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Der Aufstieg eines Kaffee-Imperiums

Es ist die Geburt eines neuen Kaffee-Riesen: Für knapp 14 Milliarden Euro will die Investmentholding JAB der deutschen Milliardärs-Familie Reimann den amerikanischen Kaffeekapsel-Produzent Keurig Green Mountain übernehmen. Während die Finanzmärkte das Unternehmen schon abgeschrieben hatten, sehen die deutschen Investoren offenbar großes Potential. Sie lassen sich den Deal erstaunlich viel kosten.

BÖRSE am Sonntag

Es ist die Geburt eines neuen Kaffee-Riesen: Für knapp 14 Milliarden Euro will die Investmentholding JAB der deutschen Milliardärs-Familie Reimann den amerikanischen Kaffeekapsel-Produzent Keurig Green Mountain übernehmen. Während die Finanzmärkte das Unternehmen schon abgeschrieben hatten, sehen die deutschen Investoren offenbar großes Potential. Sie lassen sich den Deal erstaunlich viel kosten.

Den Reimanns und ihrer JAB gehören bereits Kaffee-Marken wie "Jacobs", "Senseo" oder "Tassimo". Doch jetzt greift die Reimann Familie nach den ganz großen „Kaffeesternen“. Die Milliardäre gelten als eine der reichsten Deutschen, laut Manager-Magazin ist ihr Vermögen allein im vergangenen Jahr um 3,6 Milliarden auf 17,6 Milliarden Euro angewachsen. Zusammen mit anderen Investoren haben sie es nun auf den amerikanischen Marktführer für Kaffeekapseln abgesehen.

Für 13,9 Milliarden Dollar soll Keurig Green Mountain Teil der deutschen Kaffeefamilie werden. Mit dem Kauf würde das Familienunternehmen zum weltweit zweitgrößten Kaffeeproduzenten avancieren. Nur der Schweizer Konzern Nestle wäre noch größer. Bereits 2012 hatte die familieneigene Finanzholding JAB die amerikanischen Kult-Kaffeketten Caribou Coffee Company und Peet’s Coffee & Tea übernommen. Im Juli folgte dann das Joint Venture der eigenen Kaffee-Sparte D.E. Master Blenders 1753 mit dem Kaffee-Geschäft des Lebensmittelkonzerns Mondelez. Bekannt ist die Marke seitdem unter dem Namen Jacobs Douwe Egberts. Der Konzern ist aktuell vor allem auf dem Kapselmarkt aktiv und stellt auch entsprechende Maschinen her. Mit Keurig Green Mountain wird nun das amerikanische Pendant mit ins Boot geholt. Die Amerikaner hatten das Modell bereits in den 90er Jahren in Übersee eingeführt.

Mit dem Deal hat JAB an den Aktienmärkten für deutliche Aufregung gesorgt. Die Keurig Aktien sprangen um 78 Prozent in die Höhe. Zum einen deshalb, weil JAB-Chef Bart Becht keinen Zweifel daran ließ, wo die Reise für den neuen Kaffee-Riesen hingehen soll. Die Übernahme sei ein „großer Schritt vorwärts bei der Schaffung einer globalen Kaffeeplattform." Zum anderen aber auch, weil die Finanzmärkte Keurig Green schon lange auf dem Abstellgleis sahen.

Das lag jedoch weniger an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens, als vielmehr an enttäuschten Erwartungen. Vergangenes Jahr stieg der Getränkehersteller Coca-Cola bei Keurig ein und begeisterte damit die Anleger. Keurig-CEO Brian Kelley nährte damals auch die Vision nach einer neuartigen Maschine, bei der man zu Hause neben Kaffee auch Eistee, Mineralwasser oder eben Cola aus der Kapsel machen konnte. Mit dem Global Player im Hintergrund sollte dieser Traum Wirklichkeit werden. Das Papier kletterte in der Folgezeit auf einen Wert von über 140 Dollar, die Marktkapitalisierung betrug stolze 20 Milliarden US-Dollar.

Deutsche Investoren glauben an das Konzept

Das war im Herbst 2014. Seitdem befand sich die Aktie allerdings in einem steten Sinkflug. Beim Verkauf des neuen Systems für Kaltgetränke kommt Keurig nur schleppend voran, die Nachfrage ist derzeit eher gering. Zudem machten auf dem etablierten Kaffee-Geschäft Konkurrenten wie Nespresso oder Starbucks Boden gut und Billigmarken drängten auf den Markt. Die Folge war ein Einbruch der Umsatzzahlen. Der Umsatz fiel im Geschäftsjahr 2015 (bis Ende September) um vier Prozent auf 4,5 Milliarden Dollar, der Nettogewinn um 16 Prozent auf gut 498 Millionen Dollar. Die Anleger machten ihrer Enttäuschung schnell Luft, das Papier fiel schnell unter die 40 Dollar Marke.

Hedge-Funds hatten das Papier schon lange als überbewertet angesehen, was vor allem viele Leerverkäufer auf die Aktie anspringen ließ. Dabei hat Keurig durchaus gute Argumente vorzuweisen. Lange Zeit hatte das Unternehmen aus Vermont dem Konkurrenzdruck standgehalten. Vor allem die groß installierte Basis gilt unter Experten als Plus, da auf diese Weise mehr Produkte auf den Markt gebracht werden können. Das Unternehmen beschäftigt weltweit etwa 6600 Mitarbeiter. Zudem haben die Amerikaner zuletzt eine Niederlassung in Lausanne eröffnet. Nach eigenen Angaben um zum Global Player im Kaffeehandel aufzusteigen. Effektiv ging es aber wohl um Steuervorteile.

All diese Argumente scheinen nun die deutschen Investoren mehr als überzeugt zu haben. Und die schockten mit ihrer Ankündigung alle Leerverkäufer. Denn mit einem Kaufpreis von 92 Dollar je Aktie ist das Angebot fast 78 Prozent höher als der Kurs der Keurig-Aktie vor Bekanntwerden der Übernahmegerüchte und stellt einen ungewöhnlich hohen Bonus dar. Zuletzt hatte das Papier diesen Wert im Mai. Mit einem Gesamtvolumen von rund 14 Milliarden Dollar und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 30 lassen sich die Deutschen den Deal damit einiges kosten.

Noch müssen die Anleger dem Deal noch zustimmen. Doch angesichts der schlechten Geschäftsentwicklung dürfte diese mehr als froh über das Angebot sein. So würde Coca-Cola laut dem Wall Street-Journal statt eines Verlustes in Milliardenhöhe noch einen Gewinn von 25 Millionen Dollar einstreichen. Der Getränkekonzern, der aktuell 17,4 Prozent der Anteile hält, hat bereits Grünes Licht für den Verkauf gegeben, ebenso wie die Unternehmensführung. Abgeschlossen werden soll der Deal im ersten Quartal 2016. Sowohl UBS als auch Williams Capital bewerten die Aktie seit dem Kaufangebot mit 92 Dollar und der Einstufung „Hold“. Robin Schenkewitz