Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Wahlen in Frankreich: Zyklische Aktien profitieren bei Macron-Sieg

Der Ausblick für europäische Aktien ist positiv, da Umfragen zufolge der pro-europäische Macron gegenüber der Euroskeptikerin Le Pen in der zweiten Runde vorne liegt. Außerdem wird die gute Stimmung dadurch gestärkt, dass die Umfragen den Wahlsieg Macrons und den zweiten Platz Le Pens in der ersten Runde korrekt vorhergesagt hatten. Bei einem Sieg von Macron ist eine risikobereite Positionierung zu bevorzugen. Warum?

BÖRSE am Sonntag

Der Ausblick für europäische Aktien ist positiv, da Umfragen zufolge der pro-europäische Macron gegenüber der Euroskeptikerin Le Pen in der zweiten Runde vorne liegt. Außerdem wird die gute Stimmung dadurch gestärkt, dass die Umfragen den Wahlsieg Macrons und den zweiten Platz Le Pens in der ersten Runde korrekt vorhergesagt hatten. Bei einem Sieg von Macron ist eine risikobereite Positionierung zu bevorzugen. Warum?

Von Viktor Nossek

Insbesondere geht es bei dieser entscheidenden Runde um Aktien mit höherem Beta, wie europäische Small Caps oder Banken, die Anlegern sowohl taktische als auch strategische Möglichkeiten hinsichtlich des binnenwirtschaftlichen Wachstums in Europa bieten. Bei einem Sieg Le Pens ist jedoch möglicherweise eine Absicherung langfristiger Risiken bei Aktien angebracht, ebenso die Allokation in Anlagen, die einen sicheren Hafen bieten. Länderspezifische oder exportorientierte Aktienstrategien können ebenfalls attraktiv sein, da die politische Instabilität in Europa den Euro erneut unter Druck setzt.

Standardszenario: Macron wird Aktien mit hohem Beta beflügeln

Macrons 24-Punkte-Führung in den Umfragen macht ihn zum klaren Favoriten in der zweiten Runde gegen Le Pen. Dieser Vorteil hält sich auch angesichts aktueller Terroranschläge, was unterstreicht, wie schwer es den Rechtsextremen fällt, desillusionierte politisch gemäßigte Wähler für sich zu gewinnen. Es ist wahrscheinlich, dass Links- und Mitte-Rechts-Wähler eher zur weniger riskanten, liberaleren Agenda von Macron tendieren werden, um den Aufstieg der Rechtsextremen abzuwenden.

Aus diesem Szenario ergibt sich eine risikobereite Positionierung, da die Bedrohung für das europäische Projekt sinkt. Das Engagement für das EU-Projekt wird sich wahrscheinlich positiv auf die Zuversicht der Anleger auswirken und die Divergenz bei den Anleiherenditen in der Eurozone umkehren. Jetzt schon lassen sich Hinweise auf diesen Trend auf den Anleihenmärkten ausmachen – die Spreads zwischen zehnjährigen französischen Staatsanleihen und zehnjährigen deutschen Bundesanleihen gingen im Nachgang der Wahlen um 30 Basispunkte deutlich zurück. Doch gegenüber den Spreads von 30 Basispunkten vor den Wahlen erscheinen die aktuellen Spreads von 50 Basispunkten übertrieben, was auf mehr Spielraum für sinkende Spreads schließen lässt.

Bei Aktien ist es wahrscheinlich, dass breit angelegte Eurozonen-Aktienkörbe weiterhin anziehen werden. Anleger, die sich mit Überzeugung auf einen Sieg Macrons einstellen, werden möglicherweise ein Engagement in Aktien mit hohem Beta in Betracht ziehen – so etwa hebelfinanzierte langfristige Engagements bei Banken der Eurozone oder deutschen Aktien als taktische Möglichkeiten. Für die Banken der Eurozone sprechen vor allem die stark diskontierten Bewertungen, zu denen sie gehandelt werden, sowie eine kontinuierlich steiler werdende Zinskurve, die die Renditechancen aus Carry-Trades wiederaufleben lässt. Small-Cap-Strategien und Aktienengagements mit einer Neigung zu Qualität und Wachstum sollten für den Rest des Jahres 2017 als strategische Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.

Ein Szenario mit geringer Chance

Ein Sieg Le Pens bedeutet Pessimismus bei risikoreicheren Anlagen, gute Stimmung bei Gold und Renditen aus europäischen Staatsanleihen auf potenziell neuen Rekordwerten. Dieser Sieg ist aufgrund der steigenden Beliebtheit von Populisten weiterhin möglich, jedoch sehr unwahrscheinlich. Hierbei wird Le Pens Wirtschaftspolitik entscheidend sein, die bei desillusionierten Links- und Mitte-Rechts-Wählern mehr Anklang finden wird als Macrons wage Reformversprechungen. Eine solche dramatische Verschiebung beim Willen der Wähler ist zu diesem Zeitpunkt weit hergeholt, kann jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden, nicht zuletzt, wenn die Volksparteien unter dem Druck stehen, dem Nationalismus gegenüber der EU-Politik den Vorzug zu geben. Letztendlich wird dies die Koalitionsbildung im Parlament erschweren oder noch schlimmer, langfristig ein Schlupfloch für die Politik der Hardliner bieten.

Le Pens radikale Außenpolitik und ihr zusammenhangloser Wirtschaftsplan ist eine Bedrohung für die allgemeine Stabilität des europäischen Projekts und der französischen Wirtschaft. Bei diesem Szenario sind Aktien, die Staatsschulden in der Eurozonen-Peripherie und der Euro dem höchsten Risiko ausgesetzt. Anleger ziehen möglicherweise eine hebelfinanzierte Short-Positionierung in Betracht. Das Risiko eines EU-Referendums, die Umdenominierung von Schulden (in französische Franc) und eine Nationalisierung untergraben die Zuversicht der Anleger und setzen französische Staatsanleihen erneut unter Druck. Dies führt außerdem zu Volatilität bei Aktien in politisch sensiblen Sektoren wie Banken, Energie und Versorgerwerten.

Bei einem solchen Szenario wird eine risikoaverse Positionierung der Anleger erwartet, was die ohnehin schon hohe Nachfrage nach deutschen Bundesanleihen verstärkt und den europäischen Anleihenmarkt noch stärker polarisiert. Angesichts langfristiger Renditen von fast Null, scheint Gold zu einer brauchbaren Alternative zu werden. Die Absicherung breit angelegter Portfolios aus europäischen Aktien und Peripherie-Anleihen durch inverse (short) Engagements sollte in Betracht gezogen werden.

Langfristig könnte der Druck auf den Euro ein Segen für Exporteure in der Eurozone sein, da Anleger ihre Wachstumserwartungen bei Umsätzen und Gewinnen nach oben korrigieren. Länderspezifische Strategien wie etwa Deutschland bieten Anlegern, die europäische Aktienengagements unterschiedlich behandeln wollen, möglicherweise die beste Risiko-Ertrags-Chance, insbesondere dann, wenn es darum geht, politisch sensible Sektoren wie die Versorgungs- und die Energiebranche, an denen Regierungen in der Regel strategische Anteile halten, zugunsten von Engagements in zyklischeren Sektoren zu vermeiden. Die exportorientierten Strategien von WisdomTree bieten ein effizientes Mittel, um diesen Motiven zu folgen, da sie breit angelegte Portfolios mit dividendenausschüttenden Unternehmen mit einem Overlay zur Währungsabsicherung, durch das Währungsschwankungen für internationale Anleger abgemildert werden sollen, verbinden.

Fazit

Der starke Anstieg der Aktienkurse spiegelt die steigenden Erwartungen für einen deutlichen Sieg Macrons gegen Le Pen wider. Dieses Ergebnis begünstigt Aktien mit hohem Beta, wie europäische Small Caps oder Banken. Sie sind die beste Wahl für Anleger, die einen Status quo im gespaltenen politischen Umfeld Europas und ein schwaches Wirtschaftswachstum erwarten. Im Gegensatz dazu würde ein überraschender Sieg Le Pens sowohl die Selbstzufriedenheit der Märkte als auch Risikoaktiva abstrafen. Die wachsende politische Unsicherheit und der Druck auf den Euro würden zu neuen Chancen für breit angelegte oder länderspezifische exportorientierte Aktien führen.

Viktor Nossek ist Director of Research bei WisdomTree Europe.