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Die neue Uran-Euphorie an der Börse

Nur durch Kernkraft lasse sich der Klimawandel stoppen – was für Klimaschützer für Schnappatmung sorgen dürfte, ist zumindest für den Microsoft-Gründer Bill Gates die einzige Möglichkeit, eine „Klimakatastrophe“ noch zu verhindern. Auch die Wall Street entdeckte in den vergangenen Monaten ihre Liebe für Uran wieder.

(Foto: RHJPhtotoandilustration / Shutterstock)

Nur durch Kernkraft lasse sich der Klimawandel stoppen – was für Klimaschützer für Schnappatmung sorgen dürfte, ist zumindest für den Microsoft-Gründer Bill Gates die einzige Möglichkeit, eine „Klimakatastrophe“ noch zu verhindern. Auch die Wall Street entdeckte in den vergangenen Monaten ihre Liebe für Uran wieder.

An der Börse herrscht Uran-Euphorie, nachdem sich durch die Initiative des neuen US-Präsidenten Joe Biden zur Dekarbonisierung der Industrie die Schließung ihrer alternden Nuklearkraftwerke hinauszögern könnte. Dies wiederum dürfte die Nachfrage nach Uran in den nächsten Jahrzehnten ankurbeln. Die Atomindustrie versucht gerade, nach jahrzehntelangem Schrumpfen wieder auf die Beine zu kommen. Neue, technisch sicherere Atomreaktoren könnten hier der Schlüssel zum Erfolg sein. Reaktorhersteller entwickeln derzeit unter Hochdruck neue Systeme, die zwar weniger Strom produzieren, aber auch viel kleiner und kostengünstiger sind als bestehende Kernreaktoren. Und genau diese Minireaktoren (Small Modular Reactors, SMRs) haben mit dem Milliardär Gates einen prominenten Unterstützer.

Mini-Reaktoren als Schlüssel zum Erfolg

Die SMRs können in kompakten Strukturen untergebracht werden und mit weniger Abschirmung und Aufsicht sicherer arbeiten. Sie könnten es Kraftwerken ermöglichen, auf ihre riesigen sanduhrförmigen Kühltürme zu verzichten. Dutzende von Entwürfen liegen auf dem Tisch, eine Handvoll davon befindet sich in den USA und Kanada in der vorläufigen behördlichen Prüfung, nachdem private und staatliche Unternehmen mehrere Milliarden Dollar investiert haben. Ein Energieversorger aus Utah hofft, den ersten SMR bis zum Ende des Jahrzehnts in Betrieb nehmen zu können. Aber auch China investiert stark in diese Technologie und Russland hat im vergangenen Jahr einen SMR auf einem Schiff in Betrieb genommen und wirbt damit, dass es sich um ein mobiles Kraftwerk handelt. Angesichts der immer noch vorhandenen Bedenken über die Sicherheit und die negativen Umwelteffekte der Kernenergie sind SMRs nicht einfach in den neuen „Green Deal“ einzubeziehen. Aber die Befürworter der neuen Technologie werben mit konkurrenzfähigen Preisen, potenziell unbegrenzter Stromerzeugung, die im Gegensatz zu Kraftwerken, die fossile Brennstoffe verbrennen, keine Treibhausgas-Emissionen erzeugt und zuverlässiger ist als Wind- oder Sonnenenergie.

Atomenergie vor dem Comeback?

Die Uran-Industrie könnte so als ein unerwarteter Gewinner der neuen Klima-Offensive in den USA hervorgehen, sollte der Sektor von der ESG-Euphorie mitgerissen werden. Wenn die neue US-Regierung ihr fast zwei Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket verabschiedet, könnte ein Teil dieses Geldes auch in die neue Atomtechnologie fließen. So paradox es klingen mag, ein Umschwung in eine saubere Umwelt könnte der Atomenergie zu einem unverhofften Comeback verhelfen und viele neue Jobs und Arbeitsplätze für Joe Biden schaffen. Dazu potenziell grenzenlose Elektrizität und keine Treibhausgas-Emissionen - #greenfuture wäre Realität. Es ist unnötig zu erwähnen, dass ein Bekenntnis der Biden-Administration zur Atomenergie zu einer weiteren massiven Outperformance des Uran-Sektors an den Börsen führen würde. Der jüngste Anstieg der Uran-Aktien beschleunigte sich in der vergangenen Woche, nachdem der größte Uranförderer Cameco die Quartalsergebnisse für das vierte Quartal übertraf und einen positiven Sektorausblick gab.
 
Noch ein weiter Weg

Umweltschützer hassen die Atomkraft, aber sie hassen thermische Kohle noch mehr und im Moment gibt es mit Indien und China drei Milliarden Menschen, die süchtig nach Kohle sind, von Japan ganz zu schweigen. Mikro-Atomkraftwerke könnten so ein Teil der Lösung der Klimaprobleme sein, aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Sollte es allerdings in der größten Volkswirtschaft in diese Richtung gehen, könnte auch für Deutschland mit seiner Abhängigkeit von Energieimporten ein großer Nachteil entstehen und sich die Entscheidung nach der Fukushima-Katastrophe als voreilig und möglicherweise falsch entpuppen.

Die Risiken bleiben

Die Kernkraft vereint im Grunde genommen fast alle Komponenten, die wir uns für eine saubere Umwelt wünschen. Die beiden Hauptprobleme, die Umweltschützer sehen, aber bleiben das abfließende Kühlwasser, das aufgrund der höheren Temperaturen den Fischen schadet und Mikrolecks, die unentdeckt bleiben. Aber auch die Entsorgung des Atommülls ohne die gefährliche Kontamination bleibt ein ungelöstes Problem. Bill Gates und andere glauben jedoch, dass all diese Dinge in den letzten Jahrzehnten angegangen wurden und dass mikronukleare Anlagen eine Möglichkeit sind, die Fallout-Bedenken zu begrenzen, wenn auch auf extrem niedrigem Niveau.

Von Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets

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