Silber spielt die Hauptrolle
Was für eine Action. Während ich es irgendwie lange nicht mehr ins Kino geschafft habe und das Programm in den letzten Monaten für meinen Geschmack sowieso eher etwas lau war, spielten sich die richtigen Thriller am Edelmetallmarkt ab. Die absolute Hauptrolle gebührte dabei unangefochten dem Silber.
Unglaublich. Hätte mir jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass Silber im April an der Marke von 50 US-Dollar pro Unze kratzen würde, läge ich wahrscheinlich jetzt noch mit einem dem Lachkrampf geschuldeten Zwerchfellriss in der Klinik. Ich gebe es natürlich ungern zu, dass es zu Preisbewegungen gekommen ist, die ich so nicht vorausgesehen habe. Schließlich hat man ja einen Ruf zu verteidigen. Aber in dem Fall, nun ja. Beim Silber erinnerte ich mich an Zeiten, in denen ich ein blutjunger Novize hier im Handelsraum war. Lange ist es her. Als ich als Händler anfing, befasste ich mich natürlich auch mit schlechten Beispielen, bei denen Händlern etwas schiefging. Legendäre Fehlspekulationen, gigantische Verluste, unendliche Trading-Tragödien. Immer hoffend, dass mein Name nie in einem Atemzug mit Nick Leeson, Jerome Kerviel oder anderen genannt werden wird. Ehrfürchtig zitternd las ich unter anderem, wie die Gebrüder Hunt versucht hatten, den Silbermarkt Anfang der 80iger-Jahre zu kontrollieren. Eine gigantische Spekulation: Sie kauften alles Silber auf, das sie kriegen konnten. Und tatsächlich: Der Preis verzehnfachte sich. Der Silbermarkt war schon immer enger als der Goldmarkt. Abgesehen davon, dass solchen „Market Squeeze“-Gepflogenheiten schon etwas leicht Brachiales und Hemdsärmeliges anhaftet, muss man natürlich das nötige Kleingeld in Form einiger kurzfristig verfügbarer Millionen oder Milliarden haben. Also eher nichts für Sie und mich, liebe Leser. Wir würden es ja allein schon aus moralischen Gründen nicht tun ... Aber, es kam, wie es kommen musste: Irgendwann plünderte die Masse die Besteckkästen und kratzte das letzte Gramm Silber unter der Matratze hervor, um von den hohen Silberpreisen zu profitieren. Der Preis stürzte so schnell ab, wie er gestiegen war, und die Gebrüder Hunt verarmten. Irgendwie schade. Aber lehrreich. Auch, wenn ein Sprichwort besagt, dass Geschichte sich selbst wiederholt, scheint es diesmal doch irgendwie anders zu sein.
Es ist nicht so, dass es nur panische, geldgierige, den Verstand ausschaltende Spekulanten sind, die Silber von 17 US-Dollar im August 2010 auf 49,80 US-Dollar im April 2011 hochgekauft haben. Und es gibt eine Unmenge von Verkäufern, die schon in die Silber-Rally hineinverkauft haben. George Soros, Produzenten, Anleger, die seit Jahren auf der Long-Seite investiert waren. Die Mehrheit der Silberhändler denkt, dass man Silber eher bei 20 US-Dollar traden sollte, als da, wo es jetzt steht. Eigentlich gute Voraussetzungen für steigende Preise. Wir werden sehen. Ich befrage jetzt in Ruhe meine Kristallkugel samt Kaffeesatz und werde Sie in kurzer Zeit wissen lassen, wo die Reise hingeht.