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Inflation oder Deflation - der Streit zwischen Ökonomen

<strong>Matthias Riechert</strong>, Leiter Strukturierte Produkte Deutschland und &Ouml;sterreich Citigroup

BÖRSE am Sonntag

Matthias Riechert, Leiter Strukturierte Produkte Deutschland und Österreich Citigroup

Angesichts gigantischer Summen, die die Notenbanken weltweit im Kampf gegen die Wirtschaftskrise einsetzen, warnen immer mehr Ökonomen vor einer drohenden Inflation. Doch es gibt auch Stimmen, die das genaue Gegenteil befürchten – eine Deflation. Wer hat Recht? Wie bereiten sich Anleger auf beide Szenarien am besten vor?

Fünf Billionen US-Dollar, das ist eine Zahl mit 12 Nullen. Diesen Wert haben laut dem britischen Premier, G. Brown, alle weltweiten Konjunkturprogramme. Kein Staat verfügt über die Summen, die für die geplanten Hilfen benötigt werden. Die Folgen: steigende Staatsverschuldung, höhere Steuern und das Anwerfen der Druckerpresse. Mit der Erhöhung der Geldmenge droht jedoch eine Inflation – einige Ökonomen sprechen sogar von einer bevorstehenden Hyperinflation. Andere Volkswirte hingegen halten das Vorgehen der Politik für sinnvoll und zwingend notwendig. Die sogenannten Keynesianer folgen der Wirtschaftstheorie von Keynes, der staatliche Eingriffe in das Wirtschaftssystem vor allem in Krisenzeiten befürwortet. Die weltweite Wirtschaftspolitik wird von diesen vorwiegend angelsächsischen Ökonomen beherrscht. Sie sehen die Gefahr in einer drohenden Deflation. Die USA beispielsweise sind aufgrund der anhaltenden Konsumflaute ein wahres Paradies für willige Käufer, zahlreiche Einzelhändler unterbieten sich in ihrer Preisgestaltung: Bei Autos ist das Prinzip „buy one, get one free“ keine Seltenheit und die Immobilienpreise sind schon seit Längerem im freien Fall. Die Keynesianer fordern den Eingriff des Staates, damit der amerikanische Konsument wieder kauft, denn die Folgen einer nachhaltigen Deflation wären für die Wirtschaft fatal – sie münden in eine Depression.

Bekämpfung der Deflation

Die Politik greift ein – mit massiven Konjunkturprogrammen. Die Notenbanken senken die Leitzinsen. Die Gefahr einer Inflation blenden die Keynesianer dabei fast vollkommen aus: Die Basisgeldmenge würde zwar erhöht werden, doch geben die Banken das Geld nicht weiter. Solange die zur Verfügung stehende Geldmenge konstant bleibe, käme es auch nicht zu einer Inflation. Als Beispiel führen die Ökonomen Japan an, wo das Zinsniveau seit Jahren sehr niedrig ist, es aber keine Inflation gibt. Außerdem könne die Politik dafür sorgen, dass die Geldmenge nach Wiederbelebung der Wirtschaft wieder abnähme.

Billiger Kredit führt zu Inflation

Langfristig könnte sich die keynesianische Sichtweise als folgenreicher Fehler entpuppen. Diese Sichtweise vertritt die österreichische Schule der Ökonomen. Aus ihrer Sicht haben Staaten sogar ein Interesse an einer Geldentwertung, da sich hiermit die Last der enormen Schuldenberge verringern lässt. Die Ursache der aktuellen Krise liegt bei den Notenbanken: Sie bestimmen die Zinsen und können die Geldmenge beliebig ausweiten. Billiger Kredit führt zu einem kurzfristigen Anstieg der Wirtschaftsleistung. Doch sobald der Bevölkerung klar wird, dass die immer größere Geldmenge zu einer Entwertung des Geldvermögens führt, wird das System irgendwann durch eine Flucht aus dem Papiergeld kollabieren. Es erscheint unrealistisch, dass alle Industriestaaten die Geldmenge bereitwillig wieder verringern. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass mittel- bis langfristig eine Phase mit deutlich steigenden Teuerungsraten folgt. Nach Berechnungen der Citigroup treffen deflationäre Tendenzen in der Eurozone vor allem Frankreich. Auch die Schweiz als Nicht-Euro-Land weist eine negative Inflation auf. Doch schon ab Ende 2009 undAnfang 2010 wird die Entwicklung vermutlich drehen und eine Inflation entstehen: Besonders hoch ist diese Gefahr in Großbritannien – dem Heimatland von Keynes.

Wie Anleger von Inflation profitieren

Für Anleger stellt sich die Frage, mit welchem Investment sie sich bereits im Vorfeld am besten auf diese Situation einstellen und sogar davon profitieren können. Staatsanleihen, die aktuell sehr beliebt sind, werden sich im Zuge einer Inflation aufgrund ihrer niedrigen Verzinsung kaum rentieren. Sachwerte wie Immobilien und Gold bieten zwar Schutz vor der Inflation. Der Nachteil bei ihnen: Sie binden langfristig viel Kapital. Eine Alternative dazu bieten Anleihen, deren Kupon mit einem Hebel an die Inflation gebunden ist. Die Entscheidungen wurden von der Politik bereits getroffen – es bleibt abzuwarten, wer die Zeche für die horrenden Staatsausgaben zu tragen hat und wann.

Inflation: bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre einen andauernden, signifikanten Anstieg des Preisniveaus. Es verändert sich also das Austauschverhältnis von Geld zu allen anderen Gütern zu Lasten des Geldes. Daher kann man unter Inflation auch eine Geldentwertung verstehen.

Deflation: bezeichnet eine starke Abnahme der Geldmenge bei gleichzeitig nachlassender Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in Erwartung sinkender Preise. Eine Deflation hat in der Regel einen Preisverfall und somit einen Rückgang an Investitionsvolumen als Folge.