Neun Trends für 2019
Mit dem Jahr 2018 ging das schlechteste Investmentjahr seit 2008 zu Ende. Nun stellt sich für Anleger die Frage, ob diese Entwicklung nur ein Präludium für noch schlechtere Zeiten darstellt, oder das Schlimmste bereits überstanden ist. Um sich einer Antwort anzunähern, hat Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, verschiedene Marktbereiche und Kennzahlen identifiziert, die die Märkte in diesem Jahr beeinflussen dürften.
Mit dem Jahr 2018 ging das schlechteste Investmentjahr seit 2008 zu Ende. Nun stellt sich für Anleger die Frage, ob diese Entwicklung nur ein Präludium für noch schlechtere Zeiten darstellt, oder das Schlimmste bereits überstanden ist. Um sich einer Antwort anzunähern, hat Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, verschiedene Marktbereiche und Kennzahlen identifiziert, die die Märkte in diesem Jahr beeinflussen dürften.
Trend 1: Keine Rezession in den USA – aber Europa flirtet kurzfristig damit
Für 2019 rechnet der Stratege damit, dass der fiskalische Stimulus in den USA Schritt für Schritt nachlässt. Dies lasse sich beispielsweise am Häusermarkt-Index ablesen, der sich bereits deutlich eingetrübt hat. Auch zeigt der Blick auf die geplanten Unternehmensinvestitionen eine inzwischen schwächere Entwicklung in den USA. Dafür seien die schwelenden Handelskonflikte und auch der gefallene Ölpreis mitverantwortlich. „Trotz des nachlassenden Momentums in den USA sind die Rezessionsrisiken in den USA jedoch gering, weil der Arbeitsmarkt weiterhin sehr robust ist und die Löhne weiter steigen“, betont Galler.
Für Europa fällt sein Ausblick indessen verhaltener aus, da beispielsweise in Frankreich die Gelbwesten-Proteste das Wachstum dämpfen dürften und auch Italien eine größere Wachstumsschwäche zeigt. „Einige europäische Länder wie Frankreich oder Italien flirten im Lauf des Jahres mit der Rezession. Das Wachstum in Europa dürfte insgesamt aber noch leicht positiv bleiben“, analysiert Galler. Insbesondere der niedrigere Ölpreis, aber auch die anhaltende Erholung am Arbeitsmarkt sollten demnach positiv auf die Kaufkraft in Europa wirken.
Trend 2: Stärkere Konvergenz der BIP-Wachstumsraten in den Industrieländern
Das Jahr 2018 war durch divergentes Wachstum geprägt: Während das BIP der USA kräftig gewachsen ist, ließ die Dynamik in anderen Industrieländern zum Teil deutlich nach – sei es in der Eurozone oder in Japan. Aufgrund des voraussichtlich schwächeren Wachstums in den USA dürfte der Vorsprung gegenüber der Eurozone, Japan oder Großbritannien nun wieder nachlassen und die Entwicklung der BIP-Wachstumsraten wieder stärker konvergieren.
Trend 3: Keine harte Landung in China
Auch in China hat das Wachstum nachgelassen – die Reformmaßnahmen im Frühjahr 2018 gegen das ungezügelte Kreditwachstum entpuppten sich erwartungsgemäß als Wachstumsdämpfer für die chinesische Wirtschaft. Zwar hat die Regierung mit zahlreichen Maßnahmen gegengesteuert, doch die Auswirkungen auf die Wirtschaft weltweit sind laut Galler nicht zu unterschätzen: „China wird ein wesentlicher konjunktureller Brennpunkt im Jahr 2019 sein.“ So sei das Wachstum in China auf 6,4 Prozent – und damit unter die offizielle Marke von 6,5 Prozent – abgerutscht und liege unter dem Vorjahreswert von 6,8 Prozent. „Dennoch sehen wir keine Anzeichen für eine harte Landung und die chinesische Regierung setzt weiterhin alles daran, diese zu vermeiden. So wurden etwa Ende des vergangenen Jahres die Steuern gesenkt, um das verfügbare Einkommen der chinesischen Bevölkerung zu steigern und dieses Jahr wird geplant, die Ausgaben für die Infrastruktur zu erhöhen“, erklärt der Stratege.
Trend 4: Die Inflation bleibt moderat
In 2018 machte sich in ganz Europa und den Industrieländern ein starker Anstieg der Inflation bemerkbar: So stieg die Inflationsrate beispielsweise in der Eurozone von 1,4 Prozent im Oktober 2017 auf 2,2 Prozent im Oktober 2018. „Inzwischen hat das Inflationsgespenst seinen Schrecken verloren“, unterstreicht Tilman Galler. Hauptfaktor sei der sinkende Ölpreis, der im ersten Quartal 2018 noch im Durchschnitt bei 60 US-Dollar pro Barrel lag und inzwischen auf aktuell 53 US-Dollar gefallen ist. „Nicht zuletzt aufgrund der nachlassenden Wachstumsdynamik wird die Inflationsrate in den nächsten Monaten moderat bleiben“, führt Galler aus.
Trend 5: Die Fed pausiert – und die EZB zögert
Nach Darstellung von Tilmann Galler geht der Markt davon aus, dass die Fed im Zeitraum 2020/2021 ihren Zinserhöhungszyklus abgeschlossen haben könnte und dann möglicherweise die Zinsen sogar wieder sinken. „Wir rechnen 2019 noch mit einem Zinsschritt der Fed und gehen davon aus, dass die Fed danach zunächst die folgenden ökonomischen Auswirkungen abwarten wird“, sagt der Stratege. Die EZB dürfte nach Gallers Einschätzung 2019 nicht aktiv werden. Die Einstellung des Anleihen-Kaufprogramms Ende 2018 dürfte damit der vorerst letzte Schritt der EZB hin zur Normalisierung ihrer Geldpolitik gewesen sein.
Trend 6: Der US-Dollar wird schwächer
Die Unterstützung für den US-Dollar sollte nach Gallers Analyse allmählich nachlassen, denn das Zinsgefälle zwischen den Industrieländern habe langsam den Höhepunkt überschritten und der Renditevorsprung der USA dürfte schwächer werden. „Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der US-Dollar 2019 schwächer wird, was wiederum auch für die Aktienmärkte relevant wird und beispielsweise für die Emerging Markets eine gute Nachricht wäre“, sagt der Stratege.
Trend 7: Negative Gewinnrevisionen an den Aktienmärkten
Die Aktienmärkte zeigen nach Ansicht von Tilmann Galler derzeit ein trügerisches Bild: Rein optisch sind sie zwar günstiger geworden und haben den aktuellen Pessimismus eingepreist. Doch das Wachstum der Wirtschaft verlangsamt sich und die Gewinnmargen der Unternehmen sollten in Folge geringer ausfallen. „Aus unserer Sicht ist die optisch günstige Bewertung von Aktien möglicherweise gar nicht so günstig“, erklärt Galler. Trotz des eingepreisten Pessimismus sollte der Optimismus auf der Aktienseite für das weitere Jahr 2019 daher nicht zu groß sein.
Trend 8: Die Volatilität bleibt hoch
Der kräftige Anstieg der Volatilität an den Aktienmärkten in 2018 mit häufigen hohen Tagesschwankungen war eine Rückkehr zur Normalität, nachdem das Jahr 2017 außergewöhnlich ruhig verlaufen war. „Die aktuelle Unsicherheit, wie sie in spätzyklischen Phasen typisch ist, wird dafür sorgen, dass auch 2019 eine erhöhte Volatilität ständiger Begleiter an den Kapitalmärkten sein wird“, betont Tilmann Galler und nimmt damit die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Achterbahnfahrt an den Börsen.
Trend 9: High Yield schlägt Investment Grade
Bei einem Blick auf den Rentenmarkt zeigt sich, dass die Risiken bei Anleihen mit hoher Bonität (Investment Grade) derzeit eher schlecht kompensiert werden. Das Volumen von Investment Grade-Anleihen hat sich laut Galler in den letzten Jahren massiv erhöht, das habe aber gleichzeitig zu einer Verschlechterung der Qualität geführt: Der Anteil von Anleihen mit der niedrigsten Bewertung im Investment Grade-Segment (BBB) ist von 33 Prozent im Dezember 2008 auf 51 Prozent im Dezember 2018 angestiegen. „Aufgrund der nach wie vor sehr niedrigen Risikoprämien im Investment Grade-Bereich favorisieren wir weiterhin das Hochzins-Segment“, erklärt Galler. Die Risiken sieht er hier besser kompensiert, nicht zuletzt angesichts einer Ausfallquote von aktuell lediglich 1,8 Prozent bei US-Hochzinsanleihen.