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Deutsche Bank, very British

Seit dem vergangenen Mittwoch ist der Brite John Cryan Chef der Deutschen Bank. Das angelsächsische Couleur war zuletzt in Frankfurt deutlich in Verruf geraten: Mit Anshu Jain scheiterte ein Vertreter des Investmentbankings grandios im wahrsten Sinne des Wortes: Unter einer milliardenschweren Höchststrafe für Fehlverhalten der Banker machte er es nicht.

BÖRSE am Sonntag

Seit dem vergangenen Mittwoch ist der Brite John Cryan Chef der Deutschen Bank. Das angelsächsische Couleur war zuletzt in Frankfurt deutlich in Verruf geraten: Mit Anshu Jain scheiterte ein Vertreter des Investmentbankings grandios im wahrsten Sinne des Wortes: Unter einer milliardenschweren Höchststrafe für Fehlverhalten der Banker machte er es nicht.

Die konnte sichergestellt werden, indem man die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden in den USA möglichst hinhaltend sabotierte. Nachdem Jain nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit, womöglich wichtiger Kunden und Teilen des Aufsichtsrats verloren hatte, genügte dann das magere Ergebnis von 61 Prozent bei der Entlastung durch die Hauptversammlung, um zu zeigen, dass auch die Investoren mehr als genug hatten. Noch läuft ein Verfahren, das die Aktionärsschützer von der DSW angestrengt haben – mit der ganz einfachen Bitte darum, zu erfahren, wie hoch die Risiken für künftige Rechtshändel und deren Beilegung wirklich sind: Sprich, das was die Deutsche Bank zurückgestellt hat, so der Verdacht, reicht bei weitem nicht. In diese Gemengelage hinein wechselt Cryan vom Aufsichtsrat, dem er seit 2013 angehört hatte, in den Vorstand, wo er auf Jürgen Fitschen trifft, der bis Mai noch sei Ko-Chef bleiben soll.

Schon für die Optik im Münchener Strafprozess als letzter Akt der Leo-Kirch-Saga, in dem es um Betrug geht, bei einem der Vorläuferprozesse. What a mess! Jedenfalls war Fitschen der Erfinder des Wortes „Kulturwandel“, das die Öffentlichkeit geradezu elektrisierte – diejenigen, die Kultur bei der Deutschen Bank vermuteten ebenso wie jene, die sie dort gerade vermissten. Cryan will ernstmachen, so scheint es, weil er in einer E-Mail an alle Beschäftigten die Mängel des Vergangenen und Gegenwärtigen mit deutlichen Worten benennt und außerdem die Details der neuen Strategie, noch verkündet von Aufsichtsrat und Vorstand vor wenigen Wochen, erst im Oktober bekanntgeben will statt jetzt in wenigen Wochen. das wirkt schon mal beruhigend: Anderenfalls hätte es so ausgesehen, dass Cryan lediglich noch das verkünden kann, was seine Vorgänger entworfen haben – undenkbar in seiner Position.

Hinzu kommt, dass er sich klar distanziert von der Sorte Investmentbanking, das Jain betrieben und (offenbar zu wenig) beaufsichtigt hatte. Die Kritik am Vorgänger ist deutlich. Was bei der Deutschen Bank aber auch eine weniger schöne Methode hat: Schon Josef Ackermann hielt seine Nachfolger für die falsche Wahl und ließ das herausscheinen, die wiederum räumten sein Erbe ab – es ist ein wenig wie in frühen Königtümern mit ihren Erbschlachten. Beschädigte Reputation, hohe Altlasten, strapazierte Kapitalressourcen – der Kassensturz legt nahe, dass einer wie Cryan gebraucht wird, der weniger das Londoner Bankertum als vielmehr britisches Understatement verkörpert. Höchste Verhaltensstandards dürfen aber nicht die Effizienz der Bank belasten, sagt er – und will Komitees und Kommissionen an den Kragen. Das allerdings wird spannend. Die Ansinnen des John Cryan wirken ein wenig wie Griechenland-Reformen: Dringend notwendig, ab die Umsetzung muss man erst mal sehen.