Wasser macht sich gut im Portfolio
Die weltweite Wasserversorgung stößt zunehmend an ihre Grenzen: In Kapstadt droht die öffentliche Wasserversorgung zusammenzubrechen, in Bolivien ruft die Regierung den Notstand aus. Investitionen in die Wasserinfrastruktur sind bitter nötig – und machen Wasser zu einer rentablen, langfristigen Anlagemöglichkeit.
Die weltweite Wasserversorgung stößt zunehmend an ihre Grenzen: In Kapstadt droht die öffentliche Wasserversorgung zusammenzubrechen, in Bolivien ruft die Regierung den Notstand aus. Investitionen in die Wasserinfrastruktur sind bitter nötig – und machen Wasser zu einer rentablen, langfristigen Anlagemöglichkeit.
Von Maximilian Kunkel
Genau wie die Luft zum Atmen ist Wasser ein Grundstein des Lebens. Doch der Zugriff auf Wasser ist im Gegensatz zur Luft alles andere als selbstverständlich. Und es ist abzusehen, dass die Balance zwischen Nachfrage und Angebot noch weiter aus dem Gleichgewicht gerät. Sowohl natürliche Faktoren wie der Klimawandel, als auch sozioökonomische Entwicklungen wie das anhaltende Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung, höhere Lebensstandards und die fortschreitende Industrialisierung in Schwellenländern führen zu bedrohlicher Wasserknappheit in bevölkerungsreichen Regionen. Vielerorts verschärft sich diese Dynamik durch eine unzureichende und schlecht ausgebaute Wasserinfrastruktur sowie durch eine ineffiziente Nutzung. Folgerichtig sind Investitionen in den Wassersektor unausweichlich, um die Funktionsfähigkeit von Städten und sogar ganzen Staaten zu gewährleisten.
UBS geht davon aus, dass ein gut diversifiziertes Portfolio zum Anlagethema Wasser den MSCI-World-Index über den gesamten Konjunkturzyklus übertreffen wird. Denn eines ist sicher: Das Bedürfnis nach Wasser wird in Zukunft nicht abbrechen. Insbesondere Wasserversorger dürften von Investitionen in den Markt profitieren, denn sie benötigen eine funktionierende Infrastruktur, dazu treten sie als Käufer und Lieferanten von industriellen Anlagen auf.
Was passiert, wenn Wasserknappheit zu lange vernachlässigt wird, zeigt ein Blick nach Kapstadt. Dort sinken die Vorräte schon seit Jahren und trotzdem hat sich an der mangelhaften Wasserinfrastruktur bis heute kaum etwas geändert. Natürlich lässt sich eine effiziente Regulierung nur mit hohem Aufwand umsetzen, doch die aktuelle Lage dürfte das gesamte Land nun um einiges teurer zu stehen kommen. Wasser wird in Kapstadt wohl bald nur noch an öffentlichen Ausschankstellen verfügbar sein (offiziellen Schätzungen zufolge ab dem 11. Mai). Von diesem Zeitpunkt an erhält die ortsansässige Bevölkerung täglich nur noch 25 Liter pro Kopf – fünf Liter mehr als die von der WHO definierte Wassermenge von 20 Litern, die zum kurzfristigen Überleben nötig ist. Die üblichen Wasserleitungen werden währenddessen vorerst stillgelegt.
Das zentrale Problem in Kapstadt ist ein seit den 1990er Jahren bestehender Urbanisierungstrend, der mit einem starken Bevölkerungswachstum von rund zwei Prozent jährlich einhergeht. Der Ausbau der Wasserinfrastruktur konnte mit diesem Trend nicht mithalten. Zudem wurde die Region von einer mehrjährigen Dürre erfasst und die lokale Regierung schaffte es trotz langen Bemühungen nicht, den Wasserverbrauch zu regulieren. Sollte es tatsächlich zu dieser drastischen Beschränkung von 25 Litern täglich kommen, ist das gesellschaftliche Chaos vorprogrammiert. Aber auch wirtschaftlich ist mit verheerenden Folgen zu rechnen – zumal die zweitgrößte Stadt Südafrikas für 9,9 Prozent des gesamten Bruttoinlandprodukts verantwortlich ist.
Kapstadt ist allerdings kein Einzelfall. In Bolivien werden zwei wichtige Staudämme, welche die Hauptstadt La Paz mit Wasser versorgen, mit nur fünf bzw. einem Prozent ihrer Kapazität betrieben. Zudem verlor das Land laut den Vereinten Nationen in nur zwei Jahrzehnten mindestens 40 Prozent seiner Gletscher. Solche Vorkommnisse werden sich aller Voraussicht nach häufen. In einer Studie prognostiziert das Massachusetts Institute of Technology (MIT), dass besonders Nordchina, Pakistan und Afghanistan aufgrund von Klimaveränderungen mit Wasserknappheit zu kämpfen haben werden. In bevölkerungsreichen Regionen Indiens, Chinas und auf dem asiatischen Festland wird die Wasserversorgung laut der Studie vor allem durch sozioökonomische Faktoren erschwert. Das MIT berichtet außerdem, dass die Wasserinfrastruktur in diesen Gebieten neuen Anforderungen wie einem steigenden Konsumverhalten oder einer fortschreitenden Industrialisierung und Agrarwirtschaft nicht gewachsen ist. Ohne Investitionen in die Wasserwirtschaft dieser Regionen wird es kaum möglich sein, den steigenden Bedarf zu decken.
Trotz dieser eindeutigen Dynamik müssen Anleger auch Risiken beachten. Grundsätzlich ist der Wassersektor zwar weniger zyklisch, einige Unternehmen stehen jedoch unter dem Einfluss des konjunkturabhängigen Industriesektors. Eine langfristig prognostizierte Outperformance gilt daher für den Gesamtzyklus und kann innerhalb eines Konjunkturzyklus schwanken. Weiterhin spielt die Investitionsfähigkeit von Gemeinden eine große Rolle für den Ausbau der Wasserinfrastruktur. Häufig kommt es hier zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Diese sind für Investitionen zwar förderlich, allerdings entsteht durch die Beteiligung der Privatwirtschaft eine Abhängigkeit von Kreditvergabekapazitäten der Kapitalmärkte und Banken. Dementsprechend können vorübergehende Unsicherheiten geringere Investitionen in den Wassersektor zur Folge haben. Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung des Sektors können auch politische Maßnahmen in Form von Vorschriften und Regulierungen hinsichtlich der Wasserversorgung einen bedeutenden Einfluss haben.
Mit einem langfristigen Anlagehorizont und breiter Diversifizierung können Anleger diesen Risiken jedoch vorbeugen. Die wachsenden klimabedingten und sozioökonomischen Herausforderungen versprechen ein bedeutendes Wachstum des Wassermarkts. Besonders die aktuellen Warnsignale, wie zum Beispiel im Fall Kapstadt, dürften viele Regionen zum Handeln bewegen.
Maximilian Kunkel ist Chef-Anlagestratege der UBS Deutschland.