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Diese deutschen Firmen füllen den Corona-Impfstoff ab

Mehreren Unternehmen in Deutschland winken Großaufträge, sollten ausgewählte Konzerne tatsächlich einen Impfstoff finden. Zwei davon sind an der Börse.

Werden milliardenfach benötigt: Dosen des Corona-Impfstoffs. (Foto: M-Foto / Shutterstock)

Mehreren Unternehmen in Deutschland winken Großaufträge, sollten ausgewählte Konzerne tatsächlich einen Impfstoff finden. Zwei davon sind an der Börse. 

Spätestens nach der hoffnungsfrohen November-Kunde über eine nach ersten Studienergebnissen 90-prozentige Wirksamkeit des von Biontech und Pfizer entwickelten Corona-Impfstoffs ist klar: Es geht nicht mehr nur darum, ob es ein Vakzin gegen das Virus geben wird. Es geht jetzt auch darum, in welchen Mengen er wo und wann verfügbar sein wird. Die Europäische Union (EU) hat sich inzwischen mehrere hundert Millionen Dosen verschiedener Unternehmen gesichert, sollten diese tatsächlich einen Impfstoff auf den Markt bringen. Zu finden sind darunter auch 300 Millionen Fläschchen des vielversprechenden Biontech-Serums. Und ein großer Teil davon wiederum, könnte ab Mitte 2021 bei Siegfried im niedersächsischen Hameln abgefüllt werden.

Hameln: Siegfried baut Abfüllinie für Biontech-Impfstoff

Das Schweizer Life-Science-Unternehmen hat mit den Mainzer Biopharmazeutikern vor kurzem einen Kooperations- und Liefervertrag zur großtechnischen Abfüllung und Verpackung  kommerzieller Mengen des Impfstoffkandidaten BNT162b2 unterzeichnet. In einem ersten Schritt bis zum Jahr 2022. Zu den Vertragsdetails schweigt man bei dem an der Swiss Exchange notierten Unternehmen, spricht aber von einem Großauftrag, der „im hohen zweistelligen Millionenbereich“ liegt. Die Freude über die Kooperation ist groß: „Wir sind stolz, mit dieser Partnerschaft einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten zu können, und fest entschlossen, Biontech auf ihrem Weg nach Kräften zu unterstützen“,  sagt CEO Wolfgang Wienand. Ganz ohne Risiko geht das allerdings nicht. Es braucht eine „zusätzliche Abfülllinie, speziell auf diesen Auftrag ausgerichtet“, heißt es. Warten bis zu einer endgültigen Klarheit rundum Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffs kann man nicht. Zwar will Siegfried die Linie in Zukunft für weitere Aufträge verwenden, doch zunächst einmal käme die Investition teuer, sollte am Ende kein Corona-Impfstoff in Hameln abgefüllt werden.

Grünwald: Auch Dermapharm produziert für Biotech

In dieser Zwickmühle stecken sie wohl auch bei Dermapharm in Grünwald bei München. Wie bereits im September bekannt wurde, steht das SDax-Unternehmen ebenfalls auf der Liste der Unternehmen, die Biontech und Pfizer dazu auserkoren haben, ihren Impfstoff, wenn er denn kommt, abzufüllen. Und zwar von Beginn an. In der Pressemitteilung des Pharmaunternehmens hieß es damals, man werde „unmittelbar Produktionskapazitäten für die Formulierung sowie die Abfüllung und Verpackung zur Verfügung stellen und schnellstmöglich erweitern.“ Zu  vereinbarten Mengen und der Investitionssumme äußern sie sich auch in Grünwald nicht.

Marburg: 750 Millionen Impfdosen pro Jahr

Um der wahrscheinlichen Nachfrage von Milliarden Impfdosen gerecht werden zu können, setzen Biontech und Pfizer aber noch auf einen dritten Standort in Deutschland. Dazu wollen die Mainzer eine Produktionsanlage des Schweizer Pharmagiganten Novartis in Marburg übernehmen und dort so früh wie möglich mit einer potenziellen Herstellung beginnen. Entstehen könnte damit eine der  größten Biontech-Produktionsstätten für mRNA-basierte Impfstoffe in Europa. Die Produktionskapazität läge bei 750 Millionen Impfdosen pro Jahr.

Zwar nicht an der Abfüllung, aber doch am Herstellungsprozess des Biontech-Impfstoffs beteiligt, ist das Biopharmaunternehmen Rentschler. Am Hauptsitz in Laupheim, Baden Württemberg, produziert Rentschler in einem aufwendigen Verfahren den fertigen, reinen Endwirkstoff, indem es das Ausgangsmaterial weiterverarbeitet und die synthetisierte mRNA von Verunreinigungen frei macht.

Ravensburg: Mittelständler Vetter Pharma könnte Curevac-Partner werden

Damit nicht genug. Neben Biontech gibt es mit Curevac schließlich noch eine zweite deutsche Impfstoffhoffnung. Und auch das Vakzin der Tübinger will am Ende eines erfolgreichen Prozesses zügig produziert werden. Dazu greift man auf die Dienste eines Mittelständlers zurück, der inzwischen zum Tesla-Konzern gehört. Der Prümer Maschinenbauer Grohmann steuert die Technik zur Herstellung des nötigen RNA-Serums bei. Für die Abfüllung hat man sich offenbar einen weiteren Mittelständler ausgeguckt. Vetter-Pharma aus aus dem oberschwäbischen Ravensburg soll diese wohl in Teilen übernehmen. Im Unternehmen allerdings hält man sich bedeckt. Auf Anfrage heißt es: „Covid-19 beschäftigt derzeit unsere gesamte Branche. Gleichzeitig sind unsere Produktionskapazitäten sehr ausgelastet und wir müssen sorgsam abwägen, welche Produkte wir noch zusätzlich herstellen könnten. Unser Fokus gilt daher der Umsetzung von bestehenden Kundenaufträgen, die sich ebenfalls auf wichtige und teils lebensnotwendige Medikamente beziehen.“

Cuxhafen, Höchst, Illertissen: Internationale Konkurrenz will in Deutschland produzieren

Anderswo wird es konkreter. Deutschland als Abfüllstandort ist über Biontech und Curevac hinaus auch bei der internationalen Konkurrenz gefragt. Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hat sich eine Kooperation mit dem niedersächsischen Biotechunternehmen Vibalogics gesichert. Die Cuxhavener investieren entsprechend in eine neue Abfülllinie, mithilfe derer rund 30.000 Dosen je Charge gefüllt werden können. Sanofi aus Frankreich hat an seinem eigenen Produktionsstandort in Höchst im September eine Abfüllanlage neu in Betrieb genommen. Der russische Pharmakonzern R-Pharm investiert am Standort Illertissen 20 Millionen Euro in eine neue Produktionsanlage mit einer Kapazität von 500 Millionen Impfdosen pro Jahr. Wie die Südwest Presse berichtet, wollen die Russen bereits im ersten Quartal 2021 mit der Fertigung des sogenannten Oxford-Impfstoffes starten.
In der EU setzt man für den Moment besonders auf Biontech und Pfizer, AstraZeneca, Sanofi und Johnson & Johnson-Tocher Janssen. Mit diesen Unternehmen sind bereits Verträge über insgesamt mehr als eine Milliarde Impfdosen abgeschlossen – in Erwartung weiterer hoffnungsfroher Kunde. 

Oliver Götz

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