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Sind alle Tiere gleich?

Eigentlich sind alle Tiere gleich, aber manche Tiere sind einfach gleicher. Aber Wolfsburg ist ja der Nabel der Welt, der Auto-Olymp, da ist man weit über den Talnebeln der übrigen Autowelt, da regelt man die Dinge kameradschaftlich. Nicht alle Tiere sind gleich – oder am Ende doch?

BÖRSE am Sonntag

Eigentlich sind alle Tiere gleich, aber manche Tiere sind einfach gleicher. Wie aus Kreisen des VW-Managements – natürlich hinter vorgehaltener Hand – zu hören war, mochte man Martin Winterkorn nicht sonderlich. Gut, das ist vielleicht kein Typ zum Knuddeln, aber Ingenieurwissen hat er anscheinend schon. Aber dass gestandene Manager nicht mehr schlafen können, wenn sie wissen, dass sie tags drauf einen Termin beim Chef haben? Da erklärt uns ein Psychologe: Kann schon passieren. Wenn jemand nicht so ohne weiteres die Klamotten hinschmeißen könne, sei es wegen Familie, Haus, Kindern oder auch wegen des Alters, dann müsse er sich fürchten. Und der Managementstil „rule by fear“ sei gar nicht so selten.

Wenn das so ist, dann herzliches Beileid. Da aber der einzige, der Winterkorn feuern konnte, ein Mann namens Ferdinand Piëch war, der selbst – umschreiben wir es mal höflich – psychosozial herausgefordert erscheint, hat man beim halbstaatlichen Autohersteller VW ein Problem gehabt. Denn Betrüger gibt es überall, nicht überall aber werden sie gefördert. Die etwas irren Vorgaben „von oben“, also aus dem VW-Top-Management, dazu die mit Sicherheit komplett irre Regelungswut der Zulassungsinstitutionen hüben wie drüben, die ein übriges getan hat – die Mischung hat’s wohl gemacht. Mir sagt einer, der es wissen muss: „Die Software, um den ganzen Quatsch zu umgehen, die schreibe ich dir in zehn Minuten.“

Da kommt einem doch ein ketzerischer Gedanke: Von Lug und Trug mal abgesehen, ist es nicht vielleicht der Margen- und Erfolgsdruck, der mit den regulatorischen Erfordernissen schlicht nicht unter einen Hut zu bringen ist? Hier wäre ein oberster Boss gefordert gewesen, sowohl Investoren als auch Aufsichtsrat schonend beizubringen, dass die eierlegende Wollmilchsau auch nicht in Wolfsburg geklont werden kann. Wenn man auf dem amerikanischen Markt einen Jetta nur verkaufen kann, wenn dieser bei den Abgaswerten die Regen verletzt, dann muss man sich eben etwas einfallen lassen. Wenn man allen etwas rechtmachen will, und dem Land Niedersachsen als Gegenleistung für seine schützende, wenn nicht gar protektionistische, Hand 300 Millionen Euro im Jahr überweisen möchte – gut, dann geht es halt nur mit Betrug, es sei denn, man ist genial.

Genial aber war man aber nicht. Richtiggehend blöd aber ist es, und das bis heute, die US-Behörden hinters Licht führen zu wollen. Warum lernen das ausgerechnet deutsche Unternehmen nicht? Die Deutsche Bank musste es erfahren, früher mal Audi, dann Toyota – die hätten ihren Rat allesamt gegen geringes Entgelt sicher zur Verfügung gestellt. Aber Wolfsburg! Wolfsburg ist ja der Nabel der Welt, der Auto-Olymp, da ist man weit über den Talnebeln der übrigen Autowelt, da regelt man die Dinge kameradschaftlich. Nicht alle Tiere sind gleich – oder am Ende doch?

Klar, dass der Betriebsratsvorsitzende angesichts des sich immer weiter ausweitenden Mega-Skandals gleich mal sagt, die Arbeitnehmer dürften nicht zu Leidtragenden der Affäre werden. Das lässt schon mal tief blicken: Schließlich waren es Arbeitnehmer, die den ganzen Betrug veranstaltet haben, oder? Solange es solche Dinge gibt wie finstere Patriarchen und das VW-Gesetz: vergesst es. Dass die bei VW trotz allem noch ganz gute Autos bauen, ist ja fast ein Wunder – Trabant und Wartburg waren tatsächlich keine guten Autos.

Ein deutscher Fondsverwalter hat mich neulich ein wenig verblüfft. Der will von VW nie etwas wissen, der legt schlicht nicht in VW-Aktien an, und er sagt: „Da ist mir das Monarchieproblem zu groß.“ Schöner kann man es nicht ausdrücken.

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