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Erfolgseigener Betrieb

Bei Siemens gab es diese Woche nur freudvolles Beisammensein aller Beteiligten, der sogenannten Stakeholder. Sogar die Öffentlichkeit, nicht unmittelbar am Erfolg des Konzerns beteiligt, sollte sich freuen, falls es Siemens-Chef Joe Kaeser gelingt, die angepeilten Ziele im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen.

BÖRSE am Sonntag

Bei Siemens gab es diese Woche nur freudvolles Beisammensein aller Beteiligten, der sogenannten Stakeholder. Sogar die Öffentlichkeit, nicht unmittelbar am Erfolg des Konzerns beteiligt, sollte sich freuen, falls es Siemens-Chef Joe Kaeser gelingt, die angepeilten Ziele im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen. Der Elektrokonzern glänzte bei der Vorstellung der Zahlen für das am 30. September beendete letzte Jahr vor allem mit den Erträgen seiner Medizintechnik-Tochter, inzwischen recht guten Aussichten der Windparkherstellung und sogar bei der lange kriselnden Kraftwerkssparte. Nur mit Öl und Gas sieht es nicht gut aus, aber das geht natürlich auch der Konkurrenz so: Der niedrige Ölpreis senkt die Hoffnungen fast überall gleichmäßig. Was Siemens sich erträumen würde, dürfte so etwas Wundersames sein wie ein gleichzeitiges Anziehen der Konjunktur in Asien, vor allem China, bei steigendem Ölpreis. Natürlich ist das ziemlich unrealistisch.

Dafür war aber dann doch recht mutig, was Kaeser da am letzten Donnerstag fürs kommende Jahr fest versprach: Umsatzzuwächse, weiterhin erfreuliche Renditen des laufenden Geschäfts und auch noch weitere Aktienrückkäufe. So allmählich, nach etwa drei Jahren Sanierung, Umbau und Kostensenkung, geraten da die Pleiten, das Pech und die Pannen in Vergessenheit, mit denen Siemens immer wieder in den Schlagzeilen war: Große Übel wie Korruption, mittelgroße wie ständiger Ärger mit der Zugsparte und deren Kunden, oder missglückte Ausflüge in diverse Geschäftsfelder ohne ertragreiche Zukunft. Stattdessen jetzt gewaltige Investitionen in Forschung und Entwicklung, um die Stagnation beim Umsatz von zuletzt gut 75 Milliarden Euro hinter sich lassen zu können.

Ob sich die Erträge bei Siemens ebenfalls steigern lassen, hängt von vielen äußeren Faktoren ab, vor allem der erwähnten Weltkonjunktur – momentan lassen die gerade veröffentlichten Daten zum deutschen BIP (leichter Wachstumsrückgang) und der Industrieproduktion nicht viel Dynamik erahnen.  Die Aktionäre dürfen sich dennoch zurücklehnen: bei einem derzeitigen Kurs von rund 95 Euro und der gerade auf 3,50 angehobenen Dividende ergibt sich eine Rendite, die man jedenfalls risikoarm fast nirgends bekommt, außer in Kaesers Elektroladen. Der scheint auch von motiviertem Personal bevölkert, von immerhin knapp 350.000 Leuten: Eine umfassende Studie der Universität Göttingen belegte erst kürzlich im Oktober, dass sich das Siemens-Belegschaftsaktienprogramm positiv auf Stimmung und Motivation auswirkt. Der Eigentümer-Mitarbeiter jeder Hierarchieebene schätzt die Aktie es eigenen Hauses. 2,2 Milliarden Euro wurden an Erfolgsbeteiligungen, teils auch in bar, zuletzt ausgeschüttet. Zusätzlich füllt sich ein gesonderter Teilhabefonds allmählich auf die angepeilten 400 Millionen Euro, mit denen er dann zuteilungsreif sein soll. Nach und nach werden auch die Mitarbeiter als Aktionäre ein Wörtchen mitzureden haben bei Siemens – für die Diskussionskultur sicher besser als das, was man von gewissen anderen Unternehmen so hört. Ohne Risiko ist das Ganze aber natürlich nicht.