Aktien in Schwellenländern und Nachhaltigkeit – eine profitable Kombination
Wer in Schwellenland-Werte investiert und dabei auf ESG (Environment, Social and Governance)-Kriterien achtet, agiert nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit, sondern kann obendrein seine Rendite erhöhen.Darüber hinaus bieten höhere ESG-Standards besseren Schutz vor Extremrisiken der Emerging Markets. Besonders der Blick in den Bereich Corporate Governance lohnt sich.
Wer in Schwellenland-Werte investiert und dabei auf ESG (Environment, Social and Governance)-Kriterien achtet, agiert nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit, sondern kann obendrein seine Rendite erhöhen.Darüber hinaus bieten höhere ESG-Standards besseren Schutz vor Extremrisiken der Emerging Markets. Besonders der Blick in den Bereich Corporate Governance lohnt sich.
Von Maximilian Kunkel
Schwellenland-Aktien haben bereits vor einiger Zeit vermehrt ihren Weg in Portfolios gefunden. Auch das Thema Nachhaltigkeit durchdringt schon eine Weile die Finanzwelt. Die Kombination aus beiden Aspekten ist hingegen eine noch recht junge Entwicklung. Bis vor Kurzem war das Interesse von Anlegern aus Emerging Markets an nachhaltigen Investmentlösungen nicht sonderlich hoch und Vermögensverwalterin den Industrienationen boten kaum Möglichkeiten an, nachhaltige Anlagenin Schwellenländer zu tätigen. Das hat sich nun geändert, das Angebot reagiert auf die gestiegene Nachfrage.
Verschiedene Untersuchungen von börsennotierten Aktien der Industrienationen haben belegt, dass die Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Betriebsführungsfaktoren keinen negativen Einfluss auf die Performance hat. In Entwicklungsländern sind solche ESG-Studien rar gesät – Grund ist vor allem die mangelhafte Datenlage. Trotzdem gibt es einige Punkte, die dafürsprechen, dass sich gerade in Schwellenländern die Auseinandersetzung mit ESG-Faktoren bezahlt macht.
Schwellenländer stehen derzeit vor größeren Herausforderungen: Die Bevölkerung wächst stetig, besonders der städtische Raum verdichtet sich zunehmend. In diesem Kontext entsteht gerade eine breite Mittelschicht, deren Kaufkraft und Konsum dem Niveau der Industriestaaten sehr nahekommt. Diese Entwicklung fordert jede Menge Ressourcen. Die Nachfrage nach sowieso schon knappem Wasser und nach Nahrungsmitteln nimmt zu. Im städtischen Raum fehlt es an Versorgungsleistungen wie Energie oder Abfallmanagement. Und auch der Bedarf an langlebigen Gebrauchsgütern steigt. Dieses Umfeld der gestiegenen Nachfrage ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus von Anlegern gerückt. Den offensichtlichen Chancen der Wirtschaft in Schwellenländern stehen im Vergleich zu Industrienationen allerdings auch größere Risiken gegenüber.
Schon aufgrund der geographischen Lage bestehen in den meisten Schwellenländern erhöhte Umweltrisiken. Trockenheit kann zu ausgewachsenen Wasser- und Nahrungsmittelkrisen führen, andere extreme Wetterphänomene können ebenso Ernteausfälle und großflächige Verwüstungen verursachen. Zudem machen sich die Auswirkungen des Klimawandels in solchen Regionen oft zuerst bemerkbar. Und die Urbanisierung bietet auch ohne Umweltkrisen schon genug Konfliktpotential und beherbergt damit ein gewisses Risiko für soziale Instabilität. Doch gerade in der Bewältigung dieser lokalen Herausforderungen und der sozioökonomischen Entwicklungen steckt ein hohes Potential. Nachhaltigkeit spielt dabei eine große Rolle.
Warum ESG-Kriterien so wichtig sind
Unternehmen in Schwellenländern, die ihr Geschäft nach ESG-Kriterien offenlegen und hohe Standards einhalten, leisten darum einen großen Beitrag, das enorme Potential der Schwellenländer nutzbar zu machen. Ein Unternehmen allein kann selbstverständlich keine großflächigen Umweltrisiken senken, das geht nur im Verbund. Doch durch die Einhaltung von sozialen Standards kann es sich gegen Sozialrisiken absichern. Insbesondere hohe Standards im Bereich Unternehmensführung (Corporate Governance)erlaubt es Anlegern, Chancen und Risiken besser abschätzen zu können. Eine gute Unternehmensführung wirkt sich bekanntlich auch generell auf den Erfolg aus und schafft Vertrauen. Im Moment sind die Betriebsführungsregularien in Schwellenländern noch ziemlich lax. Das wird sich jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit ändern. Unternehmen, die heute schon den zukünftigen Anforderungen entsprechen, haben dann einen entscheidenden Vorteil.
Beim Anlegen in Schwellenländern auf ESG-Kriterien zu achten, vermindert aber nicht nur Risiken, sondern hat auch Auswirkungen auf die Rendite. Hierzu lohnt sich ein Blick auf den MSCI EM ESG Index.Die Grundlage für diesen Index ist der MSCI Emerging Markets Index, welcher 830 Aktien in 24 Schwellenländern enthält. Der MSCI EM ESG Index verfolgt einen „best-in-class“-Ansatz. Er bildet den Mutterindex nach Regionen und Sektoren nach, beschneidet die Auswahl jedoch ausschließlich auf Unternehmen, die ein „AAA“-ESG-Rating aufweisen. Der MSCI EM ESG kommt damit knapp auf die Hälfte der Marktkapitalisierung des ursprünglichen Index und hat eine Abweichung der Sektoren- und Regionengewichtung von zwei bis drei Prozent. Das Entscheidende: Seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 2007 hat die Performance des MSCI EM ESG Index die seines Mutterindex stets übertroffen. Zwischen 2013 und 2016 lagen sogar 14,42 Prozentpunkte zwischen den Indizes. Aufgrund des niedrigen Tracking-Errors gegenüber dem Mutterindex lässt sich also durchaus ableiten, dass in Schwellenländern Unternehmen mit hohen ESG-Standards bessere Renditen erwirtschaften. Denn diese Unternehmen haben attraktive Bewertungen, ein größeres Wachstum des Gewinns pro Aktie und ein geringeres Anlagerisiko. Aus Analysen ging außerdem hervor, dass der Faktor „Corporate Governance“ besonders ausschlaggebend für die Outperformance ist.
Mit der Beachtung von ESG-Kriterien im Auswahlprozess bei Anlagenin Schwellenländern stehen die Chancen gut, vom großen Potential der Emerging Marketseffizient zu profitieren. Denn hier bietet sich die Gelegenheit, Risiken zu minimieren, gleichzeitig Renditen zu maximieren und ganz nebenbei noch etwas Gutes für die Umwelt und die Gesellschaft zu tun. Für Anleger ist das im Prinzip eine Win-Win-Win-Situation.
Maximiian Kunkel ist Chefanlagestratege der Schweizer Großbank UBS.