Wie sicher ist Gold wirklich?
Überbordende Staatsschulden, Niedrigzinsen und Inflationsängste treiben Anleger in den vermeintlich sicheren Hafen Gold. Inzwischen notiert der Kurs für eine Feinunze bei 1.752 US-Dollar und damit so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr. Steigt der Preis noch weiter und wie sicher ist das Edelmetall wirklich?
Überbordende Staatsschulden, Niedrigzinsen und Inflationsängste treiben Anleger in den vermeintlich sicheren Hafen Gold. Inzwischen notiert der Kurs für eine Feinunze bei 1.752 US-Dollar und damit so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr. Steigt der Preis noch weiter und wie sicher ist das Edelmetall wirklich?
Der Anstieg begann im Herbst 2018, setzte sich im vergangenen Jahr noch steiler fort, und scheint nun, inmitten der Corona-Pandemie, kein Ende mehr zu finden. Die Nachfrage hat sich zum Teil verfünffacht. Eine Feinunze kostet inzwischen knapp 1.600 Euro und damit, in die europäische Währung umgerechnet, so viel wie nie zuvor. In Dollar steht der Kurs auf einem Sieben-Jahres-Hoch. Seit Tagen und Wochen eilt der Preis nun schon nach oben. Und die Rekordjagd könnte sich noch ein Weilchen fortsetzen.
Besonders überraschend kommt all das schließlich nicht. In einer Krise wie dieser steigen unter Anlegern schon ganz grundsätzlich die Sorgen um die gesamtwirtschaftliche Lage, welche ja auch keineswegs unbegründet erscheinen. Erst am vergangenen Wochenende hatte Fed-Chef Jerome Powell in einem Interview davor gewarnt, dass die Erholung der US-Wirtschaft bis ins Jahr 2021 hinein dauern dürfte. Gleichzeitig flammen die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China wieder auf.
Weltweit lassen dazu billionenschwere Rettungspakete die Staatsschulden explodieren, was nicht nur Angst vor Schuldenschnitten macht, sondern auch die Niedrigzinsen auf Jahre hinaus manifestiert haben dürfte. Und auch wenn die Krise zunächst mehr die Deflation als die Inflation begünstigt, könnte sich dies mittel- bis langfristig umdrehen. „Angesichts dieses Chaos und dieser Verwirrung ist es nicht verwunderlich, dass Gold-ETFs ein unverändert hohes Kaufinteresse verzeichnen", hieß es in einer Analyse der Commerzbank.
Nachfrage riesig – Angebot leider unter Pandemie
Hinzu kommt: Notenbanken weltweit stocken ihre Goldreserven auf und Investments am Aktienmarkt bringen in der gegenwärtigen Situation eine gehörige Portion mehr Risiko mit, als noch vor der Corona-Pandemie. Nicht zuletzt unter deutschen Anlegern schlägt dem goldenen Metall damit große Sympathie entgegen. Keiner Anlageklasse trauen diese auf Sicht von drei Jahren eine höhere Rendite zu. Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Edelmetallhändlers Pro Aurum. Gold dominiert mit 31 Prozent vor Aktien (25 Prozent) und den Investmentfonds (zwölf Prozent).
Während es also genügend Käufer für den wertvollen Rohstoff gibt, leidet durch die Pandemie gleichzeitig das Angebot. Im März und April standen viele Minen still und besonders in der Verarbeitung, die in großen Teilen in der Schweiz geschieht, kam es aufgrund der mit dem Virus einhergehenden Einschränkungen zu Engpässen.
Auch ein Preistreiber also, der nun aber allmählich wegfallen dürfte. Anleger sollten das im Hinterkopf haben. Genauso wie die Preisschwankungen bei Gold-Futures, die den Preis zuletzt zusätzlich angetrieben haben. Im März wurden in Zusammenhang mit dem Edelmetall zwischenzeitlich 236 Milliarden Dollar am Tag hin und her bewegt. So geht es aus einer Statistik des World Gold Council hervor. Ein Anstieg von 60 Prozent gegenüber dem Durchschnitt des vergangenen Jahres.
Sicherer Hafen mit Tücken
Kurzfristig könnte die Rally also durchaus bald eine kleine Verschnaufpause einlegen. Ebenso sind größere Schwankungen nicht ausgeschlossen. Langfristig aber erscheint Gold weiter vielversprechend. Vorausgesetzt es hält, was es verspricht: Nämlich ein sicherer Hafen zu sein.
Ganz so sicher, wie viele denken, ist ein Gold-Investment nämlich nicht, was schon mit der aktuell besonders unübersichtlichen Preisgebung beim Kauf und Verkauf anfängt. Es gibt große Unterschiede, sowohl die Stückelung betreffend als auch den Anbieter. Dazu liegen die Angebote, die einem die Händler beim Ankauf machen teils drastisch unter den Verkaufspreisen. Hier kann es schnell um hunderte Euro gehen, die der Preis steigen muss, damit man sein physisches Gold überhaupt erst wieder zum Einkaufspreis veräußern kann.
Darüber gilt es beim physischen Goldkauf darauf zu achten, nicht an Fälschungen oder schlecht verarbeitetes Material zu geraten. Egal ob Barren, Münzen oder Schmuck, Trittbrettfahrer gibt es am Markt zuhauf. Wertpapier ist Wertpapier, Gold aber ist nicht gleich Gold.
Der Goldbesitz wurde in der Geschichte schon oft verboten
Davon abgesehen gibt es zwei Faktoren, die Gold unsicherer machen, als vielleicht auf den ersten Blick gedacht. Da ist zum einen die Gesetzeslage. Was, wenn einer Regierung einfällt, auf einmal den Besitz des Edelmetalls zu verbieten? Oder ihn nur noch in bestimmten Mengen zuzulassen? Auch eine saftige Besteuerung ist denkbar. Dass das in Deutschland auf absehbare Zeit der Fall sein wird, erscheint freilich unwahrscheinlich. Ausschließen lässt es sich jedoch nicht. Die Geschichte kennt zahlreiche Beispiele. So wurden Goldverbote beispielsweise 1923 in der Weimarer Republik verhängt, 1933 in den USA und 1936 in Frankreich, aber auch in Indien 1963. 1973, vor nicht einmal 50 Jahren also, galten in 120 Ländern weltweit Restriktionen.
Greift der Staat ein, ist das Gold auch im Bankschließfach nicht sicher. Bei einer solchen Einlage gilt es ohnehin noch ein weiteres Risiko zu beachten. Das Kreditwesengesetz besagt schließlich, dass „bei Gefahr“, insbesondere der „Insolvenzgefahr“ eines Geldhauses, dieses sein Bankgebäude schließen darf. Wann der Kunde in einem solche Fall wieder an seine Wertgegenstände darf, entscheidet in diesem Fall die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). So wäre es zumindest temporär nicht möglich seinen Goldbesitz zu handeln.
Es gilt festzuhalten: Sichere Häfen gibt es bis zu einem bestimmten Punkt, ja. Aber nicht darüber hinaus. Dass ein Goldinvestment derzeit dennoch mehr Sicherheit verspricht, als ein Investment in Aktien und freilich vor Geldentwertung schützt, liegt auf der Hand.
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OG