16 600 000 000 000 Dollar Schulden
Der amerikanischen Notenbankern wird es langsam mulmig. Bei der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses äußerten mehrere Teilnehmer Sorgen über die massiven Aufkäufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren durch die Fed. Kaum wurde diese Diskussion publik, brach an den Weltbörsen Nervosität aus. Denn der großen Cashparty droht das Ende. Doch die Sorge vor einem plötzlichen Versiegen der Geldschwemme ist unbegründet. Die Notenbanken werden die Liquidität am Laufen halten – obwohl die Risiken daraus gewaltig wachsen.
Ben Bernanke wird in die Geschichte eingehen als der Mann, der das meiste Geld in der Geschichte der Menschheit schuf. Alleine in diesem Jahr spendiert er den USA eine neue Billion Dollar. Seine Federal Reserve hat ihr enormes Geldschöpfungsprogramm noch einmal ausgeweitet. Zu den monatlich 40 Milliarden Dollar an Hypotheken-Papieren werden seit Jahresbeginn auch noch 45 Milliarden Dollar an Staatsanleihen angekauft. Bernanke pumpt Geld ins Finanzsystem, um den zähen Aufschwung in Fahrt zu bringen – er will seine Geldflutpolitik so lange weiter führen, bis die Arbeitslosigkeit unter 6,5% angelangt ist. Solche Planvorgaben kannte man bislang nur aus sozialistischen Ordnungen.
Kein Wunder also, dass seine Kollegen langsam nervös werden. Die Geldschöpfung wächst nicht, sie eskaliert. Doch wie lange traut man dem großen Billionen-Monopoly der Amerikaner? Die offizielle Verschuldung der USA ist nun auf 16,6 Billionen Dollar empor geschnellt. Bei Obamas Amtsantritt 2009 hatte die US-Staatsschuld noch 10,6 Billionen Dollar betragen. Die 6 Billionen neue Schulden in nur einer Legislatur sind ein historisches Fanal. Nur bedingungslose Optimisten können glauben, dass das dauerhaft funktioniert.
Auch die laufende Haushaltsführung erinnert eher an Hempels legendäre Sofaunterwelt als an ein geordnetes Finanzgebaren. Das Defizit der Regierung belief sich seit 2009 im Schnitt auf 1274 Milliarden Dollar jährlich. Alleine 2013 Jahr wird Washington so viel neue Schulden machen wie ganz Osteuropa, das Baltikum, ganz Skandinavien, und die Problemkinder Griechenland, Portugal und Irland zusammen genommen in Jahrzehnten angehäuft haben. Die Sorgen, die wir uns über Griechenland machen, sind lächerlich im Vergleich zum Ungemach, das sich in Amerika zusammenbraut.
Die letztjährige Schuldenkrise hat ahnen lassen, wie gefährlich Vertrauenskrisen werden können. Darum sollten gerade die Zentralbanken darauf achten, dass sie Geldwerthüter bleiben und nicht Geldeskalierer werden. Auch einer Notenbank wird irgendwann die Rechnung für das viele Geld präsentiert. Vielleicht nicht – wie viele anfangs fürchteten – mit einer Inflation. Aber das Risiko eines Vertrauensschocks steigt von Monat zu Monat - wenn nämlich plötzlich die Weltöffentlichkeit begreift, dass all die Dollars nicht wirklich gedeckt sind.
Ben Bernanke ist Sohn eines Apothekers. Er sieht seine Geldspritzen als Heilmittel für eine kranke Volkswirtschaft. Langsam aber läuft er in die Gefahr der Überdosierung. Und wie bei jeder Medizin gilt auch in der Geldpolitik: In zu hohen Dosen sind auch Heilmittel tödlich.