Australien: Weltrekord beim Wirtschaftswachstum!
Der kleinste Kontinent der Welt hat geschafft, wovon Staaten auf der ganzen Welt träumen. Seit 26 Jahren, mehr als ein Vierteljahrhundert also, kann Australien auf ein ununterbrochenes Wirtschaftswachstum blicken – Ein Weltrekord. Die Experten der Bayern LB haben das Land der Aborigines in ihrer Länderanalyse daher einmal genauer unter die Finanz- und Wirtschaftslupe genommen.
Der kleinste Kontinent der Welt hat geschafft, wovon Staaten auf der ganzen Welt träumen. Seit 26 Jahren, mehr als ein Vierteljahrhundert also, kann Australien auf ein ununterbrochenes Wirtschaftswachstum blicken – Ein Weltrekord. Die Experten der Bayern LB haben das Land der Aborigines in ihrer Länderanalyse daher einmal genauer unter die Finanz- und Wirtschaftslupe genommen.
Die umfangreichen natürlichen Ressourcen spielen im Wirtschaftsmodell Australiens seit jeher eine wichtige Rolle. Australien besitzt Vorkommen an Eisenerz, Kohle, Bauxit, Kupfer, Zinn, Silber, Gold, Nickel, Uran, Wolfram, Blei, Zink, Diamanten, Gas und Öl. Während in der Vergangenheit die Landwirtschaft einen hohen Stellenwert in der Wertschöpfung einnahm, sind heute der Rohstoffsektor sowie der Tourismus deutlich wichtiger.
Australien kann auf 26 Jahre ununterbrochenen Wirtschaftswachstums zurückblicken und hat damit einen neuen Weltrekord aufgestellt. 2016 wuchs die Wirtschaft preisbereinigt um 2,5 Prozent und wird auch in den Folgejahren ähnlich stark zulegen. Getrieben ist diese Wachstumsstory vom zur Jahrtausendwende einsetzenden Rohstoffboom, der auf die rasante Wirtschaftsentwicklung Asiens, allen voran Chinas, zurückzuführen ist. Dieser führte zu hohen Investitionen in die Exploration und Ausbeutung der Rohstofflagerstätten und den Export der gewonnen Rohstoffe. Allerdings haben die Mitte 2014 eingebrochenen Weltmarktpreise für Roh- beziehungsweise fossile Brennstoffe Spuren in den makroökonomischen Rahmendaten hinterlassen. Neben sinkender Investitionstätigkeit wurden insbesondere die Staatseinnahmen in Mitleidenschaft gezogen, was sich dann über einen notwendigen Konsolidierungskurs negativ auf die Konjunkturdynamik durchgeschlagen hat.
Wachstumsraten jenseits von drei Prozent sind mittelfristig deshalb nicht zu erwarten. Das liegt auch daran, dass von den Wirtschaftssektoren außerhalb des Rohstoffsektors kurz- bis mittelfristig kaum Wachstumsimpulse kommen werden, lediglich der Tourismus spielt hier eine Sonderrolle. Vor allem verarbeitende Industrie und Einzelhandel werden von der schwachen privaten Nachfrage belastet. Aufgrund der auf relativ hohem Niveau weiter steigenden Immobilienpreise und der damit einhergehenden hohen Verschuldung beziehungsweise hoher Mietkosten der privaten Haushalte sind hier auch künftig kaum Wachstumsimpulse zu erwarten.
Sowohl die Wachstumsaussichten als auch das Wachstumspotenzial bewegen sich jedoch immer noch über dem Level der meisten anderen Industrieländer. Langfristig wird Australien weiter von seiner Nähe zu Asien profitieren, da zum einen die asiatische Nachfrage nach Rohstoffen – Indiens Wachstum und Energiehunger ersetzt in Teilen die Nachfrage Chinas – ungebrochen ist und weiter zunehmen wird; zum anderen ist Australien mit seinen hohen Standards für die wachsende Zahl wohlhabender Asiaten als Reisedestination sowie als Ziel für Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen sehr attraktiv.
Die Reserve Bank of Australia (RBA) konnte die Wirtschaft in den letzten Jahren – auch aufgrund der (zu) niedrigen Inflationsrate – mit gezielten Zinssenkungen anschieben. Ausgehend vom aktuellen Leitzinsniveau von 1,5 Prozent, das seit August 2016 Bestand hat, sind kurzfristig keine Änderungen zu erwarten. Bei weiterhin guter konjunktureller Performance und anziehender Teuerungsrate wird die RBA wohl ab Mitte beziehungsweise Ende 2018 auf einen Zinserhöhungszyklus einschwenken. Nicht zuletzt deshalb wird sich der Australische Dollar mittelfristig sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro stabil entwickeln.
Außenwirtschaft: Direktinvestitionen übertreffen Leistungsbilanzdefizite
Australien hat seinen Außenhandel seit den 1980er Jahren zunehmend liberalisiert und verfolgt aktiv das Ziel, weltweit Freihandelsabkommen abzuschließen. Das Land ist unter den OECD-Ländern insofern einzigartig, als der Großteil seiner Exporte Primärgüter sind. Importiert werden vor allem Konsum- und Kapitalgüter. Der fast schon traditionelle Handelsbilanzüberschuss ist aufgrund fallender Rohstoffpreise 2015 ins Defizit gekippt. Am meisten gelitten hat die nominale australische Exportleistung dabei unter den Preisstürzen von Kohle, die zwölf Prozent der Exportgüter ausmacht, und Eisenerz, das mit fünf Prozent zur Bilanz beiträgt. Aufgrund der Erholung der Kohlepreise seit Ende 2016 wird die Handelsbilanz 2017 wohl wieder Überschüsse ausweisen.
Das reale Exportvolumen verzeichnet ohnehin seit 2004 konstante Zuwächse, was sich durch die hohe Wettbewerbsfähigkeit der australischen Rohstoffförderung und Eisenerzproduktion begründet. Aufgrund niedriger Produktions-, Förderungs- und Versandkosten sind viele Unternehmen auch bei niedrigen Weltmarktpreisen durchaus noch konkurrenzfähig.
Die genannten Entwicklungen in der Handelsbilanz schlagen voll auf die Leistungsbilanz durch: Nach einem hohen Defizit von knapp fünf Prozent gemessen am BIP (2015) und einem Absinken auf 2,6 Prozent im vergangenen Jahr, ist für 2017 eine weitere Verringerung des Leistungsbilanzdefizits auf ein vertretbares Niveau von knapp zwei Prozent zu erwarten. Eine weitere Verringerung ist mittelfristig jedoch nicht zu erwarten, da die strukturell bedingt tief rote Einkommensbilanz (Gewinntransfers von Unternehmen in Auslandsbesitz und Transfers privater Einkommen von Einwanderern) dauerhaft Druck auf die Leistungsbilanz ausübt. Die Finanzierung dieser Defizite – welche idealerweise vollständig durch den Zufluss ausländischer Direktinvestitionen gedeckt sind – ist für Australien auch wegen des guten Finanzstatus unproblematisch.
Top-Bonität hängt langfristig am Diversifizierungsgrad
Auch wenn die Staatseinnahmen kurzzeitig unter den niedrigen Rohstoffpreisen gelitten haben, sind die Staatsfinanzen insgesamt solide. Mit einem Haushaltsdefizit von jeweils 2,7 Prozent in den Jahren 2015 und 2016 und einer Gesamtverschuldung der Öffentlichen Hand von nur 41 Prozent (Ende 2016) kann sich Australien insbesondere im Vergleich mit den anderen Industrieländern sehen lassen. Aufgrund des milden Konsolidierungskurses und leichter Erholung bei den weltweiten Rohstoffpreisen sind für 2017 und 2018 rückläufige Haushaltsdefizite und eine stagnierende Staatsverschuldung zu erwarten.
Aufgrund der langfristig guten Wachstumsaussichten und hervorragender Rahmenbedingungen für (Auslands-) Investitionen genießt Australien bei ausländischen Kreditgebern und Investoren einen sehr guten Ruf. Langfristige Risiken wie der demographische Wandel und die steigenden Kosten des Gesundheitssystems werden durch die geringe Verschuldung und die Einwanderungspolitik erheblich mitigiert. Insgesamt resultiert aus dem Finanzstatus Australiens kein nennenswertes Risiko. Allerdings muss das Wirtschaftsmodell weiter differenziert werden, wenn die Top-Bonität erhalten bleiben soll.
Ausblick: Wachstums-Weltrekord wird weiter ausgebaut
Australien profitiert von einer Reihe positiver fundamentaler Faktoren: Es besitzt ein effizientes und schlankes Staatswesen, ist aufgrund des Rohstoffreichtums wirtschaftlich stark mit der Wachstumsregion Asien verwoben und sowohl für Investoren als auch für Touristen eine äußerst attraktive Destination. Daran wird sich zukünftig nichts ändern. Nichtsdestotrotz liegt es insbesondere am Zusammenspiel der politischen Kräfte, ob Australien den Top-Status seiner Bonität erhalten kann. Hierfür wären wirtschaftspolitische Anreize, die die Abhängigkeit vom Rohstoffsektor verringern, sehr wünschenswert.