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Biontech: Corona-Impfstoff ist der Anfang einer Revolution

Die Pandemie verhilft der mRNA-Technologie zum Durchbruch und ein kleines Mainzer Unternehmen verdient plötzlich Milliarden. Dort arbeiten sie bereits an noch Größerem und wollen zu einem Big Player in der Pharmaindustrie werden. Krebs, Multiple Sklerose, sogar Demenz könnte mit der neuen Methode behandelt werden.

Kann vielleicht schon bald viel mehr, als "nur" den Corona-Impfstoff: Biontech. (Foto: Seda Servet / Shutterstock)

Die Pandemie verhilft der mRNA-Technologie zum Durchbruch und ein kleines Mainzer Unternehmen verdient plötzlich Milliarden. Dort arbeiten sie bereits an noch Größerem und wollen zu einem Big Player in der Pharmaindustrie werden. Krebs, Multiple Sklerose, sogar Demenz könnte mit der neuen Methode behandelt werden.

Warum Not erfinderisch macht? Weil es leicht fällt zu handeln, wenn es bereits fünf nach zwölf ist. Im Überlebens-Modus bringt der Mensch bisweilen erstaunliches hervor. Allein, häufig ist es dann zu spät, um der Katastrophe beizukommen. Besser ist es daher immer, den Notfall zu erfinden und ihn zumindest in der Theorie zu lösen, bevor er passiert.

Es ist wohl das große Glück dieser Pandemie, dass ausgewählte Firmen dies- und jenseits des Atlantiks diesem letzten Prinzip über Jahre hinweg gefolgt sind. Nicht, dass Moderna, Curevac oder Biontech das Virus vorausgesagt oder gar vorhergesehen hätten, doch sie haben sich einer revolutionären Technologie hingegeben, ohne die es wohl so schnell keinen Impfstoff gegen Covid19 gegeben hätte. Und schon gar nicht einen, mit einer Wirksamkeit von nahe 100 Prozent. Diese Firmen haben mit vielen weiteren Biotechnologie-Unternehmen Grundlagenforschung betrieben – fünf vor zwölf sozusagen – und konnten, als es zwölf Schlug, innerhalb eines Jahres einen, nach ersten Erkenntnissen, gut funktionierenden Impfstoff entwickeln. Bei Curevac steht die letzte Studienphase noch aus, das Vakzin von Biontech und Moderna wird bereits eingesetzt.

Medizinischer Durchbruch weit über Corona-Pandemie hinaus

Rückschläge sind bislang ausgeblieben. Bleibt das so, haben alle Beteiligten dieser Turboentwicklung medizinisch Großes erreicht. Nicht nur, weil die Impfstoffe das Ende der Pandemie einläuten könnten, sondern vor allem, weil ihnen ein Durchbruch gelungen ist, der die Medizin in Zukunft weit über das Coronavirus hinaus in radikaler Art und Weise verändern könnte. Es könnten Krankheiten heilbar werden, die bislang als unheilbar galten. Krebs, Multiple Sklerose, Demenz – die mRNA-Methode eröffnet ungeahnte Möglichkeiten der Behandlung. Es ist freilich Vorsicht geboten. Noch stecken die Forschungen dazu in den Anfängen. Doch die Corona-Impfstoffe zeigen zumindest einmal, dass die Methode funktioniert.

Schon jetzt als wahrscheinlich gilt hingegen: Unternehmen, die vor kurzem noch ein Nischendasein führten, könnten bald zu großen Konzernen werden – mit Biontech unter den führenden Anwärtern. „Wir wollen ein globales Geschäft aufbauen und zu einem führenden Unternehmen der Immuntherapie im 21. Jahrhundert werden“, zitierte das Handelsblatt jüngst Biontech-Chef Ugur Sahin.

Biontech: 40 Milliarden US-Dollar Umsatz in diesem Jahr möglich

Dass dieser so selbstbewusst auftreten kann, dürfte nicht nur an dem wissenschaftlichen Erfolg von Biontech liegen, sondern auch an dessen wirtschaftlichen Folgen. 1,3 Milliarden Dosen wollen die Mainzer in diesem Jahr gemeinsam mit US-Partner Pfizer produzieren. Knapp die Hälfte davon soll bereits vertraglich verkauft sein. Damit hätte die deutsch-amerikanische Allianz einen Umsatz von rund 20 Milliarden US-Dollar fest in der Tasche. Da wohl auch die restlichen Dosen Abnehmer finden dürften, könnten daraus am Ende sogar 40 Milliarden US-Dollar werden. Wie genau die Einnahmen und Erträge aufgeteilt werden, darüber herrscht noch Stillschweigen.

Angesichts der möglichen Umsatzzahlen steht eines aber jetzt schon fest: Biontech wird nach 2021 kein kleiner Player am Pharma-Markt mehr sein. Der Impfstofferfolg dürfte die Mainzer gemeinsam mit Moderna , die bisher beide noch keinerlei Produkte auf dem Markt hatten, 2021 auf einen Schlag unter die 20 bis 25 umsatzstärksten Pharmaunternehmen der Welt katapultieren, schätzt das Handelsblatt.

mRNA als medizinische Revolution  

Auf jeden Fall dürfte der Impfstoff-Pionier plötzlich eine ungeahnte Menge an Geld zur Verfügung haben, dass fortan genutzt werden kann, um die Forschung in anderen Bereichen schneller voranzutreiben. Beispielsweise im Bereich spezieller mRNA-Impfstoffe, die gegen verschiedene Krebsarten eingesetzt werden könnten, indem sie menschliche Zellen dazu bringen Antikörper gegen Tumorzellen zu bilden. Aber auch an der Behandlung von bestimmten Autoimmunerkrankungen wird geforscht. Laut Handelsblatt hat das Unternehmen bereits erfolgreiche Tierversuche gemacht, bei denen mRNA gegen Multiple Sklerose eingesetzt wurde. Ingmar Hoerr, der Gründer von Curevac und ursprüngliche Entdecker der mRNA-Methode, sagte dem Deutschlandfunk, man könne auch an Diabetes oder Demenzerkrankungen denken. Man müsse einfach nur verstehen, was die Ursachen einer Krankheit sind, dann könne man die RNA entsprechend programmieren.

Werden solche Gedankenspiele Realität, steht vielen Pionieren von heute eine goldene Zukunft bevor. Biontech hat gemeinsam mit der US-Firma Moderna dank des Corona-Impfstoffs aktuell die wohl besten Karten. Denn die Finanzkraft wird entscheidend sein, wenn es darum geht, wer in der Branche möglicherweise zum globalen Pharmachampion aufsteigt. Und die könnte mit dem Covid-Vakzin erst einmal gesichert sein, denn es scheint schlicht unwahrscheinlich, dass die Konkurrenz demnächst noch bessere Produkte auf den Markt bringt. Die mRNA Impfstoffe sind vergleichsweise schnell entwickelt, sie sind nach den ersten Tests besonders wirksam und sicher und sie können in kürzester Zeit angepasst werden. Heißt: Auf Mutationen des Virus könnte schnell reagiert werden.

Sollte das Coronavirus bleiben und sich ähnlich des Grippevirus fortlaufend leicht verändern, sodass Jahr um Jahr neue Impfstoffe nötig würden, bräuchte es Milliarden von Dosen im Jahr. Noch ist außerdem nicht klar, wie lange die Impfung überhaupt vor der aktuellen Variante schützt. Möglich, dass früh nachgeimpft werden muss. Schon würde Biontech noch einmal hunderte Millionen von Dosen mehr verkaufen.

Biontech-Aktie unterbewertet?

Angesichts dieses Entwicklungs- und Umsatzpotenzials kommt die Bewertung von Biontech an der Börse fast schon moderat daher. Das langfristig mögliche Potenzial wird von Anlegern scheinbar nicht berücksichtigt. Mit rund 20 Milliarden Euro sind die Mainzer nur halb so viel wert wie Konkurrent Moderna. Und selbst die Amerikaner könnten höher bewertet sein. Moderna hat ebenfalls bereits 520 Millionen Impfdosen verkauft. Das entspricht einem sicheren Umsatz von knapp zwölf Milliarden US-Dollar. Ähnlich Biontech plant Moderna aber 2021 in etwa das Doppelte auszuliefern und muss sich den Umsatz nicht teilen.

Beide Aktien sind volatil, beiden haften Risiken an. Rückschläge werden unwahrscheinlicher, bleiben aber möglich. Und die Zukunft lässt sich zwar rosig malen, wie sie am Ende aber aussieht, weiß noch keiner. Manchmal jedoch lohnt es sich auch an der Börse zu handeln, bevor etwas passiert. Mutige Investoren könnten Glücksfälle einpreisen. Gelingt Biontech ein weiterer Durchbruch in genannten Forschungsfeldern, kann die Aktie noch weit klettern.

OG