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Rückt ein „Brexit“ näher?

Frankreichs Wirtschaftsminister Macron hat jüngst die „Erneuerung der EU von Grund auf“ gefordert. Er spricht dabei von Tabubrüchen – „gerade für Deutschland“. Im Klartext: „Eine Währungsunion ohne Finanzausgleich – das gibt es nicht! Die Starken müssen helfen.“ Die Forderung geht nach Berlin, doch in London hört man's mit umso größerem Interesse.

BÖRSE am Sonntag

Frankreichs Wirtschaftsminister Macron hat jüngst die „Erneuerung der EU von Grund auf“ gefordert. Er spricht dabei von Tabubrüchen – „gerade für Deutschland“. Was er damit meint, ist völlig klar: Finanztransfers in großem Umfang innerhalb der Währungsunion: „Eine Währungsunion ohne Finanzausgleich – das gibt es nicht! Die Starken müssen helfen.“

Schon zuvor hatte der französischen Präsidenten François Hollande gefordert, in der Eurozone eine Wirtschaftsregierung zu errichten. Nach seinen Vorstellungen soll das Amt eines „Eurokommissar“ geschaffen werden, in dessen Befugnis die Wirtschafts-, die Finanz- und die Sozialpolitik der Euroländer gebündelt sein sollen – de facto eine Art Superkommissar, an dem kein Weg vorbeiführen würde. Und so gib Macron auch freimütig zu: „Die Euroregierung würde geführt von einem Kommissar mit weitreichenden Befugnissen.“

Die Sozialisten in Frankreich haben sehr intensiv darüber nachgedacht, wie sie an das Geld anderer Leute kommen – so, wie das Sozialisten in aller Welt tun, ganz regelmäßig. Doch sie haben nicht einmal bis über den Ärmelkanal geblickt. In London wird Davis Cameron die Überlegungen aus Paris mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen. Wären die Briten Mitglied des Euroraumes, würde es auch sein Geld sein, das Hollande und Macron abgreifen wollen.

Nach Ansicht der Investment Professionals in Deutschland würden die linken Begehrlichkeiten aus der Seine-Metropole die EU und die Eurozone eher spalten als einen. Dieser Ansicht sind laut aktueller DVFA-Freitagsfrage 81 Prozent der befragten Mitglieder des Verbandes. Die Installation einer stärkeren zentralen Wirtschaftsregierung würde nach Meinung der von vier Fünfteln der DVFA-Mitglieder – 82,1 Prozent – sogar den sogenannten „Brexit“ befördern, also den Autritt Großbritannien aus der EU. Nur knapp fünf Prozent sind dagegen der Ansicht, die Bestrebungen würden den Austritt Großbritanniens aus der EU eher verhindern. Etwas mehr als 13 Prozent sehen keinen Einfluss auf die Entscheidung der Briten.

Ähnlich klar ist das Meinungsbild bei der Frage hinsichtlich der Auswirkungen eines Finanzausgleichs innerhalb der EU. Für mehr als 81 Prozent wäre der Finanzausgleich lediglich eine Umverteilung zu Lasten der wirtschaftlich stärkeren Mitglieder, die eigentlichen wirtschaftlichen Probleme der EU und der Eurozone würden dagegen damit nicht angegangen.

Weniger einheitlich antworteten die Befragten, ob die EU und die Eurozone mit einem solchen Schritt gestärkt würden. Knapp 55 Prozent der Befragten erwarten davon keine Stärkung der EU und der Eurozone. Dass durch eine engere Währungsunion künftige wirtschaftliche Krisen vermieden oder besser bewältigt werden könnten, erwarten gut 43 Prozent. Fast 57 Prozent rechnen nicht mit einer solchen Wirkung.

Wenig Chancen sehen die Investment Professionals für die Umsetzung des Plan von Wirtschaftsminister Macron im Zeitrahmen bis 2019. Gut 83 Prozent halten die Umsetzung des Vorschlags für sehr unwahrscheinlich oder wenig wahrscheinlich. Lediglich 17 Prozent halten die Verwirklichung im angegebenen Zeitraum für eher wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich. „Unsere Mitglieder sind ganz offensichtlich sehr skeptisch hinsichtlich der Pläne der Franzosen für die EU und die Eurozone. Für äußerst bedenkenswert halte ich, wie viel Spaltkraft sie in dem Vorhaben erkennen,“ sagt Ralf Frank, Generalsekretär der DVFA e.V.

Ein alter Kalauer beschreibt einen Dialog zwischen einem wirtschaftlich rational denkenden Unternehmer und einem Sozialisten. Letzterer sagt: „Teile dein Geld mit mir!“ Der Unternehmer sagt: „Dein Geldbeutel ist immer wieder leer, weil du nur ausgibt und nicht einnimmst! Was tun wir, wenn dieses Geld auch weg ist?“ Der Sozialist: „Dann teilen wir wieder!“ Gerade angesichts der Völkerwanderung von Flüchtlingen, die derzeit innerhalb weniger Tage nach Deutschland flutet, wird man sich in Berlin recht herzlich über die nachbarschaftlichen Vorschläge aus Paris bedanken.