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2018: milliardenschwerer IPO-Boom lockt Anleger

Der deutsche IPO-Markt steht womöglich vor einem der besten Jahre seiner Geschichte. Experten rechnen für 2018 mit einem Neuemissionsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich. Insgesamt planen wohl bis zu 20 Unternehmen den Weg aufs Parkett. Allein der Börsengang von Siemens Healthineers könnte über 10 Milliarden Euro schwer werden.

BÖRSE am Sonntag

Der deutsche IPO-Markt steht womöglich vor einem der besten Jahre seiner Geschichte. Experten rechnen für 2018 mit einem Neuemissionsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich. Insgesamt planen wohl bis zu 20 Unternehmen den Weg aufs Parkett. Allein der Börsengang von Siemens Healthineers könnte über 10 Milliarden Euro schwer werden.

Kaum hat das neue Jahr begonnen und einige Handelstage hinter sich, purzeln an der Wall-Street die Rekorde schon wieder in gewohnter Regelmäßigkeit. Und auch der Dax liegt seit Jahresbeginn bereits mit über zwei Prozent im Plus. Damit scheinen sowohl US- als auch die deutschen Märkte ihre Erfolgsrallyes aus dem vergangenen Jahr fortsetzen zu können, Niedrigzinspolitik, Konjunkturaufschwung und hohen Unternehmensgewinnen sei Dank. Mit einem Plus von 25 Prozent beim Dow Jones beziehungsweise knapp 13 Prozent beim DAX lieferten die beiden Leitindizes 2017 eine beinahe schwindelerregend gute Performance ab.
Da wundert es wenig, dass nicht nur immer mehr Anleger, sondern auch immer mehr Unternehmen an diesem Aktien-Boom teilhaben möchten, indem sie den Sprung an die Börse wagen.

Gab es in Deutschland 2017 trotz günstigen Umfelds gerade mal 13 Börsengänge mit einem Volumen in Höhe von 2,53 Milliarden Euro, darf sich der IPO-Markt 2018 womöglich auf das höchste Neuemissionsvolumen seit dem Jahr 2000 freuen. „Der IPO-Boom wird im kommenden Jahr anhalten, denn es ist weiter viel Liquidität im Markt, das Investorenvertrauen ist hoch, die konjunkturellen Risiken halten sich in Grenzen“, erklärt Ernst & Young-Analyst Martin Steinbach. Der Beratungskonzern rechnet für dieses Jahr auch in Deutschland mit 13 bis 18 und damit mehr Börsengängen. Ähnlich sieht es Nadja Picard, Kapitalmarktexpertin bei PWC. „Für 2018 rechnen wir mit 14 bis 18 IPOs. Die IPO-Pipeline ist so prall gefüllt, zumindest was das Volumen angeht, wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr.“

Das Umfeld für IPOs scheint günstig

Die Zinsen der europäischen Zentralbank dürften erst einmal niedrig bleiben, die Liquidität am Markt ist aufgrund der EZB-Anleihekäufe hoch. Hinzu kämen laut PWC die Renditesuche der Investoren und neue Höchststände an den Aktienmärkten. Blieben 2018 stark ausufernde Kursschwankungen aus, dürften viele Unternehmen in Deutschland den Gang an die Börse wagen, so die Einschätzung des Steuerprüf- und Beratungskonzerns.

Und es herrscht auch Nachholbedarf. Deutschland habe im vergangenen Jahr unterproportional am weltweiten Aufschwung des IPO-Marktes partizipiert, der wiederum so erfolgreich war wie seit 2007 nicht mehr, schreiben die PWC-Experten. Im ersten Halbjahr 2018 könnten der deutschen Börse nun gleich vier größere IPOs bevorstehen, die insgesamt ein Emissionsvolumen im zweistelligen Milliarden-Bereich erreichen könnten, schätzt PWC. Zirka die Hälfte davon dürfte auf die Gesundheits- und Medizintechniksparte von Siemens entfallen. Hinzu kommen mit der DWS die Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank, der Weltmarktführer für LKW- und Zug-Bremsen „Knorr-Bremse“ und der Wissenschaftsverlag „Springer Nature“. Weiterhin streben wohl unter anderem auch der Glücksspielkonzern „Novomatic“, das Software-Unternehmen „TeamViewer“ und der Batteriehersteller „Sonnen“ noch 2018 einen Börsengang an.

Die Investmentsparte der Deutschen Bank wird insgesamt mit acht Milliarden Euro bewertet und dürfte im Zuge eines Börsengangs wohl zirka zwei Milliarden Euro einsammeln, da Deutschlands größtes Geldhaus nur ein Viertel der Anteile zum Verkauf freigeben und damit Hauptaktionär bleiben möchte.

Zwei Münchner Perlen

Der bisher noch in Familienbesitz befindliche Mittelständler Knorr-Bremse könnte durch einen IPO Schätzungen von Analysten zufolge zirka vier Milliarden Euro einsammeln. Der Weltmarktführer für Bremssysteme ist global in 30 Ländern beheimatet und könnte durch seine starke Marktposition Investoren anlocken. Beobachter des Automobilsektors warten schon länger auf ein IPO, und das nicht nur, weil die Knorr-Bremse – die Münchner determinieren den Firmennamen umgangssprachlich – Ihr Stammwerk direkt neben dem Werk 1 von BMW hat.

Von Anlegern besonders beobachtet werden dürfte aber der Börsengang von „Siemens Healthineers“.  Mit einem geschätzten Volumen von sechs bis zehn Milliarden Euro könnte die Medizintechniksparte des Münchner Großkonzerns das größte deutsche Börsendebüt seit dem Jahr 1996 feiern. Damals wagte die Deutsche Telekom den Sprung an den Aktienmarkt und sammelte 10,6 Milliarden Euro ein. Unbestätigten Medienberichten zufolge könnte es bereits vor Ostern soweit sein. Der Wert der Unternehmenssparte dürfte laut Experten bei 40 Milliarden Euro liegen. Allerdings will Siemens weiter die Mehrheit an ihr halten, weshalb wohl nur ein Viertel der Unternehmensanteile zum Verkauf stehen.

Die Siemens-Tochter verspricht hohe Renditen, präsentiert sie sich doch schon jetzt hochprofitabel und geizt nicht mit ehrgeizigen Zielen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete man einen Umsatz in Höhe von 13,8 Milliarden Euro, was einer Umsatzrendite von 18,1 Prozent entspricht. Der Gewinn lag bei 2,5 Milliarden Euro, was einem Anteil von zirka 25 Prozent an dem des gesamten industriellen Geschäfts von Siemens entspricht. Und: Große Teile der Healthineers-Umsätze sind wiederkehrender Natur. 55 Prozent der Einnahmen nämlich generieren die Erlanger mithilfe von Serviceleistungen. Siemens strebt für seine Vorzeigetochter auf mittlere Frist ein organisches Wachstum von vier bis sechs Prozent an und will mit Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich die Gewinnmarge weiter verbessern. Für Anleger ein besonderer Leckerbissen: Siemens will in Zukunft zudem 50 bis 60 Prozent des Nettoertrags von „Healthineers“ als Dividende ausschütten.

Der größte Börsengang des Jahres wird – wenn er kommt – auch der größte aller Zeiten, könnte 2018 derweil aus Saudi-Arabien kommen. Womöglich soll es nämlich für Öl-Gigant Aramco endlich soweit sein. Bereits 2017 hielten Experten hier einen IPO für möglich. Über den Verkauf von fünf Prozent der Anteile könnte der Rohstoff-Riese 100 Milliarden US-Dollar einnehmen.

Fazit

Hohe Umsätze und Profite. Dazu tätig in einer Branche der Zukunft. Und prima Wachstumsaussichten gibt es auch noch. „Siemens Healthineers“ könnte wahrlich ein erfolgreicher Börsengang bevorstehen. Und auch der Knorr-Bremse-IPO klingt vielversprechend. Überhaupt bleiben die Voraussetzungen für IPOs günstig. 2018 könnte also wirklich ein Jahr voller Börsengänge werden. Auch und endlich wieder in Deutschland. Aber Vorsicht: Die letzten beiden großen Boom-Jahre 2000 und 2007 waren dicht gefolgt von großen Crashs. Einmal platzte die Dotcom-Blase, 2008 war es dann die weltweite Finanzkrise mit ihrem Ursprung am US-Häusermarkt. Und heute, Anfang 2018, stehen die Aktienkurse vieler Konzerne so hoch wie nie und Blasengefahr lauert an vielen Ecken und Enden. Aus dem möglichen Renditesegen für Anleger und dem Geldsegen für Unternehmen, kann da auch ganz schnell teurer Fluch werden. OG