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Ob long, ob short...

...das Geld ist fort. Der schöne Börsenreim passt dieser Tage auf die Bundesregierung, die schon verplant hat, was ihr - noch - gar nicht gehört. Da hilft nicht einmal eine Schuldnerberatung. Das Geldausgeben hat Methode, wenn auch keinen Stil. Es ist Politikern offenbar nicht beizubringen, dass sie geliehene Macht und konfisziertes Geld haben.

BÖRSE am Sonntag

...das Geld ist fort. Der schöne Börsenreim passt dieser Tage auf die Bundesregierung, die schon verplant hat, was ihr - noch - gar nicht gehört. Da hilft nicht einmal eine Schuldnerberatung. Das Geldausgeben hat Methode, wenn auch keinen Stil. Es ist Politikern offenbar nicht beizubringen, dass sie geliehene Macht und konfisziertes Geld haben. Ihre Sachzwänge schaffen sie sich selbst – von der Energiewende, bei der sogar Minister Gabriel eingestehen muss, dass sie Deutschland zum Gespött Europas macht – bis hin zu Schlaglöchern, die einzelne Würden- und Amtsträger gern mit Euroscheinen auffüllen möchten.

Wir haben kürzlich an dieser Stelle eine 100-Prozent-Steuer für alle erwogen. Nun gut, 90 tun es auch, ein bisschen Taschengeld darf dem Bürger doch bleiben. Jedenfalls wäre damit die ultimative Gerechtigkeit erreicht: Der Staat verwaltet die Einnahmen und teilt an die Bevölkerung aus, was man halt so zum Leben zu brauchen meint. Das Ende der Neidgesellschaft ist nahe! Eine schöne Kostprobe pfiffiger Geldwirtschaft liefert diese Woche die EZB. Schon jetzt, so Mario Draghi, weiß man offenbar, was  man im Juni zu tun gedenkt.

Genaueres wird nicht verraten, aber dass es entweder um eine Zinssenkung geht, um den Ankauf von Staatspapieren oder gar um einen negativen Einlagenzins für Geschäftsbanken – die Stoßrichtung ist klar. Man fürchtet die niedrige Inflation. Der Hintergedanke aber ist ein ganz anderer: Die südlichen Euro-Mitgliedsländer können sich nur entschulden, wenn ein netter kleiner Geldentwertungswettlauf in Gang kommt. Vielleicht stößt die EZB hier aber an ihre Grenzen. Der starke Euro verhagelt ihr die gewünschten Preissteigerungen.

Vielleicht aber ist Draghi einfach nur weise. Vielleicht spürt er bereits, dass die Neu-Unordnung in Osteuropa mittelfristig auch dem Wachstum im Westen schaden wird – Russland ist ein Angstpartner seiner Nachbarländer, und das kostet Geld. Und Nerven: Die deutsche Wirtschaftselite zeigt sich zwar beharrlich optimistisch, und will die Gesprächskanäle keinesfalls abreißen lassen. Wie es aber um Eigentumsrechte in Russland, ja um Rechtssicherheit überhaupt bestellt ist, daran sollte es nach den Erfahrungen, die Shell und BP in den vergangenen Jahren machen mussten, kaum einen Zweifel geben.

Da muss man gar nicht erst das Schicksal des Ex-Milliardärs Chodorkowski bemühen. Aus diesem Blickwinkel erscheint es dann schon fast klug, dass Finanzminister Schäuble „keinen finanziellen Spielraum“ sieht, nicht einmal eine Entlastung bezüglich der kalten Progression wird wohl kommen. So ist das, wenn man Geld ausgibt, das einem a) nicht gehört und b) noch gar nicht vorhanden ist. Teure Experimente kann man ja schon mal machen, wir haben’s ja. Womöglich wäre es ganz heilsam, wenn auch nicht erfreulich, wenn in Deutschland einmal eine wie immer geartete Knappheit ausbrechen würde. Wenn man mal an die Menschen, die Steuerzahler denken müsste und nicht an Hirschkäfer und Feldhamster. Man soll ja niemandem etwas Böses wünschen – aber welche Lektion wäre geeignet, der Politik mal Zugang zu ihren Financiers zu verschaffen? Der Vorhang zu, und alle Fragen offen.