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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstofe   Lebensart Pro & Contra Defensive Aktien Sicheres Investment in wirtschaftlich schwächeren Zeiten Steigt die Nervosität an den Kapitalmärkten, bieten defensive Aktien einen Schutz gegen nachhaltige Vermögensverluste. Aktien, wie beispielsweise GDF Suez, Nestle, Johnson & Johnson oder Pfizer sind Un-ternehmensbeteiligungen, die in der Vergangenheit auch in unsicheren Zeiten nicht nur stabile Kursent-wicklungen verzeichneten, sondern auch eine über-durchschnittliche und kontinuierliche Rendite er-wirtschafteten. Bei der Auswahl von geeigneten Unternehmen ist zu beachten, inwieweit die Gewinnentwicklung von Un-ternehmen durch geopolitische oder konjunkturelle Krisen betroffen sein könnte. Defensive Unternehmen bieten in der Regel Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs an, die grundsätzlich immer nach-gefragt werden. Substanzstarke defensive Aktien zeichnen sich durch eine geringe Verschuldungsquo-te, eine herausragende Marktstellung und eine ver-gleichsweise hohe Dividendenrendite aus. Defensive Aktien kommen vor allem aus den Wirt-schaftsbereichen Energieversorgung, Konsumgüter- oder Pharmaindustrie. Um Vermögensrisiken zu be-grenzen, sollte gestreut in die genannten Branchen investiert werden. Bedeutende Faktoren bei der Aus-wahl des Unternehmens sind das Kursgewinnverhält-nis, die Nachhaltigkeit der Managementleistung sowie die Perspektive für das operative Geschäft. Invest-mentfonds oder Anlagezertifikate in defensive Unter nehmenstitel sollten aber kritisch hinterfragt werden. In ihnen stecken hohe offene und versteckte Kosten, die den langfristigen Anlageerfolg spürbar schmälern. Stabilität und Qualität haben ihren Preis: Zieht die Konjunktur an, ist bei defensiven Aktienwerten nicht mit großen Kurszuwächsen zu rechnen. In von Ner-vosität geprägten Marktphasen sind defensive Aktien jedoch nicht nur gegenüber Wachstumsunternehmen als Investitionsziel interessant; auch gegenüber An-leihen können ausgewählte defensive Aktien aktuell ein lukrativeres Chance-Risiko- Profil bieten. Gemes-sen am Kursgewinnverhältnis sind einige der defensi-ven Aktien zwar relativ hoch bewertet, doch ist dies angesichts der Unternehmensqualität gerechtfertigt. Trügerische Sicherheit Obwohl man unter defensiven Aktien grundsätzlich Aktiengesellschaften versteht, die bereits lange existieren, langfristig stabile Geschäftsmodelle haben und relativ stabile Erträge erwirtschaften, sind sie nur vermeintlich sicher. Schließlich gibt es zu viele Unwägbarkeiten, die von heute auf morgen die Struktur einer Gesellschaft auf Dauer negativ verändern können. Prominente Beispiele sind die „Volksaktie“ Deutsche Telekom nach dem Crash der Technologie-Branche, Versicherungen nach den Anschlägen in 2001, Karstadt als solides Warenhauspapier, BP nach dem Unglück im Golf von Mexiko, K&S nach dem Aufbrechen des Kali-Kartells und erst recht die Versorger RWE und EON mit dem Verpassen der Energiewende. Die beiden zuletzt genannten Aktien galten über Jahrzehnte gar als Witwen- und Waisenpapiere. Während derartige Risiken in den Kursen offensiverer Aktien eingepreist sind, ist der Schock bei den vermeintlich defensiven Aktien umso größer, da sich die Bewertung nach einem derartigen Ereignis komplett verändert und eine Erholung extrem lange auf sich warten lassen kann. Sofern die Aktienauswahl auf einer Fundamentalanalyse basiert, sollte man sich daher jede einzelne Aktiengesellschaft sehr genau anschauen. Die Zahlen bilden die Grundlage der Analyse, darin vor allem auch, ob ein Unternehmen hohe Goodwill-Beträge bilanziert hat, die eventuell ein Großteil des Eigenkapitals ausmacht, teilweise gar überschreitet. Insbesondere ist die Frage zu stellen, wie innovativ und gleichzeitig stabil das Geschäftsmodell, aber auch das Management ist. Wenn zum Beispiel ein Ex-Politiker an die Spitze eines Unternehmens gesetzt wird, ist Vorsicht angebracht. Aus den genannten Gründen bergen sogenannte defensive Aktieninvestments eine trügerische Sicherheit. Ein Investment kann im schlimmsten Fall sogar zum langfristigen Alptraum werden. Tom Weber Analyst bei der Capitell Vermögens-Management AG in Hamburg Uwe Eilers Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG in Königstein 06 BÖRSE am Sonntag · 34/1 4


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