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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstofe   Lebensart Fluggesellschaften Auch andere europäische Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air Berlin oder Air France-KLM kamen mächtig unter die Räder. Beispiel Lufthansa: Vor dem schwarzen Brexit-Freitag war der DAX-Konzern an der Börse 5,47 Milliarden Euro wert. Eine Woche später waren es nur noch 4,98 Milliarden Euro – und damit eine halbe Milliarde Euro weniger. Die Aktie des Unternehmens notiert derzeit bei 10,70 Euro. Die Analysten der DZ Bank haben den fairen Wert des Papiers nach der Brexit-Entscheidung von 16 auf 13 Euro gesenkt. Dennoch bleibt der Titel für die Experten ein „Kauf“. Auch wenn die Folgen des Brexits derzeit schwer abzuschätzen seien, erwarten die Banker für die Fluggesellschaft keine größeren direkten negativen Belastungen. Die Aktie habe in den vergangenen Wochen bereits viel Negatives vorweggenommen. Luftverkehrs-Binnenmarkt in der EU Innerhalb der EU gibt es eine weitgehend marktwirtschaftliche Liberalisierung des Luftverkehrs – diese könnte Großbritannien in Zukunft abgestritten werden. Des Weiteren hat die EU mit vielen Drittstaaten Luftverkehrsabkommen geschlossen, die für alle EU Mitglieder gelten. Diese beruhen meist auf Gegenseitigkeit. Ein solches Abkommen existiert beispielsweise zwischen der EU und den USA. Es ermöglicht EU-Fluggesellschaften, jeden beliebigen US-Flughafen anzufliegen. Nach dem EU-Austritt muss Großbritannien diese Privilegien neu für sich verhandeln, höchstwahrscheinlich zu schlechteren Konditionen. Großbritannien ist – ohne die anderen EU-Mitglieder – für Drittstaaten schlichtweg weniger attraktiv. Spannend ist vor allem die Frage, ob Großbritannien weiterhin dem Luftverkehrs-Binnenmarkt innerhalb der EU angehören wird. Ähnlich wie Ryanair werden sich wohl auch andere Fluglinien aus zurückziehen. Somit dürfte in Zukunft auch für abgelegene Flugziele eine größere Konkurrenz geben, so dass es auch hier zum Preisverfall kommen könnte. Bereits seit vergangenem Herbst bietet Ryanair eine Flugverbindung zwischen Köln und Berlin an. Damit hatten sie große Unruhen bei deutschen Fluglinien ausgelöst. Weitere innerdeutsche Verbindungen hat die Airline allerdings vorerst nicht im Visier. „Inlandsflüge sind kein großer Teil unserer Pläne für Deutschland“, teilte O’Leary unlängst mit. Ob der Ryanair Chef diese Pläne nach dem Brexit überdenken wird, ist noch ungewiss. Er hatte allerdings schon früher angekündigt, dass Ryanair im Falle eines Brexit weniger im Vereinigten Königreich investieren werde. Mit einem solch strikten Vorgehen war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht zu rechnen. Wäre Großbritannien in der EU geblieben, so hätte Ryanair ihre Beschäftigtenzahl dort auf 6.000 verdoppelt. British Airways nutzt den Crash als Werbung Not macht erfinderisch. British Airways versucht nun, den Spieß umzudrehen. „Ihr Dollar hat Sie nie weiter gebracht“, schreibt die Airline auf Twitter und wirbt damit für günstige Reisen nach Großbritannien. Der Airliner macht sich damit den schwachen Kurs des Pfund zu Nutze und bietet ausländischen Kunden Flüge auf die britischen Inseln zu Kampfpreisen an. So kommt man im September für weniger als 700 Dollar von New York nach London und zurück – vor Kurzem zahlte man immer noch bis zu 3.000 Dollar für die gleiche Leistung. Das schwache Pfund ist dabei allerdings nur eine Momentaufnahme. Bis zum September könnte sich das Pfund freilich wieder einigermaßen erholen. Doch am Ende hat neben Easyjet nun auch die British-Airways- Mutter IAG ihre Jahresprognose revidiert. Nun wird befürchtet, dass auch die Lufthansa nachzieht – Alexia Dogani, Analystin von Goldman Sachs rät in einer Branchenstudie vom Montag weiterhin zum Verkauf der Aktie. Zudem senkt sie das Kursziel von 14,70 auf zehn Euro. Dies macht sie hauptsächlich daran fest, dass durch den Brexit die Nachfrage nach Flugreisen sinken würde. Zudem würde die jüngste Wechselkursbewegungen und die hohe operative Verschuldung reflektieren. Dirk Schlamp, Analyst der DZ Bank, rät hingegen noch immer zum Kauf des Papiers, reduziert aber den fairen Wert von 16 auf 13 Euro – am Montagabend sank die Aktie erstmals seit 2012 wieder auf unter zehn Euro. Das Lufthansa-Papier verlor zum Zeitpunkt dieses Tiefststandes knapp 18 Prozent ihres Wertes – wohlgemerkt, seit dem Brexit Referendum. Am Ende bleibt es dabei: Die Fluggesellschaften können so viel Werbung machen, wie sie wollen. Billigfluglinien werden durch die wirtschaftlichen Probleme Großbritanniens über kurz oder lang in ihrem Preiskampf sehr eingeschränkt sein. Und last but not least: Das schwache Britische Pfund verteuert den Treibstoff, der in US-Dollar notiert. Die Lufthansa dürfte mit einem weiteren blauen Auge davonkommen, aber Daumen für die britischen Airlines zeigt nach dem Brexit klar nach unten. Fluggesellschaften - Performancevergleich 2016 09 BÖRSE am Sonntag · 26/1 6


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