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Bullen oder Bären – Wer bestimmt in Zukunft den Ölpreis?

Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2017 konnte der Ölpreis konstant zulegen – zumindest bis Oktober 2018. Bis zum Ende des Jahres ging es dann erstmal steil bergab – trotz Heizperiode, die die Preise normalerweise ansteigen lassen sollte. Seitdem konnte sich der Ölpreis etwas erholen und dümpelt nun auf dem Niveau von Ende 2016 herum. Marktkennern erscheint dies auf den ersten Blick eher unlogisch, denn eigentlich stehen die Vorzeichen beim Öl auf steigende Preise.

BÖRSE am Sonntag

Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2017 konnte der Ölpreis konstant zulegen – zumindest bis Oktober 2018. Bis zum Ende des Jahres ging es dann erstmal steil bergab –  trotz Heizperiode, die die Preise normalerweise ansteigen lassen sollte. Seitdem konnte sich der Ölpreis etwas erholen und dümpelt nun auf dem Niveau von Ende 2016 herum. Doch was den Autofahrer an der Tankstelle freut, erscheint Marktkennern auf den ersten Blick eher unlogisch, denn eigentlich stehen die Vorzeichen beim Öl auf steigende Preise.

Von Sascha Sadowski, Online-Broker LYNX

„Die OPEC hat ihre Fördermengen bereits zum Jahresende 2018 deutlich gesenkt und nun hat Saudi
Arabien seinen Output erneut heruntergefahren. Das sollte eigentlich zu einer Verknappung des
Rohstoffs und damit zu einer Stabilisierung, wenn nicht sogar zu einer Erhöhung der Preise führen“,
erklärt Sascha Sadowski, Markexperte vom Online-Broker LYNX. „Hinzu kommt außerdem, dass auch
die USA das starke Wachstum der Ölförderung aus den vergangenen beiden Jahren wohl nicht
beibehalten kann und in diesem Jahr weniger stark wachsen wird. Und auch Venezuela sollte man
nicht vergessen. Hier gibt es zwei Sorten von Öl: leichteres und dünnflüssigeres, beispielsweise aus
der Region um den Maracaibo-See und solches aus der Region Orinoco, das jedoch teerartig, sauer
und schlecht zu transportieren ist. Außerdem kann es nur in spezialisierten Raffinerien verarbeitet
werden. Damit dieses dickflüssige Öl besser durch die Pipelines fließt, muss ihm dünnflüssigeres Öl
beigemischt werden und das fehlt für den Export.“ Eine Verbesserung der Lage in Südamerika in
naher Zukunft sieht Sadowski hingegen nicht, zu marode sei die Infrastruktur und ein Wiederaufbau
nicht in wenigen Monaten zu bewerkstelligen.

All diese Faktoren deuten eigentlich auf ein sinkendes Angebot an Rohöl und damit auf steigende
Preise hin, doch bislang konnten sich die Bullen nicht durchsetzen. „Das Problem ist einfach, dass
nicht nur die Fördermengen, sondern auch die erwartete Nachfrage sinkt. Im Handelsstreit zwischen
China und den USA geht es seit Monaten nicht vorwärts, was auf die Wirtschaft drückt. Auch die
neuen Zahlen aus der EU stimmen nicht unbedingt positiv und die Prognosen prophezeien weltweit
ein sinkendes Wirtschaftswachstum. Es ist zu erwarten, dass damit auch weniger Öl nachgefragt
wird“, so Sadowski.

Der Experte nennt darüber hinaus noch zwei weitere Faktoren, die den Bären aktuell Aufwind
verleihen. „Vor der Küste Südafrikas wurde ein riesiges Gasfeld gefunden, das laut dem französischen
Konzern Total, der dort schürft, rund einer Milliarde Liter Rohöl entspricht. Und auch andere
Konzerne wie Exxon Mobile, BP und Shell nehmen gerade Probebohrungen vor weiteren
afrikanischen Ländern vor. Experten gehen davon aus, dass hier noch riesige Ölvorkommen
schlummern, die zu einer echten Machtverschiebung am Ölmarkt führen könnten“, so Sadowski.

Zuletzt führt er einen aktuellen Gesetzesentwurf in den USA an. Dieser würde es den USA erlauben,
OPEC-Staaten wegen Preismanipulation zu verklagen und deren Vermögen in den USA zu
konfiszieren. „Ein solches Vorhaben wurde in den vergangenen Legislaturperioden immer mal wieder
aus der Schublade gezogen, hatte aber bislang eigentlich kaum Chancen. Das hat sich geändert.
Insbesondere Präsident Trumps negative Haltung gegenüber der OPEC und sein Wunsch nach einem
niedrigen Ölpreis haben die Stimmung verändert“, befürchtet Sadowski. Für die OPEC-Staaten hätte
ein solches Gesetz schwerwiegende Folgen. Der saudi-arabische Ölkonzern Saudi Aramco
beispielsweise könnte die Kontrolle über Motiva Enterprises und damit über eine der größten
Raffinerien in den USA verlieren. Und auch die nicht-staatlichen Ölkonzerne sind durch den
Gesetzesentwurf beunruhigt, denn auch ihnen könnte ein solches Gesetz schaden. „Unternehmen
wie ExxonMobile oder BP haben auch in OPEC-Staaten investiert.

Wenn diese Staaten nun von den USA verklagt und womöglich enteignet würden, könnten sie gleiches mit gleichem vergelten wollen. Das würde für die Ölkonzerne Verluste in Millionen- wenn nicht Milliardenhöhe bedeuten“, erklärt Sadowski. Außerdem befürchtet der Experte, dass ein solches Gesetz die OPEC auf Dauer schwächen, wenn nicht gar zersetzen könnte. „Würde die OPEC sich auflösen, würden sämtliche Absprachen bezüglich der Fördermengen hinfällig. Möglicherweise würde das sogar zuerst zu sinkenden Preisen führen, auf Dauer könnte es aber auch genau das Gegenteil bewirken, insbesondere wenn große Produzenten wie Saudi-Arabien nur noch ihrer eigenen Agenda folgen müssten“, so Sadowskis Warnung.