Trotz Zolleinigung: Börsen weltweit auf Talfahrt
Einigung in letzter Minute! Donald Trump befreit die EU von der Drohung, dass Strafzölle auf Stahl und Aluminium erhoben werden. Jedenfalls vorläufig. Gegen China dagegen schnürt er sofort ein Maßnahmenpaket in Höhe von 60 Milliarden Dollar. Xi Jinping will reagieren. Unter Anlegern wächst damit die Angst vor einem Handelskrieg und vor wachsendem chinesischem Preisdruck in Europa. An den Märkten folgt prompt der nächste Ausverkauf.
Einigung in letzter Minute! Donald Trump befreit die EU von der Drohung, dass Strafzölle auf Stahl und Aluminium erhoben werden. Jedenfalls vorläufig. Gegen China dagegen schnürt er sofort ein Maßnahmenpaket in Höhe von 60 Milliarden Dollar. Xi Jinping will reagieren. Unter Anlegern wächst damit die Angst vor einem Handelskrieg und vor wachsendem chinesischem Preisdruck in Europa. An den Märkten folgt prompt der nächste Ausverkauf.
Für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dürfte es eine große Genugtuung sein. Noch nicht lange im Amt, hatte er sich gemeinsam mit der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström im letzten Moment nochmal persönlich dafür eingesetzt, dass die EU mit Blick auf Trumps angekündigte Strafzölle eine Ausnahme erhält. Wie sich anschließend herausstellte, mit Erfolg. Sowohl die EU als auch Südkorea, Argentinien, Brasilien und Australien müssen vorläufig und vorerst nicht mit einer Erhöhung der US-Einfuhrzölle auf ihre Stahl- und Aluminium-Ausfuhren rechnen. Eigentlich klingt das nach Entspannung. Diese Ausnahme sei, zumindest vorläufig, ein Sieg der Vernunft, sagte BGA-Präsident Holger Bingmann und fügte hinzu: „Uns fällt ein großer Stein vom Herzen.“
Doch so wirklich entspannt ist niemand. „Noch ist die Gefahr eines Handelskrieges nicht gebannt“, warnte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Geht es nach Trump, soll China die Strafzölle weiterhin mit voller Härte zu spüren bekommen. Dem Anschein nach, ist ein Maßnahmenpaket im Wert von bis zu 60 Milliarden Dollar im Gespräch. China will reagieren, hat unter anderem Einfuhrzölle in Höhe von 25 und 15 Prozent auf Schweinefleisch beziehungsweise Stahlrohre, Früchte und Wein angekündigt. Hinzu kommt eine Liste mit 128 Produkten, auf die man sich vorstellen kann, in Zukunft noch Zölle zu erheben. „China wird sich nicht tatenlos zurücklehnen. Wir sind bereit, unsere legitimen Interessen zu verteidigen“, hieß es am Freitag auf der Internetseite des Handelsministeriums.
Mit Blick auf die EU befürchten einige Experten außerdem, dass China in Folge der Stahl- und Aluminium-Zölle seine Schiffe nun vermehrt Kurs in Richtung Europa nehmen lässt. Das könnte dann wiederum die Großhandelspreise hierzulande unter Druck setzen. Trump hätte somit, zumindest in diesem Sektor, das Problem mit den chinesischen Dumping-Preisen nach Europa verlagert und damit trotz der Ausnahmegenehmigungen den ersten Satz eines wohl noch langen Handelswettstreits gewonnen.
Noch weniger entspannt ist man mit Blick auf Donald Trumps Handelspolitik an der Börse. Zölle würden sowohl die Kosten für Unternehmen als auch die Ausgaben von Verbrauchern erhöhen, was wiederum die Inflation ankurbeln dürfte, gab John Stopford vom Vermögensverwalter Investec zu bedenken. Dann wäre die FED gefragt, so die Marktbeobachter der Commerzbank. Heißt: Noch mehr oder schnellere Leitzins-Anhebungen, als ohnehin schon geplant.
Ein Grund für Anleger, die Indizes weltweit und der Reihe nach in den Keller zu schicken. Damit sorgten sie im laufenden Jahr bereits zum dritten Mal für einen mehr als kräftigen globalen Kursrutsch. So fiel der Dax am Freitag zwischenzeitlich um mehr als zwei Prozent auf 11.842 Punkte und kam seinem bisherigen Jahrestief vom fünften März bei 11.830 Punkten gefährlich nahe. Auf Wochensicht büßte Deutschlands Leitindex gar mehr als vier Prozent ein. Das dürfte die Stimmung weiter belasten, glaubt die DZ-Bank. Auch in Frankreich und Großbritannien beherrschten die roten Zahlen das Parkett. Der CAC40 gab zum Ende der Woche um 1,92 Prozent nach, der FTSE 100 verlor 0,97 Prozent. Der EuroStoxx50 stürzte zudem erstmals seit mehr als einem Jahr unter die Marke von 3.300 Punkten. Ausgehend von seinem Januarhoch, hat der Index 2018 nun schon elf Prozent verloren. Neben den Bankaktien, erwischte es vor allem auch konjunkturabhängige Werte, wie beispielsweise die Papiere von Automobilproduzenten.
Ihren Ursprung hatten die herben Verluste einmal mehr in den schlechten Vorgaben aus den USA. Am Donnerstag waren dort Dow Jones und S&P500 um drei beziehungsweise 2,5 Prozent gefallen. Damit näherten sich beide wieder ihren Jahrestiefs. Der Volatilitätsindex VIX stieg derweil wenig überraschend an, teilweise bis auf 22 Punkte. Werden die Jahrestiefs nach unten hin durchbrochen, könnte dies eine weitere und womöglich noch stärkere Verkaufswelle auslösen.
Auch wenn die Wall-Street am Freitag schon wieder freundlicher in den letzten Handelstag der Woche startete, scheint dies absolut im Bereich des Möglichen. Und daran sind freilich nicht nur Trumps politische Spielchen schuld. Die Aktienmärkte seien gleichzeitig und weiterhin hoch bewertet, während die geldpolitische Unterstützung der Notenbanken allmählich nachlasse, so John Stopford. Mit Blick auf Deutschland bereitet Anlegern auch die Entwicklung des Ifo-Geschäftsklimaindex Sorgen. Im März fiel jener nun schon zum zweiten Mal in Folge. Der Index für die Geschäftsaussichten sank sogar schon den vierten Monat nacheinander. Die Signale seien damit eindeutig, schreibt die VPBank. Der Wachstumszenit werde derzeit durchschritten.
Alles in allem scheinen derzeit zu viele negative Nachrichten auf einmal bei Anlegern einen gefährlichen Mix aus Unsicherheit und Nervosität zusammenzurühren. Und so reichen inzwischen schon wenige Meldungen in Bezug auf wachstumshemmende Faktoren aus, um die Kurse weltweit auf Talfahrt zu schicken. Mit gutem Willen kann man bislang noch von ausgeprägten Gewinnmitnahmen sprechen, doch wehe die Nervosität wird auf einmal zu groß. Mögliche Gründe, um vor allem die Aktienkurse in den USA und Europa nach ihren Rekordläufen in den letzten Jahren noch ein Stück weiter gen Süden zu schicken, gibt es derzeit schließlich genug. OG