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Studie von cometis: CSR-Berichte noch ohne einheitliche Standards

Die Berater der cometis AG haben die 2018 vorgelegten Nachhaltigkeitsberichte (CSR-Berichte) von 131 Unternehmen aus der DAX-Familie systematisch ausgewertet. Henryk Deter, Vorstand cometis: „Viele Berichte enthalten leider oftmals Worthülsen. Messbare Daten zur Nachhaltigkeitsperformance werden zu selten berichtet."

BÖRSE am Sonntag

Die Berater der cometis AG haben die 2018 vorgelegten Nachhaltigkeitsberichte (CSR-Berichte) von 131 Unternehmen aus der DAX-Familie systematisch ausgewertet. Henryk Deter, Vorstand cometis: „Viele Berichte enthalten leider oftmals Worthülsen. Messbare Daten zur Nachhaltigkeitsperformance werden zu selten berichtet.“

Oftmals ist weder ein Vergleich mit anderen Unternehmen möglich, noch wird eine Entwicklung im Zeitverlauf erkennbar. „Viele Aktiengesellschaften beginnen offenbar erst jetzt damit, die erforderlichen Daten zu erfassen. Der größte Nutzen der Berichtspflicht ist, dass sich zahlreiche Unternehmen nun überhaupt erstmals mit konkreten Zielgrößen zur Nachhaltigkeit beschäftigen“, so Deter. Der Umfang der CSR-Berichte variiert beträchtlich. „Manche Unternehmen begnügen sich mit sehr spärlichen Informationen. Andere kommunizieren derart detailliert, dass die wesentlichen Informationen darin untergehen,“ so Deter und ergänzt: „Für aussagekräftigere Nachhaltigkeitsberichte werden nicht möglichst viele Detailinformationen benötigt, sondern einheitliche Daten zu den wesentlichen Aspekten einer nachhaltigen Geschäftspolitik. Ansonsten liefert die neue Berichtspflicht kaum den gewünschten Mehrwert.“
 
Spärliche Informationen zu Compliance und Governance

Untergliedert in die vier Bereiche Umwelt, Arbeitnehmer, Gesellschaft sowie Compliance und Governance erfasste cometis über 8.000 unternehmensspezifische Informationen. Die Studie untergliedert die vier Bereiche jeweils in rund 10 standardisierte Themen.

Bereich Umwelt

Ökologischen Belangen widmen die Unternehmen bisher die größte Aufmerksamkeit. Auf diesen Bereich entfallen über 3.000 der gesammelten unternehmensspezifischen Informationen. Darüber hinaus stellen die Gesellschaften für den Umweltbereich die meisten verwertbaren Messgrößen zur Verfügung. Viele umweltorientierte Aktivitäten der Unternehmen sind damit messbar. Im Vordergrund stehen dabei Emissionen (32 Prozent), Energieeffizienz (24 Prozent) und Ressourceneffizienz (17 Prozent).

Bereich Arbeitnehmer

Rund 2.600 einzelne Informationen lieferten die Unternehmen zu Arbeitnehmerfragen. Über ein Viertel (27 Prozent) der Daten bezieht sich auf die Vielfalt der Mitarbeiter. Die Mitarbeiterentwicklung (24 Prozent) und Mitarbeiterbindung (23 Prozent) folgen fast gleichauf.

Bereich Gesellschaft

Zu sozialen und gesellschaftlichen Fragen kommunizierten die Aktiengesellschaften insgesamt 1.300 Einzelinformationen. Ein Viertel (25 Prozent) der Informationen zu gesellschaftlichen Aktivitäten entfällt auf das Engagement für das Gemeinwesen. Auf dem zweiten Platz liegen Angaben zur Produktverantwortung (19 Prozent). Die Kundenzufriedenheit folgt mit deutlichem Abstand (10 Prozent) auf Rang drei.

Bereich Compliance und Governance

Mit 1.200 einzelnen Daten liegen für den Bereich Compliance und Governance die wenigsten Informationen vor. Die Unternehmen berichten über ihre Compliance Management Systeme (35 Prozent). Angaben zur Vorbeugung von Korruption und Bestechung folgen (23 Prozent) vor Informationen zur Einhaltung der Menschenrechte (21 Prozent).
 
Ohne standardisiertes Reporting keine Vergleichbarkeit

„Derzeit sind die Berichte nur schwer vergleichbar. Ohne einheitliche Standards werden Verbesserungen auf breiter Front kaum gelingen. Die Kapitalmarktakteure sollten deshalb vor allem einen einheitlichen Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verabreden,“ so Deter. Davon ist die CSR-Berichterstattung derzeit noch meilenweit entfernt. Fast jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) hatte sogar keines der anerkannten Rahmenwerke wie GRI (Global Reporting Initiative) oder DNK (Deuter Nachhaltigkeitskodex) angewandt. So formuliert beispielsweise die Jost AG im Geschäftsbericht 2017, dass sie die existierenden Rahmenwerke als für das Unternehmen ungeeignet betrachtet.
Da die Unternehmen zum Bereich Umwelt die meisten messbaren Informationen liefern, erwartet Deter hier zukünftig die größten Fortschritte zu mehr Umweltbewusstsein im konkreten täglichen Handeln. Deter: „Die Unternehmen werden darauf achten, nicht hinter die bereits erreichten Werte zurückzufallen.“ Dagegen rechnet Deter in den anderen drei Bereichen erst in fernerer Zukunft mit konkreten Verbesserungen.

Die Informationen stellten 87 Prozent der Unternehmen in einem eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht zur Verfügung. Jede dritte dieser Gesellschaften kommuniziert nichtfinanzielle Informationen zusätzlich auch im Geschäftsbericht. Dagegen haben 13 Prozent der Unternehmen die Nachhaltigkeitsberichterstattung ausschließlich im Geschäftsbericht abgehandelt.
 
DAX30: Vonovia informiert besonders detailliert zu Umweltbelangen

Die Unternehmen der verschiedenen DAX-Segmente hat cometis hinsichtlich des Umfangs der bereitgestellten Informationen durchleuchtet. Für qualitative Aussagen vergab cometis lediglich 1 Punkt und für quantifizierte Angaben jeweils 2 Punkte. Bei der Untersuchung blieb die Aussagekraft der bereitgestellten Informationen allerdings unberücksichtigt. So erhielt der Nachhaltigkeitsbericht von Adidas zwar lediglich 66 Punkte. „Aber Adidas überzeugt mit klaren Nachhaltigkeitszielen. Zudem kommuniziert das Unternehmen die festgestellten Verstöße gegen die Compliance in außergewöhnlich transparenter Form,“ so Deter. Vonovia liegt innerhalb des DAX30 mit insgesamt 450 Punkten an der Spitze. Aufgrund besonders ausführlicher Informationen zu Umweltbelangen erzielte die Immobiliengesellschaft hier allein 342 Punkte. Den zweiten Platz belegt Merck mit 334 Punkten. Das Chemieunternehmen informiert ausführlich zu allen Belangen der Nachhaltigkeit. Die rote Laterne innerhalb des DAX trägt Fresenius Medical Care mit lediglich 44 Punkten.

MDAX: MTU mit umfangreichen Informationen zu allen Belangen

Im MDAX erreichte MTU die höchste Punktzahl. Deter: „Der Turbinenhersteller informiert sehr ausführlich zu Nachhaltigkeitsbelangen und erzielt sowohl hinsichtlich der Arbeitnehmer- als auch der Umweltbelange jeweils über 100 Punkte.“ Auch zu gesellschaftlichen Belangen informiert MTU außergewöhnlich umfangreich und erreicht hier 74 Punkte. Fraport belegt mit 266 Punkten den zweiten Rang. Der Flughafenbetreiber informiert überaus umfangreich zu Umweltbelangen (155 Punkte). Dagegen kommuniziert das Unternehmen zu Compliance (7 Punkte) keine quantifizierbaren Daten. Die wenigsten Informationen zur Nachhaltigkeit bietet 1&1 Drillisch und erhält nur 20 Punkte. „Dem netzunabhängigen Telekommunikationsanbieter ist dabei zu Gute zu halten, dass das Unternehmen zu Umweltbelangen weniger exponiert agiert als beispielsweise Automobilhersteller oder andere Industrieunternehmen,“ so Deter. Allerdings bietet die Gesellschaft auch zu Mitarbeitern und Compliance nur wenige Informationen.

SDAX: Talanx mit Spitzenwerten zu Umwelt und Arbeitnehmern

An der Spitze des SDAX liegt Talanx mit 260 Punkten. Das Versicherungsunternehmen erreicht zu den Belangen der Arbeitnehmer (128 Punkte) und Umwelt (85 Punkte) jeweils Höchstwerte. SAF-Holland belegt mit 211 Punkten Rang zwei. Der LKW-Zulieferer informiert umfangreich zu allen Belangen und liegt mit den Informationen zum gesellschaftlichen Engagement (41 Punkte) sogar an der Spitze des SDAX. Dagegen bietet Hypoport nur wenige Informationen rund um die Nachhaltigkeit. Der Finanzdienstleister erhält lediglich 23 Punkte. Insbesondere zu Umweltfragen und gesellschaftlichen Belangen bietet das Unternehmen nur spärliche Informationen.

Die gesetzlichen Vorgaben

Seit dem Geschäftsjahr 2017 verpflichtet das Gesetz zur Umsetzung der europäischen CSR-Richtlinie die Unternehmen dazu, über ihre nichtfinanziellen Aktivitäten zur Nachhaltigkeit zu informieren. Wer unter anderem über 500 Mitarbeiter beschäftigt, muss zur Nachhaltigkeit berichten. Gefordert sind Informationen zu Umweltfragen, sozialen Belangen und rund um die Menschenrechte.
 
Mit der Pflicht zu Nachhaltigkeitsberichten (auch CSR- oder nichtfinanzielle Berichterstattung) legten im Frühjahr 2018 erstmals 131 der 160 Gesellschaften aus den vier deutschen Indizes – DAX, MDAX, SDAX, TecDAX – systematische nichtfinanzielle Informationen offen. Insgesamt 29 Unternehmen aus der DAX-Familie waren nicht berichtspflichtig oder legten ihre Geschäftsberichte aufgrund gebrochener Geschäftsjahre erst später vor.