume wachsen trotz guter Verkaufszahlen nicht in den Himmel. Ähnliche Formate wie das von Yue Minjun hätten auf Auktionen noch vor wenigen Jahren das Doppelte erzielt. Angesichts eines insgesamt soliden Marktumfeldes ist dies aber wahrscheinlich eine kleine Kurskorrektur, also etwas, das kundige Anleger nicht in Verlegenheit bringen kann.