Page 7

BaS_24-14

AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstofe   Lebensart Gastbeitrag Finanzmarktschädigungssteuer Viele Verlierer und kein richtiger Gewinner Die Finanztransaktionssteuer wird kommen. Hierzu haben sich jedenfalls die Finanzminister von zehn EULändern im Mai noch einmal ausdrücklich bekannt. Die Frage ist nur noch wann und wie. Auch wenn die Steuer von der gesamten Finanzbranche und weiten Teilen der Wirtschaft abgelehnt wird und obwohl die Zweifel bei einigen Bundestagsabgeordneten weiter wachsen, kann dieses Projekt nicht einfach ad acta gelegt werden. Dies wäre mit einem enormen Gesichtsverlust der politisch Verantwortlichen verbunden. Dabei änderten sich die Begründungen für die Einführung der Finanztransaktionssteuer im Laufe der Zeit und wurden schließlich immer dünner. Bei der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags im Mai 2010 stand noch klar ein Verwendungszweck im Fokus: Die Steuer sollte Gutes bewirken. So wollten viele von der Opposition eingeladene Experten das Steueraufkommen für soziale und ökologische Vorhaben verwenden, um damit die Armut in der Dritten Welt zu bekämpfen und zweifellos wichtige Entwicklungsprojekte zu fördern. Dann trat die Finanz- und Schuldenkrise in den Vordergrund und zum Hauptziel wurde erklärt, die Verursacher an den Kosten der Krise zu beteiligen – einige amerikanische Professoren bezeichnen die Steuer deshalb gern als „sin tax“. Heute geht es Vielen nur noch um frisches Geld für den Staatshaushalt. Kann die Finanztransaktionssteuer so funktionieren, wie sich das die Europäische Kommission vorstellt? Schon einmal hat solch eine Steuer den Praxistest nicht bestanden. Im Jahr 1991 wurden die nationalen Kapitalverkehrssteuern ja abgeschafft, um die Wettbewerbsunterschiede in Europa zu verringern. Es liegt auf der Hand, dass eine Finanztransaktionssteuer, die nur in Teilen der Euro-Zone eingeführt wird, das Gegenteil bewirkt. In jedem Fall würde ohne die Einbeziehung des Finanzplatzes London – von Zürich ganz zu schweigen – nun auch der Finanzplatz Frankfurt geschwächt. Während die schwarz-gelbe Koalition noch Finanzmarktförderungsgesetze auf den Weg gebracht hat, arbeitet jetzt die schwarzrote Koalition gemeinsam mit der EU-Kommission konsequent an einer Steuer, die für die beteiligten Länder in ihrer Wirkung letztlich nichts anderes als eine „Finanzmarktschädigungssteuer“ darstellt. Wer dies für übertrieben hält, braucht nur einen Blick auf Frankreich und Italien zu werfen, die kürzlich nationale Finanztransaktionssteuern eingeführt haben. Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Studie der Credit Suisse sank in den ersten 20 Monaten nach der Steuereinführung das Volumen des Aktienhandels in Paris um durchschnittlich 9,2 %. In Mailand brachen die Börsenumsätze in den drei letzten Quartalen 2013 sogar um etwa 29,7 % ein, während sie im gleichen Zeitraum europaweit um 4,5 % anzogen. Wird nun wenigstens das Ziel erreicht, dass die Banken die Zeche zahlen? Um die Zustimmung der deutschen Bevölkerung zur Finanztransaktionssteuer 07 BÖRSE am Sonntag · 24/1 4 nicht zu gefährden, wurde den Wählern nämlich versprochen, die Steuer treffe im Grunde nur die Banken – und nicht etwa die Unternehmen oder gar die Privatanleger, die für ihre private Altersvorsorge sparen. Nun belastet aber die Finanztransaktionssteuer, wie jede Art von Umsatzsteuer, den Letzten in der Kette. Das zeigt auch ein Blick auf Italien. Hier sieht jeder Privatanleger auf seiner Wertpapierabrechnung: Er muss die Zeche alleine zahlen. Ist die Finanztransaktionssteuer wenigstens für den Finanzminister ein gutes Geschäft? Auch diese Frage muss verneint werden. Die Einnahmen aus dieser Steuer werden sehr viel geringer ausfallen als erwartet. Noch einmal ein Blick auf Italien: Statt 1 Milliarde Euro wurden nur 200 Millionen Euro eingenommen. Dies alles wird die Finanztransaktionssteuer aber nicht aufhalten, da der politische Wille zu ihrer Einführung nach wie vor nahezu ungebrochen ist. Deshalb muss es jetzt darum gehen, die Kollateralschäden möglichst zu begrenzen. Je weniger Finanzprodukte betroffen sind, umso besser für den deutschen Finanzmarkt. Je mehr Ausnahmen insbesondere für die Altersvorsorge berücksichtigt werden, desto besser für die Sparer und Anleger. Damit wird der berechtigten Kritik an der Steuer Rechnung getragen, und die politisch Verantwortlichen wahren ihr Gesicht. Dr. Hartmut Knüppel Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derivate Verbands (DDV)


BaS_24-14
To see the actual publication please follow the link above