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Finanzanleger erobern die Rohstoffwelt

Selbst in dem guten Börsenjahr 2009 entwickelten sich Kupfer, Aluminium und Co. deutlich besser als der EURO STOXX 50. Mit Wetten auf ausgewählte Rohstoffe waren sogar dreistellige Gewinne möglich. Damit setzt sich der langjährige Superzyklus der Commodities scheinbar ungebremst fort.

BÖRSE am Sonntag

So ergibt sich beim Rückblick auf die letzten zehn Jahre ein eindeutiges Ergebnis: In der ersten Dekade des neuen Jahrtausends waren Rohstoffe das lukrativste Investment überhaupt. Schon der Börsenbaisse zwischen den Jahren 2000 und 2003 konnten sich die Commodities weitgehend entziehen. In der darauf folgenden Rally konnten Gold, Öl, Kupfer & Co. trotzdem stärker zulegen als Aktien: Während der S&P 500 Mitte 2008 in etwa das seit Anfang des Jahres 2000 verlorene Terrain gutgemacht hatte, legte der Benchmarkindex Rogers International Commodity TR zwischen August 1999 und Mitte 2008 sogar um über 400% zu (in US-Dollar). Noch dramatischer wird der Unterschied an einer von Bloomberg veröffentlichten Beispielrechnung deutlich: Wer Anfang des letzten Jahrzehnts 100 US-Dollar in Gold angelegt hätte, hätte sich Ende 2009 über einen Gewinn von 280 US-Dollar freuen können. Wer die gleiche Summe über den gleichen Zeitraum in Rohstoffe (Standard & Poor’s GSCI Enhanced Total Return Index) investiert hätte, hätte sich zum Jahreswechsel über einen Gewinn von immerhin noch 257 US-Dollar freuen können. Dagegen hätten Aktienanleger im gleichen Zeitraum 10 US-Dollar verloren.

Die Welt von Öl bis Ährengold

Während Rohstoffinvestments bis zum Jahr 2000 fast ausschließlich über die Terminmärkte vorgenommen werden konnten und damit den Profis vorbehalten waren, stehen privaten Investoren mittlerweile diverse und bequem handelbare Finanzinstrumente zur Verfügung. Trotzdem ist das Rohstoffuniversum äußerst vielfältig und unterscheidet sich deutlich vom Handel mit Aktien und Anleihen, da Rohstoffen physischer Warenhandel zugrunde liegt. Grundsätzlich lassen sich Rohstoffe in die folgenden Kategorien einteilen: Soft Commodities (Agrarrohstoffe), Hard Commodities (Industrie- und Edelmetalle) sowie Energieträger (z.B. Erdöl, Erdgas). Gerade die Kategorie der Agrarrohstoffe wird von vielen Privatanlegern kaum wahrgenommen. Dabei ließ sich mit einer Spekulation auf Mais zwischen Anfang 2006 und Mitte 2008 ein Gewinn von 300% einfahren. Für den Agrarsektor insgesamt sind die Analysten positiv gestimmt und verweisen vor allen auf die niedrigen Bewertungen.

Verpackungen unterscheiden sich stark

Über welches Instrument der Einstieg erfolgen sollte, hängt von der Risikoneigung des Anlegers ab. Da der physische Erwerb in der Regel ausscheidet, bleiben noch Zertifikate, ETFs/ETCs und Futures. Besonders groß ist die Auswahl bei den Zertifikaten und ETC-Konstruktionen. Letztere gewinnen aufgrund der physischen Besicherung vor allem bei Investments in Edelmetalle immer mehr Freunde. So wichtig die Auswahl der richtigen Investmentverpackung aufgrund der Rollproblematik und der großen Unterschiede bei der Berechnung des Basiswertes (TR, ER, etc.) auch ist, entscheidet die Auswahl des richtigen Basiswertes zum richtigen Zeitpunkt jedoch letztlich über Gewinn oder Verlust.

Kapitalmarktakteure erobern den Rohstoffmarkt

Mit dem Aufstieg der Rohstoffe zu einer eigenen Assetklasse haben sich die Spielregeln auf diesem Markt in den letzten Jahren jedoch verändert. Banken und institutionelle Anleger weiten ihr Engagement immer stärker aus. Die durch die enormen Zuflüsse spekulativen Kapitals induzierten Nachfrageschübe haben die Preise vieler Rohstoffe – zumindest zeitweise – von der tatsächlichen fundamentalen Entwicklung entkoppelt. Einen besonderen Anteil an dieser Entwicklung hat zweifellos die Einführung der vorgenannten Rohstoff-ETFs/ETCs. Diese Vehikel haben Rohstoffinvestments weltweit massenmarkttauglich gemacht. Das Resultat dieser Entwicklung ließ sich in der zurückliegenden Finanzkrise beobachten. Das Renditeprofil korreliert, dank des enormen Anteils spekulativen Kapitals auf den Rohstoffmärkten, zunehmend mit dem der Kapitalmärkte. Daher ist es für Anleger wichtig, sich eine Meinung über die Nachfrage anderer Investoren zu bilden. Unter dieser Prämisse scheinen die Vorzeichen für das laufende Jahr gut zu stehen. Der Appetit der Investoren auf Rohstoffe ist nach Meinung vieler Analysten noch nie so groß gewesen wie 2010. So gehen unter anderem die Analysten von Barclays Capital und der Deutschen Bank davon aus, dass die Mittelzuflüsse aus Direktinvestitionen in Rohstoffe im Jahr 2010 ein neues Rekordniveau erreichen werden.

 

Favoritenwechsel bei Energieträgern

Trotz der positiven Voraussetzungen dürften sich aber nicht alle Commodities gleichermaßen positiv entwickeln. So sind die Analysten der Deutschen Bank der Auffassung, dass sich der Ölpreis, nach dem deutlichen, von der Nachfrage unabhängigen Anstieg 2009 im laufenden Jahr wieder an fundamentalen Daten orientieren dürfte. Mit einem andauernden Anstieg über die zuletzt erreichte Marke von über 80 US-Dollar rechnen sie daher erst im Jahr 2011. Die Analysten von Goldman Sachs sind nur geringfügig optimistischer und prognostizieren für das Gesamtjahr einen durchschnittlichen Ölpreis von 90 US-Dollar. Nachholbedarf sehen Experten bei anderen Energieträgern, insbesondere bei Erdgas und Kohle. Bei der Kohle spielt das starke Wirtschaftswachstum in China eine große Rolle. So meldeten die Zeitungen des Landes Mitte Januar, unter Berufung auf das chinesische Handelsministerium, dass die Volksrepublik im vergangenen Jahr erstmals Kohle importiert hätte. Wie aus den Meldungen hervorgeht, betrug die Importmenge rund 100 Mio. Tonnen Kohle. Das Interessante daran ist, dass das Land ein Jahr zuvor noch Kohle ins Ausland exportierte.

Neue Fonds treiben Platin & Co.

Die klassische Spekulation im Rohstoffsektor ist das Goldinvestment. Gleichgültig, ob Euroskeptiker, Weltuntergangsprophet oder konservativer Anleger, das glänzende Edelmetall hat auch im 21. Jahrhundert nichts von seiner magischen Anziehungskraft verloren. Doch seit dem kurzen Ausflug über die Marke von 1200 US-Dollar Ende 2009 scheint dem Edelmetall die Luft auszugehen. Insbesondere in der wieder erstarkenden US-Währung und den Goldverkäufen des IWF sehen Experten eine Gefahr für weitere Preisschübe. Dennoch fallen die Prognosen der Analysten für das Gesamtjahr positiv aus. Anleger sollten aber darauf achten, wie viel davon bereits in den Produkten eingepreist ist. Wer sich zu keiner klaren Meinung durchringen kann, sollte einen Blick auf andere Edelmetalle werfen. Weil bei den  Platingruppenmetallen Anfang des Jahres zahlreiche neue ETFs emittiert wurden, dürfte die Nachfrage nach diesen Commodities in den kommenden Wochen und Monaten deutlich zunehmen. So emittierte beispielsweise ETF Securities Anfang Januar die ersten physisch hinterlegten ETFs auf Palladium und Platin am US-Markt (NYSE Arca Stock Exchange) und auch Julius Bär emittierte an der SIX Swiss Exchange Anfang des Jahres neue ETFs auf Silber, Platin und Palladium. Nicht ganz so glänzend sieht es bei den Industriemetallen aus, da viele Produkte in diesem Bereich bereits im vergangenen Jahr stark zulegen konnten. Insbesondere China hatte die niedrigen Preise bei Kupfer, Nickel und Co. zu strategischen Einkäufen genutzt. Mittlerweile sind die Lager in der Volksrepublik jedoch voll und auch die Bestände weltweit liegen auf hohem Niveau, sodass dieser Impulsgeber im Verlauf der nächsten Monate wegfallen dürfte.