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Sind Bank-Aktien jetzt ein Kauf?

Hunderte Milliarden US-Dollar an Börsenwert hat die Finanzbranche in dieser Woche verloren. Übertriebene Panik oder begründete Sorge? Die Aktien einiger Top-Adressen aus dem Sektor sind nun jedenfalls günstig.

(Foto: engel ac / Shutterstock)

Hunderte Milliarden US-Dollar an Börsenwert hat die Finanzbranche in dieser Woche verloren. Übertriebene Panik oder begründete Sorge? Die Aktien einiger Top-Adressen aus dem Sektor sind nun jedenfalls günstig.

Die Silicon Valley Bank (SVB) ist kein Einzelfall. Das ist die beunruhigende Erkenntnis einer turbulenten Börsenwoche. Neben der kalifornischen Start-Up-Bank schloss die US-Finanzaufsicht auch die New Yorker Signature Bank. Wenige Tage zuvor war bereits die Liquidierung der Krypto-Bank Silvergate bekannt geworden. Mit der First Republic Bank steckt nun bereits das nächste US-Geldhaus in Schwierigkeiten. Am Mittwoch setzten die Ratingagenturen S&P und Fitch die Kreditwürdigkeit der Bank auf Junk-Status. Der Aktienkurs brach daraufhin zunächst um 20 Prozent, am Donnerstag dann um fast 40 Prozent, ein. Koordiniert vom US-Finanzministerium, der Fed und weiteren staatlichen Behörden, werden elf US-Großbanken nun gemeinsam 30 Milliarden Dollar bei der First Republic parken und die Bank so mit Liquidität versorgen. Obendrein geriet unter der Woche auch noch die Schweizer Credit Suisse unter Druck. Die seit Monaten krisengeplagte Bank sah sich zu einem Deal mit der Schweizer Nationalbank gezwungen, der die Option einer Kreditaufnahme von bis zu 50 Milliarden Franken enthält, falls dies als Liquiditätsstütze nötig sein sollte.

Aus einem möglichen Einzelfall ist eine Bankenkrise geworden. Die entscheidende Frage ist: wird aus ihr auch eine Finanzkrise? Danach sieht es bislang (noch) nicht aus. Die Credit Suisse ist ein Sonderfall, ihre Schieflage ist durch Managementfehler selbstverschuldet. Die Liquiditätsprobleme kleinerer US-Regionalbanken haben ihren Ursprung in den im Vergleich zu US-Großbanken oder auch europäischen Finanzinstituten lockereren Regularien. Die Eigenkapitalpuffer der systemrelevanten Geldhäuser sind im Vergleich zur Krise 2008 hoch genug. Mögliche Verluste, die wie im Falle der Regionalbanken durch im Wert fallende US-Staatsanleihen entstehen, können die Top-Institute ausgleichen. Wenn sie denn überhaupt anfallen. Solange die Anleihen zu Liquiditätszwecken nicht veräußert werden müssen, handelt es sich nur um Buchverluste. Das Vertrauen in Banken mit Systemrelevanz scheint aktuell jedoch hoch genug, damit es gar nicht zu einem Bank Run, wie bei der SVB kommt, in dessen Zuge zahlreiche Kunden auf einmal an ihr Geld wollen.

Kaufen, wenn die Kanonen donnern?

Kurzum: Anleger könnten die gefallenen Kurse im Sektor auch als Einstiegsgelegenheit wahrnehmen. Schließlich sind auch die Kurse von JP Morgan Chase, Goldman Sachs oder der Bank of America in den vergangenen Tagen gefallen. Das KGV von ersterer und gleichzeitig größten US-Bank liegt nur noch bei 9,8. Gilt also wie so häufig in turbulenten Zeiten: Kaufen, wenn die Kanonen donnern?
Die DZ Bank hält die Marktreaktionen bis dato jedenfalls für übertrieben. Die Probleme in der Branche deuteten im Gegenteil auf eine sich wieder lockernde Geldpolitik hin, China öffne sich nach der langen Covid-Zeit, die erwartete Energiekrise scheine auszubleiben und die jüngsten Unternehmensergebnisse seien gut ausgefallen. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege bei der Deutschen Bank hält zudem die „noch unrealisierten Verluste gerade bei Großbanken für überschaubar“. In Europa investierten Banken nur zirka 20 Prozent ihres Kapitals in die von den derzeitigen Zinssteigerungen betroffenen Anleihen. Überschaubar im Vergleich zur SVB, die weite Teile des Kundengeldes in langlaufende US-Staatsanleihen investiert hatte. Das Engagement in Anleihen der SVB sei einzigartig hochgewesen, urteilt RBC-Analyst Gerald Cassidy. Zudem kam das Kundengeld der Kalifornier fast ausschließlich aus der Start-Up-Szene, die aktuell einen deutlich erhöhten Liquiditätsbedarf hat. Großbanken haben dagegen eine wesentlich breitere Einlagendiversifizierung.

Kaufempfehlungen von Barclays und Goldman Sachs

Entsprechend kam es inmitten der chaotischsten Zustände in der Finanzbranche seit 2008 bereits zu zahlreichen Kaufempfehlungen. Barclay-Analysten sehen beispielsweise in der HSBC, BNP Paribas oder Lloyds Einstiegsgelegenheiten. Goldman Sachs sieht insgesamt eine gute Gelegenheit für Investments in die Branche. Die Ansteckungsrisiken auf die großen Player seien gering. Die Goldman-Analysten sehen vor allem das regulatorische Umfeld für Großbanken insoweit streng genug, dass die Risiken eines Liquiditätsengpasses gering seien.

Derweil profitieren Banken wie hierzulande insbesondere die Commerzbank von den steigenden Zinsen, da dies die Gewinne im Kerngeschäft erhöht. Die Commerzbank hatte zuletzt starke Zahlen vorgelegt, mit dem Kurssturz unter der Woche liegt das KGV nun nur noch bei 6,2 und die Dividendenrendite bei 4,8 Prozent.

Vorsicht: Banken empfehlen Bank-Aktien

Schnäppchenjäger können im Bankensektor aktuell also definitiv fündig werden. Wenngleich das Risiko höher einzuschätzen ist, als von manch Analysten behauptet. Schließlich arbeiten Börsen-Analysten in der Regel für Banken. Banken empfehlen damit in der aktuellen Situation Bank-Aktien. Das sollten Anleger unbedingt im Hinterkopf haben. Schließlich dürfte keine Bank dieser Welt ein Interesse daran haben, dass sich die bisherigen Schieflagen einzelner Institute zu einer großen Bankenkrise ausweiten. Anlegern, Investoren und der Wirtschaft im allgemeinen Sicherheit zu signalisieren, liegt im ureigenen Interesse der Institute. Erstaunlich in diesem Zusammenhang auch: Noch kurz bevor die First Republic Bank finanzielle Unterstützung brauchte, hieß es seitens JP Morgan: „Die First Republic Bank hat zuletzt deutlich underperformt und hat 70 Milliarden Dollar ungenutzte Cash-Reserven. Wir würden die Aktie kaufen.“ Nun ist JP Morgan eine der elf Banken, die First Republic 30 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen muss und die Aktie ist im Keller.

OG

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