China: Ungebremstes Wachstum
Erst in der Vorwoche hatte die chinesische Notenbank ihre Leitzinsen erneut erhöht und damit den seit einigen Monaten verfolgten Kurs einer strafferen Geldpolitik fortgeführt. Diese scheint bislang aber wenig zu wirken, wie die jüngsten Konjunkturdaten offenbaren.
Zwar verringerte sich das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) etwas von 9,7% im ersten Quartal auf 9,5% im zweiten Jahresviertel und verzeichnete damit das geringste Plus seit zwei Jahren. Dennoch präsentiert sich die chinesische Wirtschaft offenbar unbeeindruckt von den eigentlich bremsenden Faktoren wie steigenden Zinsen, hoher Inflation und den Schuldenkrisen bei den wichtigen Handelspartnern Europa und USA. „China ist es sehr gut gelungen, sein schnelles Wachstum trotz der komplexen und unbeständigen globalen Lage beizubehalten“, sagte ein Sprecher des Statistikamtes.
Volkswirte rechnen nun weiterhin damit, dass die nach den USA weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft auch im Gesamtjahr um mehr als 9% expandieren wird. Allerdings gehen viele Experten von einem etwas langsameren Tempo in der zweiten Jahreshälfte aus. Die hohe Inflation, insbesondere bei Nahrungsmitteln, könnte die Binnenkonjunktur beeinträchtigen. So hatte die Teuerungsrate im Juni mit 6,4% ein 3-Jahres-Hoch erreicht. Im ersten Halbjahr zeigte sich die Binnennachfrage unterdessen noch sehr robust, legte zum Vorjahreszeitraum um 16,8% zu. Ein weiterer Garant für den anhaltenden Aufschwung ist die Industrie, die von Januar bis Juni um 14,3% expandierte. Im Juni waren es sogar 15,1% Plus binnen Jahresfrist.
Allerdings dürften die bereits erfolgten und sicherlich weiteren Schritte einer strafferen Geldpolitik wie höhere Leitzinsen und eine restriktivere Kreditvergabe letztendlich doch bremsend wirken. Zudem könnten sich auch die Schuldenkrise in Europa sowie die eher wackelige US-Konjunktur negativ auf die Exporte auswirken. Daher reagierten die chinesischen Aktienmärkte wohl auch nur verhalten auf die jüngsten guten Wirtschaftsdaten.