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Märkte > Mögliches Arbeitsmodell der Zukunft

„Eine Vier-Tage-Woche können wir uns nicht leisten“

(Foto: WMG)

Immer mehr Bewerber wünschen sich einen Tag weniger Arbeit in der Woche. Kann das funktionieren? Auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel sind die Meinungen geteilt.

Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, hat auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel der Weimer Media Group am Tegernsee sein neues Buch „So tickt Deutschland“ vorgestellt und anschließend mit einer Expertenrunde über einige Ergebnisse der Studie besprochen, die dem Buch zugrundeliegt. Zur Debatte stand unter anderem die derzeit in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft heiß diskutierte Vier-Tage-Woche. Diese halten Reinhardts Studie zufolge besonders diejenigen für gut, die noch keine 35 Jahre alt sind – anders als die Über-55-Jährigen. „Für die jüngere Generation ist Arbeit nicht nur Geldverdienen, sondern auch Selbstverwirklichung, zudem lebe diese im Hier und Jetzt“, erklärte Reinhardt.

Ein Blick in andere Länder wie Spanien, Belgien und Island zeigt gemäß Reinhardt, dass die Vier-Tage-Woche funktioniert. Auch eine Oxford-Studie belegt Vorteile wie weniger Burn-Outs, mehr Produktivität und weniger Fehltage. Potenzial für die Vier-Tage-Woche besteht durchaus: „Zwei Stunden durchschnittlich pro Tag verbringt ein deutscher Arbeitnehmer pro Tag nicht produktiv.“

„Kaffeetrinken rausstreichen“

Audi-Vorständin Hildegard Wortmann kann sich gut vorstellen, dass man „die Arbeit einer Woche auch in vier Tagen machen kann, wenn wir mal das zweistündige Kaffeetrinken rausstreichen.“ Aber häufig sei die Vier-Tage-Woche ja ein Stressargument. „Und in vier Tagen wird es noch stressiger.“ Sie würde sich „den Talk an der Kaffeemaschine jedenfalls nicht streichen lassen wollen“.

Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrats der CDU, positionierte sich klar gegen die Vier-Tage-Woche. Eine solche könne sich Deutschland nicht leisten. „Wir müssen zur Leistungsgesellschaft zurück“, forderte Hamker. Es gehe darum, der jungen Generation auch mal klarzumachen: „Der Wohlstand ist nicht vom Himmel gefallen.“ Sie ging sogar noch einen Schritt weiter. „Wir sollten das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln“, forderte sie. Im Angesicht des zunehmenden demographischen Drucks auf dem Arbeitsmarkt mahnte sie: „Wir haben ja jetzt schon strukturelle Probleme und Standortnachteile.“

Der zweite Job neben dem ersten

Bei ihr fragten Mitarbeiter nach der Vier-Tage-Woche, jedoch nicht bei vollem Lohnausgleich, warf Katharina Roehrig, Geschäftsführerin Kommunikation und Nachhaltigkeit bei Melitta, ein. „Häufig sind die Gründe eher, dass der- oder diejenige am fünften Tag noch ein kleines, eigenes Business betreibt.“ Diese Menschen seien entsprechend bereit auf Gehalt zu verzichten. Ob Vier-Tage-Woche ja oder nein, das sei für sie eine Frage der Intention hinter dem Wunsch.

„Bei uns ist die Vier-Tage-Woche kein Thema“, sagte KPMG-Regionalvorständin Angelika Huber-Straßer. Sie habe Kollegen, die würden gern mehr als 40 Stunden arbeiten. Insgesamt fehle es an Flexibilität. Es müsse möglich sein, mit der Arbeitszeit nach oben und nach unten gehen zu können, je nach Lebenssituation der Mitarbeiter.

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.