Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Lebensart >

Wenn Zigarren teurer als 1000 Einfamilienhäuser sind

Zigarren sind nach wie vor ein Statussymbol. So gibt es geheimnisvolle Sammlerstücke, die dem Wert von über 1000 Einfamilienhäusern entsprechen. Dass Zigarren immer noch gefragt sind, zeigen die Zahlen des kubanischen Tabakkonzerns Habanos S.A.. Dabei sind die wichtigsten Absatzmärkte nicht etwa die Vereinigten Staaten

BÖRSE am Sonntag

Zigarren sind nach wie vor ein Statussymbol. So gibt es geheimnisvolle Sammlerstücke, die dem Wert von über 1000 Einfamilienhäusern entsprechen. Dass Zigarren immer noch gefragt sind, zeigen die Zahlen des kubanischen Tabakkonzerns Habanos S.A.. Dabei sind die wichtigsten Absatzmärkte nicht etwa die Vereinigten Staaten

Das aus Tabakblättern gerollte Genussmittel steht für Macht und Eleganz. Dem Klischee nach rauchen es vor allem ältere, vermögende Männer. Doch auch junge Unternehmer, Politiker oder Frauen greifen durchaus zur Zigarre. Obwohl Tabak schon lange keine Kolonialware mehr ist, gilt die Zigarre nach wie vor als elitär. Allein ihr Verzehr imponiert. Man trifft sich meist in einem gesonderten Raum, dem Kaminzimmer oder Salon. Es entsteht eine vertraute Atmosphäre, schließlich kann der Verzehr bis zu mehrere Stunden dauern. Dabei bleibt Zeit für offene Worte, sonst verborgene Informationen und womöglich auch den ein oder anderen Deal. Die Zigarre fungiert als Eisbrecher, der Distanz und Misstrauen abbaut. Die Raucher bekennen sich gemeinsam als Aficionados. Eine Art Lifestyle entsteht.

Dass dieser Lifestyle durchaus noch im Trend liegt, bestätigen die Zahlen des halbstaatlichen Tabakkonzerns Habanos S.A.. Das kubanische Unternehmen hat seinen Absatz im vergangenen Jahr um sieben Prozent gesteigert. Der Konzern erzielte trotz Steuererhöhungen und Wirtschaftsembargo im Jahr 2018 einen Umsatz von 537 Millionen Dollar. Mit 70 Prozent kommen fast drei Viertel der im vergangenen Jahr weltweit verkauften Zigarren aus dem kubanischen Konzern. Er ist Hersteller bekannter Marken wie Cohiba, Montecristo oder Partagás. Wichtigster Absatzmarkt ist Europa. Vor allem nach Spanien, Frankreich und Deutschland importiert das Unternehmen seine Waren. Daneben zählt China und Kuba selbst zu den fünf wichtigsten Importmärkten. „2018 war erneut ein erfolgreiches Jahr für die Habano", bestätigten Núñez and Luis Sánchez-Harguindey Pardo de Vera, Co-Präsidenten von Habanos S.A., „da der Umsatz in verschiedenen Märkten erneut gestiegen ist, sowohl im Hinblick auf Volumen als auch Wert, während wir gleichzeitig unseren Marktanteil von geschätzten 70% in den Märkten beibehalten haben, wo wir unsere Marken verkaufen.“

Habanos S.A. ist ein Joint-Venture des staatlich-kubanischen Tabakunternehmens Cubatabaco und der spanisch-französischen Firma Altadis S.A., die zum britischen Konzern Imperial Brands gehört. Als das britische Unternehmen Altadis S.A. im Jahr 2007 übernahm, bekam es somit auch eine 50-prozentige Beteiligung am kubanischen Zigarrenmonopol Habanos S.A.. Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 30 Milliarden Euro ist Imperial Brands zurzeit der weltweit fünftgrößte Tabakkonzern. Somit ist der Hersteller bekannter Zigarettenmarken wie Stuyvesant, West, Davidoff und Gauloises zwar nicht Marktführer, spielt jedoch im Zigarrenmarkt eine entscheidende Rolle. Der weltweit größte börsennotierte Tabakkonzern ist aktuell Philip Morris. Die Marktkapitalisierung des Herstellers von Zigarettenmarken wie Marlboro und L&M beläuft sich auf rund 124 Milliarden Euro. Gefolgt von British American Tobacco, Produzent von Lucky Strike oder Pall Mall, mit 85 Milliarden Euro.

Dass Zigarren generell ein teures Gut sind, zeigt eine Versteigerung in Boston. Für 26950 Dollar wurde dort vergangenes Jahr eine handsignierte Zigarrenschachtel von Fidel Castro verkauft.  Die exklusive Sammlung aus dem Privatbesitz des ehemaligen kubanischen Staatspräsidenten umfasst 24 Zigarren. Alle sind sogenannte „Trinidad Fundadores“, eine handgemachte Zigarrensorte, die exklusiv für den verstorbenen Fidel Castro produziert wurde. „Zigarren waren ein wesentlicher Bestandteil von Castros heroischem, revolutionärem Image. Diesbezüglich ist die unterschriebene Box ein wahrlich bemerkenswertes historisches Artefakt“, so das Bostoner Auktionshaus RR, welches die Zigarren versteigerte.

In einem ganz anderen Preisspektrum spielte sich vor einigen Jahren die Auktion der „Maya-Zigarren“, auch „Maya-Sicars“ genannt, ab. Zuletzt erzielte eine Sammlung der Zigarren bei einer Auktion 507 Millionen Dollar. Dieser horrende Preis begründet sich durch das Alter der Zigarren – sie wurden vor rund 600 Jahren gefertigt. In versiegelten Tontöpfen fanden Archäologen im heutigen Guatemala 2012 die Zigarren. Beschriftet waren die Gefäße mit „Sikars“, was so viel bedeutet wie gerollte Tabakblätter. Alle Zigarren sind zwar gut erhalten, zum Verzehr ist diese historische Ware jedoch nicht mehr geeignet.

Trotz des schicken und stilvollen Images sind Zigarren gesundheitsschädlich. Sie sind krebserregend, fördern verschiedenste Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch zur Abschreckung genügen diese Fakten scheinbar nicht – stattdessen zahlen Sammler über 500 Millionen Dollar für ganz besondere Kollektionen. Dies liegt nicht zuletzt an prominenten Vorbildern wie Ludwig Erhard oder Roger Moore. Durch solche Persönlichkeiten, fiel der Zigarre eine gewisse kulturelle Wertschätzung zu. Sie war und ist nach wie vor ein Statussymbol.

Von Caroline Bingenheimer