EZB zeigt sich großzügig, lässt Zins aber unverändert
Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht ihren Teil zur Krisenbewältigung beizusteuern. Sie wird ihr bestehendes Wertpapierkaufprogramm um zusätzlich insgesamt EUR 120 Mrd. bis zum Jahresende aufstocken. Der Kauf von Unternehmensanleihen soll dabei einen grossen Anteil haben.
Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht ihren Teil zur Krisenbewältigung beizusteuern. Sie wird ihr bestehendes Wertpapierkaufprogramm um zusätzlich insgesamt EUR 120 Mrd. bis zum Jahresende aufstocken. Der Kauf von Unternehmensanleihen soll dabei einen grossen Anteil haben.
Von Dr. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe
Darüber hinaus werden vorübergehend weitere langfristige Refinanzierungsgeschäfte aufgelegt, und die haben es in sich. Die Banken erhalten Vollzuteilung, sie erhalten also den Betrag, den sie benötigen. Der Zinssatz entspricht dabei dem durchschnittlichen Einlagesatz. Heisst soviel wie: Banken können sich so viel Geld bei der EZB leihen wie sie möchten und werden dafür bezahlt. Diese Massnahmen dienen als Überbrückung bis zum nächsten zielgerichteten langfristigen Refinanzierungsgeschäft im Juni 2020.
Im Rahmen der im Juni startenden gezielten langfristigen Refinanzierungsgeschäfte erhalten Banken dann Geld zu – 0.25 %. Diejenigen die ihre Kreditkonditionen in Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Situation unverändert lassen, bekommen sogar einen Rabatt von 25 Basispunkten auf den durchschnittlichen Einlagesatz.
Was die EZB aber nicht gemacht hat, ist den Einlagezins weiter zu senken. Die Währungshüter sind auf der Zinsseite vermutlich ans Ende gekommen – das kommt mit dem unveränderten Einlagesatz zum Ausdruck. Das ist gut so, denn noch niedrigere Zinsen hätten mehr negativen als positiven Nutzen. Es sollte auch bedacht werden, dass die EZB im Rahmen der Überarbeitung ihrer geldpolitischen Strategie ohnehin die Negativzinsen auf den Prüfstand nimmt.
Weniger Mittel vorhanden
Christine Lagarde, die Chefin der EZB, hat sich ihre ersten Monate im Amt sicherlich anders vorgestellt. Der Coronavirus stellt die Französin vor ihre Feuertaufe. Das Arsenal der EZB ist aber nicht mehr allzu voll. So sehr sich die Notenbanken derzeit bemühen, ihr Scherflein zur Krisenbewältigung beizusteuern, noch niedrigere Zinsen und noch mehr Staatsanleihenkäufe werden nur bedingt ökonomischen Nutzen haben. Es müssen jetzt die effektivsten Instrumente benutzt werden.
Es ist richtig, dass die EZB mehr Unternehmensanleihen kaufen will. Das hat einen direkten, positiven Einfluss auf die Unternehmensfinanzierung. Darüber hinaus zeigt sich Lagarde gegenüber den Banken mit den langfristigen Refinanzierungsgeschäften sehr grosszügig. Es verwundert, dass die Märkte nach der Ankündigung dieser Massnahmen so enttäuscht reagieren.
Lagarde machte an der Medienkonferenz nochmals sehr deutlich, dass es jetzt einer abgestimmten Fiskalpolitik bedarf. Wir stimmen der EZB-Chefin vollumfänglich zu. Die Geldpolitik kann nur bedingt Schützenhilfe leisten – auch wenn die Währungshüter in Frankfurt soweit gehen wie kaum eine andere Notenbank bislang. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen brauchen jetzt Zugang zu Liquidität. Der Bankensektor kann aufgrund von strengen Regularien nicht in allen Fällen helfend zur Seite stehen. Richtig ist deshalb die Entscheidung der EZB, Regelungen für Kapitalquoten der Banken zu lockern. Aber nochmals: Ohne Schützenhilfe der Staaten wird es nicht gehen.