Als die Immobilien laufen lernten
Manch einer denkt, die gegenwärtige Situation, so ganz allgemein und ungeschminkt, sei doch zum Davonlaufen. Nun ja, je nachdem, wo man gerade ist, stimmt das sicher. Gut ausgebildete Leute in den bekannten Krisenländern des sonnigen Südens tun dergleichen, nehmen die Beine in die Hand und machen sich auf nach Deutschland. Auch ohne jegliche Sprachkenntnisse, also sozusagen linguistisch nicht vorbelastet und determinierbar, besuchen sie die Personalabteilungen deutscher Unternehmen und werden gern genommen.

Im schwäbischen Mittelstand, so weiß es der „Spiegel“ zu berichten, nimmt der Meister die Portugiesen und Griechen sofort unter seine Fittiche und macht sie mit den folkloristischen Besonderheiten vertraut – man muss nicht sprechen können, um Kegeln zu lernen, und das mit den Maultaschen klappt sicher auf Anhieb, denn beim Essen spricht man nicht, weiß doch jeder.
Wer also zurückbleibt, wenn der Angehörige sich Richtung Allgäu oder Mittelfranken aufmacht, um dort zu sehen, was 17er-Schlüssel auf Deutsch heißt, dem bleibt kaum etwas anderes übrig, als gegen Merkel zu demonstrieren, wenn der Tag sonst nicht so viel hergibt. Nun fehlt es erwiesenermaßen nicht nur den protestgemeinten Deutschen nicht ganz leicht zu verstehen, warum man gegen Repräsentanten jenes Landes demonstriert, das die meisten Hilfsverpflichtungen übernommen hat, und nicht gegen jene, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Die nämlich verstehen durchweg die jeweilige Landessprache und wären nicht nur für bildliche, sondern auch textliche Schmähungen ein lohnendes Ziel. Noch heute ja vermeidet die griechische Regierung es peinlichst, jenen Mitbürgern, die ihr unversteuertes Geld aus dem Land schaffen, nachzustellen. Die müssen schon den Eindruck bekommen, dass sie als Letztes sogar ihre Immobilien mitnehmen könnten, unversteuert, so wie manche historische Burg oder Brücke aus der Alten Welt in Missouri oder Kansas nach Verschiffung dorthin wieder im alten Glanze erstrahlt.
Akropolis adieu im wahrsten Sinne des Wortes! Wahrscheinlich könnte sich jeder PIIGS-Regierungschef unsterblichen Ruhm bei vielen der Demonstranten erwerben, wenn er mal ein wenig Steuerfahndung spielen würde. Die Freunde, die er bei einer solchen Aktion zwangsläufig verliert, wären allerdings weitaus potenter als ein Haufen Rentner und Arbeitsloser.
Trotzdem – „Retter des Vaterlandes“ auf einem die Jahrhunderte überdauernden Denkmal mitten auf dem Syntagma-Platz, das wäre doch schon was ... auch wenn man dafür ein paar angenommene Geschenke vielleicht zurückgeben müsste. Aber lassen wir die griechische Seele, die ist im Moment durch saudumme Kommentare deutscher Hobby-Diplomaten noch zu aufgewühlt. Davon abgesehen sollte man sich in der EU mal Gedanken machen, warum man Milliarden spenden kann, ohne auch nur den Hauch eines guten Rufes dabei zu erlangen. Liegt es daran, dass die EU-Politbürokratie noch wirklich jede Aktion, die jedem anderen wie von selbst gelingen würde, mühelos versemmelt? Oder ist es einfach nur völliges Desinteresse gepaart mit solider Inkompetenz? Die Marketing-Abteilungen ganzer Nationen krümmen sich jedenfalls vor Schmerz und wollen gar nicht mehr zusehen. Und unsereiner eigentlich auch nicht.