Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
>

Deutsche Bank: Neuer Anstrich – von innen

Der angekündigte Konzernumbau beim größten deutschen Finanzinstitut nimmt konkrete Formen an: Mit einer grundlegenden Neuordnung will die Deutsche Bank zu alter Größe zurückkehren. Die Investoren sagen danke und treiben die Aktie an die DAX-Spitze.

BÖRSE am Sonntag

Der angekündigte Konzernumbau beim größten deutschen Finanzinstitut nimmt konkrete Formen an: Mit einer grundlegenden Neuordnung will die Deutsche Bank zu alter Größe zurückkehren. Die Investoren sagen danke und treiben die Aktie an die DAX-Spitze. 

Planvolles Krisenmanagement dürfte die treffendste Beschreibung für das sein, was die Deutsche Bank gestern verkündete: In einer außerordentlichen Sitzung beschloss der Aufsichtsrat gestern in Frankfurt, die Konzernsparten und das Top-Management ordentlich durchzuwirbeln. Vor gut einer Woche erst hatte die Bank einen Rekordverlust von 6,2 Milliarden Euro für das dritte Quartal angekündigt. Schuld daran sind vor allem Abschreibungen im Privatkundengeschäft (Postbank), im Investmentbanking und für anhaltende Rechtsstreitigkeiten.

In zehn Tagen sollen die endgültigen Zahlen vorgelegt werden. Auch konkrete Sparmaßnahmen werden dann aus Frankfurt erwartet. Klar ist aber schon jetzt: So geht’s nicht weiter. Der Leitgedanke beim Konzernumbau ist deshalb, „im Sinne der Strategie 2020 die Komplexität im Management der Bank zu verringern und damit den Kundenbedürfnissen sowie den Anforderungen der Aufsichtsbehörden besser gerecht zu werden.“ Hier klingt eindeutig mit, wie sehr die Deutsche Bank in den vergangenen Monaten unter der öffentlichen Kritik gelitten hat.

Im Mittelpunkt soll die Aufteilung des bisherigen Unternehmensbereiches Corporate Banking & Securities (CB&S) stehen. Ab Januar 2016 werden Unternehmensfinanzierung (Corporate Finance) und Transaktionsbank (Global Transaction Bank) in der neuen Unternehmenskunden- und Investmentbank (Corporate & Investment Bank) zusammengefasst.

Kosteneffizienz und „Wert für Aktionäre“ – Sechs neue Vorstände 

Die neue Sparte Global Markets soll die Handelsaktivitäten aus CB&S übernehmen, während sich die Deutsche Asset & Wealth Management nur noch mit institutionellen Kunden und dem Fondsgeschäft befasst. Letztere wird zukünftig von Quintin Price betreut, der Michele Faissola ablöst. Ein weiteres Novum ist die Digitalbank, die der bisherige COO Henry Ritchotte im kommenden Jahr aufbauen soll. Auch er verlässt deshalb den Vorstand.

"Wir wollen eine besser kontrollierte, kosteneffizientere und stärker fokussierte Bank schaffen, die langfristig Wert für die Aktionäre erzeugt und erstklassige Lösungen für unsere Kunden liefert“, erklärt John Cryan, Co-Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank. Der Brite ist seit Juli im Amt und steuert die Geschäfte des Konzerns gemeinsam mit Jürgen Fitschen. Bei der Hauptversammlung im Mai 2016 soll Fitschen aber endgültig abtreten.

Der Umbau hat auch für das übrige Top-Management Konsequenzen: Das Group Executive Committee, also der erweiterte Vorstand, wird aufgelöst. Auch zehn der derzeit 16 Vorstandsausschüsse werden ausradiert. Während Jeff Urwin von CB&S in den Vorstand wechselt, scheidet Stefan Krause aus. Werner Steinmüller soll ihn als Aufsichtsratsvorsitzender der Postbank beerben. Urwins bisheriger Kollege Colin Fan legt mit sofortiger Wirkung sein Amt nieder. Ihm folgt Garth Ritchie als Verantwortlicher für Global Markets nach. 

Schnelle Entscheidung über Rundumschlag erfreut Investoren

Vorstand Christian Sewing soll weiterhin die Privat- und Geschäftskundenbank leiten, zusätzlich kümmert er sich um die vermögenden Privatkunden. Personalvorstand Stephan Leithner hingegen verlässt die Bank in Richtung des Finanzinvestors EQT. Seine und Krauses Aufgaben werden unter Sylvie Matherat, Karl von Rohr und John Cryan höchstpersönlich aufgeteilt. Matherat übernimmt als Chief Regulatory Officer die neue Vorstandsverantwortung für die Bereiche Regulierung, Compliance und den Kampf gegen die Finanzkriminalität. 

Von Rohr erwarten Vorstandsaufgaben im Bereich Corporate Governance, das Personalressort sowie der Rechtsbereich. Cryan gibt diesen ab und übernimmt stattdessen die Restrukturierungseinheit NCOU. Kim Hammonds wird COO für Infrastruktur und soll binnen eines Jahres in den Vorstand aufsteigen. Jacques Brand darf Cryan und Fitschen zukünftig als Generalbevollmächtigter berichten, ebenso wie Jörg Eigendorf, der von Welt/N24 kommt und Konzernsprecher wird. Sein Vorgänger Thorsten Strauß hingegen verantwortet dann das Kultur-, Kunst und Sport-Engagement der Deutschen Bank.

Die personellen Entscheidungen hielten den Aufsichtsrat nicht lange auf: Offenbar wurden sie in weniger als zwei Stunden durchgewunken, John Cryan war lediglich zugeschaltet. Der Aufsichtsratschef Paul Achleitner begründete die einschneidenden Veränderungen wie folgt: „Eine derartig grundlegende Reorganisation hat es selten zuvor in der Geschichte der Deutschen Bank gegeben. Das geht nicht ohne Härten einher.“ Einen weich gebetteten Start in die Woche hatte hingegen die Aktie der Deutschen Bank.

Deutsche Bank im Aktienportfolio? Warum nicht, sagen Analysten

Seit Handelsbeginn hat das Papier um 3,8 Prozent zugelegt und notiert derzeit bei 26,95 Euro. Es ist der höchste Stand seit zwei Monaten, zwischenzeitlich war der Wert der Aktie auf rund 23,50 Euro gesunken. Für Analyst Daniele Brupbacher von der Schweizer Großbank UBS sind die Neuigkeiten kein Grund für übertriebenen Optimismus: Er erwartet aufgrund der stark gestiegenen regulatorischen Kapitalanforderungen einen deutlichen Rückgang der Eigenkapitalrendite. Brupbacher belässt das Kursziel daher bei 31 Euro und das Rating bei „Neutral“. 

Vertraut man lieber der Meinung von Kian Abouhossein, Analyst der US-Bank JPMorgan, dann ist die Aktie attraktiv bewertet. Grund genug für einen Einstieg, meint Abouhossein und behält den Daumen mit „overweight“ oben. Etwas konkreter äußert sich das Analysehaus Kepler Cheuvreux in Person von Dirk Becker. Der Analyst bewertet den angekündigten Konzernumbau als „Meilenstein“ und rät zum Kauf. Becker sieht ein Kursziel von 30 Euro als realistisch, neuen Antrieb könne der Aktienkurs nach Bekanntwerden konkreter Sparmaßnahmen bekommen.

Marius Mestermann