Goldenes Zeitalter für Erdgas
Erdgas wird seit rund 200 Jahren als fossiler Energieträger genutzt. An Aktualität hat es dennoch nichts verloren. Erdgas gilt als Brückentechnologie, die in einer Übergangsphase eingesetzt werden kann, bis die erneuerbaren Energien die notwendigen Kapazitäten abdecken können. Einige Regierungen planen bereits, vermehrt auf Erdgas zu setzen.
Welche Eigenschaften machen Erdgas derzeit so begehrt? Zum einen ist Erdgas relativ sauber. Es produziert bei der Verbrennung zwar CO2, aber vergleichsweise deutlich weniger als Erdöl und Kohle.
Erdgas ist sauber, reichlich vorhanden und billig
Zum anderen ist Erdgas reichlich vorhanden: In Nordamerika wurden in den vergangenen zehn Jahren neue Bohrtechnologien entwickelt, die bisher nicht wirtschaftlich förderbares Erdgas wie etwa Schiefergas zugänglich gemacht haben. Die weltweiten Reserven könnten über 200 Jahre reichen und somit weit über die nötige Zeit bis zum vollständigen Übergang ins Zeitalter der erneuerbaren Energie. Und nicht zuletzt ist Erdgas billig: Der Zugang zu den Schiefergasvorkommen in Nordamerika hat sich stark auf den Gaspreis ausgewirkt. Von einem Höhepunkt vor rund fünf Jahren von deutlich über 10 US-Dollar pro MMBtu (Million British Thermal Units) ist der Gaspreis dieses Jahr zeitweise unter 2 US-Dollar pro MMBtu gefallen. Im Vergleich zu Erdöl ist der US-Gaspreis auf einem Rekordtief.
Erneuerbare Energien erhöhen den Erdgasbedarf
Paradoxerweise bedeutet verstärkter Einsatz von erneuerbarer Energie auch mehr Nachfrage nach Erdgas. Denn erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne haben den großen Nachteil starker Schwankungen. Je nach Tageszeit und Wetter generieren sie viel, wenig oder gar keinen Strom. Da es auf absehbare Zeit keine ausreichenden Speicherlösungen für dieses Problem gibt, müssen Gaskraftwerke die schwachen Perioden überbrücken. Die Vorteile von Gaskraftwerken liegen dabei vor allem in der Flexibilität. Im Betrieb können Gaskraftwerke äußerst schnell auf Bedarfsänderungen reagieren.
Starkes Nachfragewachstum
Erdgas wird heute vor allem zur Wärmegewinnung, Stromerzeugung und Herstellung von chemischen Produkten genutzt. In wichtigen Gasproduzentenländern wird auch ein namhafter Teil der Straßenfahrzeuge mit Erdgas betrieben. Weltweit macht Erdgas rund 23% des Energiemixes aus. Die regionalen Unterschiede sind jedoch sehr groß. An der Spitze liegen Russland und einige Staaten im Mittleren Osten mit rund 50%, am Ende der Skala stehen ausgerechnet Länder wie Indien (10%) und China (4%), die ein außerordentlich starkes Wachstum des Energiebedarfs aufweisen und mit den ökologischen und gesundheitlichen Folgen der Kohle- und Erdölverbrennung zu kämpfen haben. Es überrascht deshalb nicht, dass diese Länder ein großes Interesse an diesem saubersten fossilen Energieträger haben. China will den Anteil am Energiemix bis 2020 auf 10% und längerfristig noch deutlich stärker erhöhen.
Wie kann man als Investor profitieren?
Eine Vielzahl an Industrien ist mit der Erdgas-Wertschöpfungskette verbunden. Da die Gaspreise in Nordamerika weiterhin tief bleiben dürften und auf globaler Ebene mittelfristig sogar weiter fallen könnten, sind Anleger gut beraten, Unternehmen, die unter niedrigen Gaspreisen leiden, zu meiden. Dazu gehören in erster Linie die Gasproduzenten. Stattdessen sind Aktien von Unternehmen interessant, die von steigenden Gasvolumen profitieren, also Anbieter von Bohr- und Fördertechnologien sowie Hersteller von Ausrüstung für den Transport und die Lagerung von Gas. Der Markt für gasbetriebene Fahrzeuge ist noch eine Nische, bietet aber ebenfalls große Wachstumschancen.