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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Kolumne Industrienationen zukommen. Vor allem die Bereiche Erneuerbare Energien, Energiespeicherung und intelligente Stromnetze sowie die Sektoren Elektromobilität und öffentlicher Nahverkehr könnten in den kommenden Jahren weiteres Wachstumspotenzial bieten – und damit zusätzliche Investitionen notwendig machen. Während in den Industrienationen der Fokus also auf dem Erhalt bestehender und dem Neubau zukunftsweisender Infrastrukturen liegen dürfte, geht es in vielen Schwellenländern teilweise noch um den Aufbau grundlegender Versorgungs-, Verkehrs- und Kommunikationssysteme. Eine Herausforderung, die angesichts des raschen Bevölkerungswachstums, der fortschreitenden Urbanisierung sowie der Dr. Ulrich Stephan Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank weiterhin wachsenden Volkswirtschaften langfristig kaum kleiner werden dürfte. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet zum Beispiel, dass der Stromverbrauch in China bis 2030 pro Jahr um 4,5 Prozent, in Indien sogar um 4,9 Prozent zunehmen dürfte – was dort entsprechende Investitionen in die Energieinfrastruktur erfordert. Insgesamt stellt der globale Infrastruktursektor einen riesigen Markt dar: Die Global Commission on the Economy and Climate schätzt, dass weltweit für den Bau und Erhalt von Infrastrukturen im Zeitraum von 2015 bis 2030 etwa 93 Billionen US-Dollar nötig sind – das entspricht mehr als dem 5-Fachen des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union. Allein in Deutschland sollen nach dem Willen der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 mehr als 260 Milliarden Euro in Straßen, Schienen und Wasserwege investiert werden – mit 70 Prozent allen voran in die Modernisierung bestehender Strukturen. An diesem enormen Investitionsbedarf können Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen auf unterschiedliche Art und Weise partizipieren. Einige Unternehmen generieren Umsätze lediglich in der Frühphase eines Infrastrukturprojektes – etwa Tief- oder Hochbauunternehmen, die in den Bau von Straßen, Brücken oder Flughäfen involviert sind. Sie erzielen in der Regel nur einen geringen Teil ihrer Wertschöpfung im Infrastruktursegment. Andere wiederum können durch Dienstleistungen – wie der Wartung bestehender Infrastrukturen – Umsätze generieren. Schließlich gibt es noch die Unternehmen, die nahezu 100 Prozent ihres Umsatzes mit Infrastrukturen erzielen. Zu diesen gehören beispielsweise die Betreiber von Flug- und Seehäfen, von Mautstraßen oder Wasser- und Energienetzen. Letztgenannte Unternehmen besitzen den Vorteil, dass sich ihre in Zukunft zu erwartenden Erträge vergleichsweise solide prognostizieren lassen. Dank laufender Nutzung können sie vergleichsweise stabile Zahlungsströme generieren. Der Grund liegt darin, dass sich auch wirtschaftlich schwache Phasen nicht unmittelbar auf die Auslastung der entsprechenden Infrastrukturen auswirken. Denn selbst in einer Rezession werden Mautstraßen und Flughäfen in der Regel gleichermaßen genutzt wie in wirtschaftlich stärkeren Phasen. Und auch wenn die Zahl der Fluggäste vorübergehend zurückgehen sollte, dürfte der Flughafenbetreiber aufgrund meist langfristig abgeschlossener Verträge mit den Fluggesellschaften nicht unmittelbar darunter leiden. Insbesondere angesichts des aktuell niedrigen Zinsniveaus und der Unsicherheiten bezüglich der weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklung könnten Investments in Infrastrukturen als interessante Beimischung zunehmend in den Anlagefokus rücken – auch weil es sich dabei um Investitionen in Sachwerte handelt, die einen gewissen Inflationsschutz bieten. Dennoch sind natürlich auch Infrastrukturinvestitionen nicht frei von Risiken: Zu beachten gilt es für Anleger unter anderem, dass sich regulatorische Veränderungen, Umweltschutzauflagen sowie die Preisentwicklung von Rohstoffen und Energie auf Infrastrukturprojekte auswirken können. Insgesamt aber können Infrastrukturen nicht nur das alltägliche Leben, sondern auch das Depot positiv beeinflussen – eine sorgfältige Auswahl der infrage kommenden Unternehmen und Projekte sowie ein entsprechend langfristiger Anlagehorizont vorausgesetzt. 11 BÖRSE am Sonntag · 17/1 6


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