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„Er muss den Hals beugen, wenn er aufsteht“

Luftfahrtexperten nehmen Donald Trumps neues Privatflugzeug unter die Lupe. Statt Sofa-Ecke gibt es nur Klapptische. Dusche und Abwehrrakete fehlen ebenfalls. „Ein Jedermannjet“, lautet ihr vernichtendes Urteil.

(Bild: Shutterstock)

Luftfahrtexperten nehmen Donald Trumps neues Privatflugzeug unter die Lupe. Statt Sofa-Ecke gibt es nur Klapptische. Dusche und Abwehrrakete fehlen ebenfalls. „Ein Jedermannjet“, lautet ihr vernichtendes Urteil.

Doug Gollan ist eine ausgewiesener Luftfahrt-Experte. Mehr noch: Der Amerikaner hat sich auf Privatjets spezialisiert und ein Vergleichsportal für Superreiche aufgebaut. Solche, die schnell mal einige hunderttausend Dollar investieren, um mit dem eigenen Flugzeug um die Welt zu reisen. Auch in dieser Liga, will man aber nicht zu viel Geld ausgeben und kann dazu Gollans Portal konsultieren. Ob man regelmäßig seinen Hund mit an Bord habe, sind Fragen, die Gollan in seinen Algorithmus einspeist, damit das passende individuelle Angebot für seine Kundinnen und Kunden herauskommt. So schnell kann Gollan also nichts aus der Fassung bringen.

Umso mehr hat er jetzt gestaunt, als er Donald Trump in seinen neuen Jet steigen sah. Der ehemalige Präsident und Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte war bislang in einer umgebauten Boeing 747 unterwegs - eben der Air Force One. Zuvor besaß er mit einer Boing 757 sein eigenes bemerkenswertes VIP-Verkehrsflugzeug. In diesen Tagen aber, so zeigen es Fernsehbilder, war es eine Cessna, in der Trump entschwand. „Ein gewöhnlicher Privatjet vom Typ Jedermann“, schreibt Gollan in einem Beitrag für das Wirtschaftsmagazin Forbes, das regelmäßig das Leben der Reichen begleitet. „Es ist der Flugzeugtyp, bei dem Sie Ihren Hals beugen müssen, wenn Sie aufstehen. Möglicherweise spüren Sie sogar, wie Ihre Haare an der Kabinendecke streichen“, stellt Gollan fest.

Das war bis vor zwei Monaten noch ganz anders. Die Air Force One ist in jeder Hinsicht kein gewöhnliches Flugzeug. Sie kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1015 Stundenkilometern fliegen. Die Reichweite beträgt bis zu 13000 Kilometer, sie kann in der Luft aufgetankt werden. Es gibt drei Decks mit einer Nutzfläche von 370 Quadratmeter. Der Präsident betritt und verlässt das Flugzeug durch den vorderen von drei Eingängen. Jeder andere geht durch die hinteren Türen.

Die Air Force One ist ein fliegendes Machtzentrum mit Betten, Duschen und einem Büro. Es gibt auch einen Konferenz-Raum. Ein 50-Inch-Plasma-Bildschirm überträgt Konferenzen. Alles in allem hat das Flugzeug 87 Kommunikations-Geräte und 19 Tv´s. Es besitzt eine komplette medizinische Ausstattung mit Operations-Tisch und Apotheke. Mit den an Bord befindlichen frischen Lebensmittel können mehrgängige Gerichte für bis zu 100 Leute zubereitet werden. Es gibt auch Quartiere für die Besatzung, den Secret Service und mitreisende Journalisten und Journalistinnen. Die Air Force One ist gegen Flugabwehrraketen gerüstet, Tarnkörper parieren und verwirren Radare.

Trump stieg auf sie um und musterte dafür seine Boeing 757 aus, die er vom verstorbenen Microsoft Co-Gründer Paul Allen übernommen hatte. Das Modell erlangte Bekanntheit, als Trump im Wahlkampf 2016 damit von Auftritt zu Auftritt jettete. Mit dem übergroßen Buchstaben „T“ am Heck und seinem Nachnamen in großen, dicken Großbuchstaben am Rumpf verziert, war es seine „fliegende Visitenkarte“, meint Gollan. „Mein Jet ist größer und luxuriöser als deiner“, sei die Botschaft gewesen. Mithalten konnte da nur die ehemalige Qantas 767, die von Googles Gründern zu einem VIP-Verkehrsflugzeug umgebaut worden ist, und jene Jumbos, die von den Herrschern des Nahen Osten bevorzugt werden. Air Trump bot ein geräumiges Büro, viel Platz zum Strecken der Beine, ein privates Schlafzimmer und die perfekte Kulisse für Interviews mit Journalisten oder Fotos des künftigen Präsidenten, der zwischen den Landungen Fast Food zu sich nahm.

Und nun das: Kein eigener Eingang führt in die Cessna Citation X, Trump muss sich mit seinen 1,90 Meter Körpergröße leicht bücken, um hineinzukommen. „Es ist ein mittelgroßer Businessjet“, berichtet Gollan. „Für diejenigen von uns, die wir uns Flugzeuge mit 150 Menschen und mehr teilen, die wir nicht kennen, wäre die Citation X ein willkommener Anblick.“, schreibt der Luftfahrtexperte. Aber für Trump?

Bis zur Gulfstream G650 war die Cessna der schnellste Privatjet der Welt und erreichte Geschwindigkeiten von bis zu 700 Meilen pro Stunde. Als sie 1996 auf den Markt kam, wurde sie Favorit des Jet-Sets. Zu seinen Kunden gehörte der Golfspieler Arnold Palmer.

„Trotzdem handelt es sich nur um einen regulären Privatjet, der eher auf dem Chartermarkt unterwegs ist als in Milliardärskreisen.“ Es gebe keine Besprechungstische, keine privaten Kabinen oder Sofas im Wohnzimmerstil, keine Duschen. Die Tabletttische müssten herausgezogen werden und ähneln denen der ersten Klasse eines normalen Flugzeugs, moniert der Profi. Die Cessna sei vom Wert allenfalls eine Art „Rundungsfehler“ in den Bilanzen der Milliardäre. Laut dem „Controller-Magazin“ ist derzeit eine Version von 2009 mit 3231 Flugstunden auf der Uhr für unter fünf Millionen US-Dollar auf dem Markt. Eine weitere aus dem gleichen Jahr, jedoch mit 3.655 Stunden, wird für 2,7 Millionen US-Dollar angeboten, wahrscheinlich mit starken Gebrauchsspuren. Eines, schreibt Gollan, sei sicher: „Die Cessna wird sehr klein erscheinen, wenn Trump zu einem Hangar fährt, in dem ihn seine Unterstützer begrüßen wollen.“

Oliver Stock

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