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Warum der Aufwärtstrend am Aktienmarkt 2024 anhalten dürfte

Zu hohe Zinssenkungserwartungen im Markt? Nein, da geht noch mehr! Dr. Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender MainSky Asset Management, glaubt, dass die Notenbanken deutlichere Zinsschritte nach unten veranlassen als gedacht.

(Foto: telesniuk / Shutterstock)

Zu hohe Zinssenkungserwartungen im Markt? Nein, da geht noch mehr! Dr. Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender MainSky Asset Management, glaubt, dass die Notenbanken deutlichere Zinsschritte nach unten veranlassen als gedacht.

Spät kam sie, dann aber mit voller Wucht: die Einsicht der Notenbanken, dass sie im Kampf gegen die Inflation überzogen haben. Ging der Markt noch im September von weiteren Zinserhöhungen bzw. von für lange Zeit hohen Leitzinsen aus, hat die Fed nun eine überraschende Kehrtwende vollzogen und damit den Zinssenkungserwartungen freien Lauf gelassen. Während sie sich 2024 drei Schritte von je 25 Basispunkten vorstellen kann, geht der Markt von doppelt so viel Senkungspotenzial aus. Überzogen sei dies und auch die mahnenden Stimmen die Rally am Aktienmarkt betreffend werden lauter. Wir aber gehen davon aus, dass sowohl die Fed als auch die EZB mit der sich beschleunigenden Disinflation zu noch viel stärkeren Zinssenkungen gezwungen sein werden. Und weil der moderate Rückgang der Unternehmensgewinne in einer von uns nur milde erwarteten Rezession in den USA von den Bewertungsaufschlägen durch tiefere Zinsen mehr als kompensiert wird, bleiben wir für das Jahr 2024 sehr optimistisch für den Aktienmarkt.

Es kam schon einem geldpolitischen Paukenschlag gleich, was Fed-Chef Jerome Powell auf der letzten Sitzung des Jahres zu verkünden hatte. Die US-Notenbank hat nicht nur den sogenannten Pivot, also den Wendepunkt in den Leitzinsen, offiziell gemacht, sondern die Märkte gleich mal auf 75 Basispunkte Zinssenkungen 2024 eingestellt. Zudem hat sie ihre Inflationsprognosen für die kommenden beiden Jahre gesenkt. Die Fed wird mittelfristig aus ihrer derzeit noch stark restriktiven Geldpolitik aussteigen und in schnellen Schritten zum neutralen Zins zurückkehren. Sie erklärt die inflationären und wirtschaftlichen Verzerrungen durch die Corona-Pandemie für beendet und will zurück in die Normalität. Mit der Entschlossenheit der Fed zur Lockerung der Finanzierungsbedingungen nimmt auch das Risiko einer starken Rezession der US-Wirtschaft ab, die für den Fall einer längeren Beibehaltung der restriktiven Geldpolitik wohl kaum zu vermeiden gewesen wäre.
 
Rückkehr in die geldpolitische Normalität

Noch allerdings halten EZB und Fed an einer stark nachfragedämpfenden, d.h. restriktiven Geldpolitik fest, was sich am starken Rückgang der Kreditnachfrage ablesen lässt. Zeitgleich verbessern sich in den USA die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaft deutlich. Die Arbeitsproduktivität nimmt stark zu und die Verbesserungen auf der Angebotsseite haben es ermöglicht, dass trotz eines Wachstums von über fünf Prozent im letzten Quartal die Inflation deutlich abgenommen hat. Im nächsten Jahr erwarten wir durch eine Kombination aus weiteren Angebotsverbesse-rungen und gleichzeitig weniger Nachfrage einen Rückgang der Inflation bis zum Sommer auf unter zwei Prozent und damit auf ein Niveau, das für die Fed zu tief sein wird, insbesondere da die Kerninflation auf unter null Prozent fallen sollte. Langfristig sollte sich die Teuerung wieder bei rund zwei Prozent einpendeln.

Euro-Leitzinsen wieder Richtung null Prozent

In Europa ist die Ausgangslage zwar etwas anders als in den USA, da hier keinerlei Verbesserungen in der Angebotsstruktur der Wirtschaft zu erkennen sind. Eher das Gegenteil ist der Fall, die politische Priorisierung des ökologischen Umbaus der Wirtschaft zerstört die Angebotsstruktur weiter, die Arbeitsproduktivität stagniert bestenfalls und das Potenzialwachstum der Wirtschaft nimmt ab. Hier ist so ziemlich das Gegenteil der US-Entwicklung zu beobachten, was auch die jüngst höhere Resilienz der Euro-Inflation erklärt. Dafür aber wird der Druck auf die Inflation über die Schwächung der Nachfrage höher ausfallen als in den USA, auch, weil die Fiskalpolitik in Europa, insbesondere in Deutschland, stark restriktiv ist. Somit wird auch die EZB keine andere Wahl haben, als die Zinsen zu senken, da sie die einzige Institution ist, die in einem Umfeld abnehmenden Potenzialwachstums und restriktiver Fiskalpolitik einen expansiven Impuls setzen kann. Für 2024 erwarten wir Zinssenkungen der EZB zwischen 150 und 200 Basispunkten. Mittelfristig gehen wir sogar davon aus, dass sich die Leitzinsen in der Eurozone wieder Richtung Null-Schwelle bewegen und die EZB ein neues Anleihenkaufprogramm wird starten müssen.
 
Fed könnte 2024 um bis zu 250 Basispunkte senken

In den USA rechnen wir für 2024 mit Zinssenkungen von 250 statt 150 Basispunkten durch die Fed, in jedem Fall mehr, als der Konsens heute erwartet. Die erste Zinssenkung sollte im März stattfinden. In unserem Szenario einer milden Rezession der US-Wirtschaft sollte deshalb das übergeordnete Aktienmarktumfeld zwar durch einen moderaten, aber wenig dramatischen Rückgang der Unternehmensgewinne gekennzeichnet sein. Andererseits aber erhalten Aktien eine deutliche Unterstützung bei den Bewertungen durch die stark sindenden Zinsen. Dabei gilt, dass der Effekt der niedrigeren Gewinne linear ist bzw. nur das laufende Jahr betrifft, der positive Bewertungseffekt (d.h. der niedrigere Diskontfaktor) aber exponentiell ist, da er alle zukünftigen Gewinne betrifft. Somit ist es unter diesem Aspekt intuitiv, Wachstumstitel gegenüber Value-Titeln zu bevorzugen.
 
Fortsetzung der Hausse bei den „Magnificent 7“

Gerade für US-Big Tech und die „Magnificent 7“ erwarten wir eine Fortsetzung der Hausse. Neben tieferen Zinsen bzw. der Unterstützung über die Bewertungen sollten diese Aktien im Laufe des Jahres 2024 auch von einem Ende des QT-Programms der Fed und damit wieder besseren Liquiditätsbedingungen profitieren. Fundamental ist die Margen- und Gewinnentwicklung in diesen Titeln weiterhin „Outstanding“ und das Investmentthema KI/AI bzw. Technologie sollte 2024 im Fokus bleiben. Auch das Argument der hohen Bewertungen in diesem Sektor muss man relativieren. Es stimmt zwar, dass das Forward-P/E in den sechs Aktien mit 38 deutlich über dem S&P 500 Equal Weight von 18 liegt, aber verglichen mit der Historie der vergangenen sieben Jahre sind die Bewertungen in diesem Sektor niedrig. Dies zeigt deutlich, dass die Straffung der Fed seit Ende 2021 auch hier zu Bewertungsabschlägen geführt hat, welche im Umkehrschluss hohes Potenzial für Bewertungsausweitungen im Zinssenkungsumfeld zeigen. Somit sind für uns alle Bedingungen für eine Fortsetzung der Rally in diesem Sektor gegeben, wobei Zinssenkungen und ein Ende von QT der entsprechende Katalysator sein sollten.

Europa bleibt abgehängt

Für Europa bleibt der Aktienmarktausblick weniger günstig, weshalb wir in unseren Allokationen den alten Kontinent weitgehend meiden. Zwar sprechen grundsätzlich auch hier die erwarteten Zinssenkungen für eine günstigeres Aktienmarktumfeld, aber in Europa sollte – wie beschrieben – die Disinflation primär über eine schwächere Nachfrage erreicht werden. Dies stellt grundsätzlich für die Aktienmärkte ein schlechteres Umfeld da, da nachfragegetriebene Disinflation mit schwächeren Unternehmensgewinnen einhergeht. Zudem ist die Aktienmarktentwicklung in Europa seit dem Russland-Krieg sehr abhängig von der globalen Energiepreisentwicklung, da Europa als Energieimporteur sehr anfällig für steigende Energiepreise bzw. Energiepreisschocks bleibt. Auch hier sind die USA als Nettoenergieexporteur besser aufgestellt. Zudem ist die wenig Technologie-, dafür aber eher Industrie- und Banken-lastige Struktur des europäischen Aktienmarktes für ein Umfeld schwächeren globalen Wachstums wenig attraktiv. Europa leidet im Vergleich zu den USA an einem chronisch weniger profitablen Unternehmenssektor, was sich in einer niedrigeren Gewinnentwicklung widerspiegelt und bereits seit Jahren die Underperformance gegenüber dem US-Markt erklärt.