Setzt der Euro seine Stärkephase fort?
Während es an den Aktienmärkten auf beiden Seiten des Atlantiks zuletzt eher ruhig zuging, geriet der Kurs des Euro zum US-Dollar spürbar in Bewegung: Von 1,08 US-Dollar Mitte März auf knapp 1,06 US-Dollar Anfang April. In der Folge konnte der Euro jedoch wieder deutlich zulegen – und bewegt sich aktuell rund um die Marke von 1,12 US-Dollar. Was Anleger jetzt beachten sollten.
Während es an den Aktienmärkten auf beiden Seiten des Atlantiks zuletzt eher ruhig zuging, geriet der Kurs des Euro zum US-Dollar spürbar in Bewegung: Von 1,08 US-Dollar Mitte März auf knapp 1,06 US-Dollar Anfang April. In der Folge konnte der Euro jedoch wieder deutlich zulegen – und bewegt sich aktuell rund um die Marke von 1,12 US-Dollar. Was Anleger jetzt beachten sollten.
Von Ulrich Stephan
Die jüngste Aufwertung des Euro mag auf den ersten Blick überraschen. Denn der Unterschied zwischen den Kapitalmarktzinsen in den USA und der Eurozone hat sich seit Anfang April kaum verändert. Dass Anleger die Eurozone zuletzt trotzdem verstärkt in den Fokus genommen haben und damit die Nachfrage nach der Gemeinschaftswährung befeuerten, dürfte daher in erster Linie politische Gründe gehabt haben. Denn während sich in den USA die Zweifel mehren, ob beziehungsweise in welchem Umfang Präsident Donald Trump seine wirtschaftsfördernden Pläne wird durchsetzen können, haben die Unsicherheiten in der Eurozone insbesondere durch den Ausgang der Frankreichwahl abgenommen.
Fed auf Zinserhöhungskurs, EZB weiter expansiv
Dass die Stärkephase des Euro mittelfristig anhalten wird, ist aus Sicht der Deutschen Bank jedoch unwahrscheinlich – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen geldpolitischen Tendenzen in den beiden Regionen. So befindet sich die US-Notenbank Fed aufgrund der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA aktuell in einem Zinserhöhungszyklus. Nach der jüngsten Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte am 14. Juni rechnet die Deutsche Bank in diesem Jahr noch mit einem weiteren Zinsschritt seitens der Fed.
Demgegenüber hat die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer jüngsten Sitzung Anfang Juni die Fortführung ihrer expansiven Geldpolitik bekräftigt. So waren sich die Mitglieder des EZB-Rats einig, dass die wirtschaftlichen Risiken für die Eurozone ausgewogen sind und nicht mehr abwärts weisen.
Gleichzeitig wurden die Inflationsprognosen angesichts gesunkener Energiepreise ebenfalls nach unten revidiert. Deshalb fehlte im Statement der EZB zur langfristigen Geldpolitik auch ein Hinweis auf weitere mögliche Zinssenkungen. Die Deutsche Bank hält es nun für wahrscheinlich, dass im Dezember das Anleiheankaufprogramm um ein halbes Jahr verlängert wird – allerdings mit einem reduzierten Volumen von 40 Milliarden Euro. Mit einer Leitzinserhöhung dürfte nicht vor Mitte 2019 zu rechnen sein.
Stärkephase des Euro vermutlich nur temporär
Die Deutsche Bank rechnet damit, dass diese unterschiedlichen geldpolitischen Ausrichtungen bald wieder stärker in den Fokus der Marktteilnehmer rücken werden: Ein Ansteigen der Kapitalmarktzinsen in den USA sollte die Kapitalströme wieder verstärkt nach Übersee führen. Die derzeitige Stärke des Euro dürfte entsprechend nur temporärer Natur sein und der US-Dollar gegenüber der Gemeinschaftswährung künftig wieder aufwerten. Die Prognose zum Jahresende für den Euro-US-Dollarkurs liegt bei 1,02.
Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.