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Zinswende als Zeitenwende für die Börse? Was Anleger nun tun können

Im Kampf gegen die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten hat die EZB am 8. September verkündet, den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf nun 1,25 Prozent zu erhöhen. Zwar hielten sich die negativen Folgen an den Aktienmärkten zunächst in Grenzen, jedoch sorgten die inflationsbedingt getrübte Kauflaune, anhaltende Lieferkettenprobleme und die Energiekrise in den letzten Wochen flächendeckend für fallende Kurse.

(Foto: telesniuk / Shutterstock)

Im Kampf gegen die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten hat die EZB am 8. September verkündet, den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf nun 1,25 Prozent zu erhöhen. Zwar hielten sich die negativen Folgen an den Aktienmärkten zunächst in Grenzen, jedoch sorgten die inflationsbedingt getrübte Kauflaune, anhaltende Lieferkettenprobleme und die Energiekrise in den letzten Wochen flächendeckend für fallende Kurse.

Von Marcus Brinker, Mitglied des Vorstandes beim Sparkassen Broker

Das herausfordernde Marktumfeld verlangt von allen Anlegerinnen und Anlegern, ob privat oder institutionell, starke Nerven und eine aktive Beschäftigung mit den daraus resultierenden Chancen und Risiken. Gerade jetzt gilt es die nötige Ruhe zu bewahren und den Fokus nicht zu sehr zu verengen. Doch zunächst ein kurzer Blick zurück: Die Zinserhöhungen durch die Notenbanken schlugen sich vor einigen Monaten in Kursverlusten auf die Aktienmärkte nieder, auch die großen Indizes verzeichneten deutliche Rückgänge. Anfang Juli bis Mitte August konnten die Börsen jedoch wieder Zuwächse verzeichnen. Allerdings war die Erholung nur von kurzer Dauer, US-Notenbankchef Jerome Powell stellte bei seiner alljährlichen Rede vor den weltweit führenden Notenbankiers eine weitere Zinserhöhung der Fed in Aussicht, was zu erneuten Kursverlusten führte.

Nun stehen wir vor einer Situation, die bei vielen Marktteilnehmern Fragen aufwirft und Unsicherheit schafft. Anlageklassen werden mit veränderten Maßstäben bewertet, Kredite und Investitionen werden teurer, der Konsum ist rückläufig und die Bewertungen sowie das erwartete Wirtschaftswachstum sinken. All das geschieht vor dem Hintergrund der anhaltenden Ukraine-Krise und gestiegener Inflation. Dieses Damoklesschwert gilt es für die EZB als Hüterin der Preisstabilität abzuwenden. Diese ist nun der Fed gefolgt und hat den Leitzins auf 1,25 Prozent angehoben.

Aktienmärkte im Fokus - Zeitenwende an der Börse?

Mit Blick auf den Aktienmarkt lässt sich bezüglich der aktuellen Situation simpel konstatieren: Unsicherheit, steigende Zinsen und Konjunktursorgen sind für kurzfristige Kursgewinne keine guten Voraussetzungen, auch wenn wir derzeit wieder Erholungsbewegungen sehen. Die Wirtschaft ringt aktuell mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen, kommt aber generell aus einer sehr starken Phase und hat in der Vergangenheit schon vielfach eine hohe Anpassungsfähigkeit bewiesen. Ein Blick auf die Kreditmärkte sorgt zudem für Hoffnung, denn die langfristigen Zinsen verdeutlichen, dass der Markt daran glaubt, dass die Inflation eingedämmt werden kann.

Die Leitzins-Anhebung bedeutet zwar keine grundlegende Zeitenwende für die Börse; sie läutet aber sicherlich ein neues Kapitel am Markt aufgrund des veränderten Umfeldes ein. Aufgrund der konjunkturellen und politischen Unsicherheiten werden die Börsen nach wie vor volatilen Phasen ausgesetzt sein, bevor eine nachhaltigere Erholungsphase eintritt. Hier liegt jedoch ein Vorteil in der Geschwindigkeit der Aktienmärkte – an den Börsen wird „Zukunft gehandelt“. So ist die Zinsänderung an den Aktienmärkten bereits angekommen – für Indizes wie den S&P 500 ging es schon einige Zeit vor den Entscheidungen bergab. Die stetige Neubewertung der Vermögensgegenstände ist an den Börsen damit aber auch deutlich früher abgeschlossen als bei anderen Assetklassen.

Die entscheidende Frage ist, wie man an der Erholung teilhaben kann. Bei einem langfristigen Anlagehorizont fallen die Kursturbulenzen durch Inflation und Zinserhöhung im Jahr 2022 kaum ins Gewicht. Die aktuellen Schwankungen könnten zwar noch einige Zeit anhalten und eine aktive Beschäftigung mit den getätigten oder geplanten Investitionen ist wichtig - wer aber langfristig investiert, sollte sich vom aktuellen Umfeld nicht nervös machen lassen. Die Aktienrendite inklusive Dividenden lag in den letzten 30 Jahren bei durchschnittlich sechs bis acht Prozent – trotz zwischenzeitlicher Crash-Phasen. Zudem bietet die aktuelle Marktlage auf Grund der deutlich geringeren Bewertungen und Volatilität auch Chancen – ein Umfeld, dass man je nach persönlichem Investmentansatz aktiv für sich nutzen kann. Die Digitalisierung oder erneuerbare Energien sind etwa strukturelle Trends, die zurzeit besonders unter dem oben genannten Umfeld leiden, aber mittelfristig wieder an Fahrt aufnehmen dürften.

Aktieninvestments bleiben entsprechend langfristig attraktiv. Branchen- und unternehmensspezifisch bieten sich neben den skizzierten Risiken derzeit auch günstige Einstiegsmöglichkeiten. Besonders spannend sind gerade in diesem Umfeld regelmäßige Sparpläne als langfristige Investments, die es ermöglichen unabhängig von der konkreten Marktlage sukzessive Vermögen aufzubauen und Bewertungsrückgänge zu nutzen. Wertpapiere wie Aktien, Fonds, Anlagezertifikate, ETCs oder ETFs bleiben also auch im aktuellen Umfeld zur Erzielung eines Netto-Vermögenszuwachses unverändert interessant.