Retter René
Nun wird er also gehen, der René Obermann, der dem immer noch staatlich, nun ja, beeinflussten Großkonzern Deutsche Telekom seit sieben Jahren ein mehr jugendliches Auftreten verschaffte. War auch nötig, denn so vieles erinnerte doch noch an die Deutsche Bundespost mit Staatsauftrag zur Zuteilung grauer Telefone, Tasten gegen Aufpreis, nach gediegener Wartezeit.
Nun wird er also gehen, der René Obermann, der dem immer noch staatlich, nun ja, beeinflussten Großkonzern Deutsche Telekom seit sieben Jahren ein mehr jugendliches Auftreten verschaffte. War auch nötig, denn so vieles erinnerte doch noch an die Deutsche Bundespost mit Staatsauftrag zur Zuteilung grauer Telefone, Tasten gegen Aufpreis, nach gediegener Wartezeit. Was er geschafft hat, ist sicherlich eine finanziell bessere Position des rosa Riesen, nur die Misere bei T-Systems hinterlässt er seinem Nachfolger Timotheus Höttges, zwar Finanzvorstand, aber vielseitig bewandert, man soll sich da nicht täuschen.
Sogar das Dauer-Halloween um die amerikanische Tochter T-Mobile USA scheint sich einem Ende zu nähern: Pünktlich zum Feste locken mehrere Tele-Weihnachtsmänner mit Kaufangeboten, neuester Interessent: Dish. Der Name meint Satellitenschüsseln, nicht etwa Eintopf. In den Niederlanden könnte Obermann allerdings Ungenießbares aufgedisht werden: Sein wohlig übersichtlicher neuer Arbeitgeber Ziggo bietet offenbar nicht nur Nähe zur alltäglichen Produktion, sondern auch einen hübschen Übernahmekampf: Der amerikanische Multi Liberty, in Deutschland als Mutter einiger Kabelbetreiber harter Konkurrent der Telekom, will sich Ziggo einverleiben.
Mancher hat schon gewettet, dass René Obermann in Wahrheit niemals antreten werde bei Ziggo – und das sogar schon vor der Attacke aus USA. Mal sehen. In Deutschland jedenfalls hat er sich einem Kampfgebiet verschrieben, auf dem er sich auf den letzten Metern noch ein paar staunende Feinde machen konnte: Im wesentlichen Politiker, seien sie aus Berlin oder Brüssel, die mit eher bedächtigem Ton die Spionageaffäre der NSA zu beerdigen suchten. Obermann streitet nicht nur aus pekuniärem Interesse für den Datenschutz.
Langfristig sieht er das Modell einer freiheitlichen Gesellschaft gefährdet, wenn Kommunikation grundsätzlich nicht mehr vertraulich sein kann und daher im Zweifel sogar unterbleibt. Er hat sich die Branche Kommunikationstechnologie ja nicht schon als Student ausgesucht, um dann deren Niedergang zu erleben. Seit er in jugendlicher Vernunft sein Unternehmen ABC Telekom an Hutchison Whampoa verkaufte, war mit dem Newcomer aus Krefeld jedenfalls zu rechnen. In seine Amtszeit fielen nun auch viele kritische Phasen, einige Altlasten vom unseligen Robert T. Online bis zur T-Aktie als Volksverschreckungsinstrument konnte er nicht mehr radikal zum Guten wenden.
Vorbei ist vorbei. Sein Kampf gegen die Meinung, man dürfe von der Telekom gefälligst alles bekommen, und zwar sofort und kostenlos und draußen wie drinnen, endete unlängst mit einem knappen Sieg der lauter Schreienden. Das ist nicht sein Ding - das seines Nachfolgers übrigens auch nicht. Vielleicht sollte man zwischendurch auch mal ganz froh sein, so einen Konzern zu haben, der in fünfzig Ländern Erfolg hat (nun ja, sagen wir 49), denn dort sind das eben nicht willfährige Behörden und Erfüllungsgehilfen von paranoiden Datengrabschern, denen der Kalte Krieg fehlt zum Glücklichsein.