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Arme, reiche Bank

Keine Bank verdient in Europa derzeit wirklich Geld, so die Klage aus der Führungsetage der Deutschen Bank: Soweit könnten die Manager der Sparkassen, Genossenschaftsbanken und der Privaten sicherlich zustimmen. Nur, warum das so ist, dürfte strittig werden.

BÖRSE am Sonntag

Keine Bank verdient in Europa derzeit wirklich Geld, so die Klage aus der Führungsetage der Deutschen Bank: Soweit könnten die Manager der Sparkassen, Genossenschaftsbanken und der Privaten sicherlich zustimmen.

Nur, warum das so ist, dürfte strittig werden: Natürlich ist die Nullzinsphase eine Belastung, klar. Aber für alle gleichermaßen: Nur die jeweiligen anderen Verlustquellen sind, fast könnte man sagen, Geschmacksache. So hat die Deutsche Bank mit der Beteiligung am Libor-Euroibor-Tibor-Zinskomplott sich ein sehr aufwendiges Hobby geleistet: 2,5 Milliarden Dollar teuer. Das allein macht ja schon einen bedeutenden Teil der für die vielen anstehenden und dahinwabernden Rechtshändel zurückgestellten Gelder aus. Arm (verdient nicht genug), alt (145 Jahre) und Bank (noch immerhin Universalbank) – das ist eine tränentreibende Mischung dieser Tage. Dabei war zum Beispiel die Verkündung der neuen Strategie als großer Aufbruch geplant gewesen – im Moment droht er gegenüber all den anderen Schlagzeilen schlicht nicht mehr als so entscheidend angesehen zu werden.

Vor allem auch deshalb, weil man in jedem der Aufbrüche in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schon Elemente des jetzigen hatte, und auch dessen Gegenteil: Was wie eine Neubesinnung aussieht, kommt vielen verdächtig bekannt vor. Von der „Bank 24“ unseligen Angedenkens über den Zukauf sehr sehr unterschiedlicher Elemente von Sal. Oppenheim bis Postbank, Morgan Grenfell (London) oder Bankers Trust (New York); die Trennung von einigen dieser Zukäufe, der Rückabwicklung des Auslagerns von Privatkunden und deren Hofierung nach schnödem Verstoßen aus den Marmorhallen – es ist alles irgendwie schon mal dagewesen. Und die nicht zustande gekommene Fusion mit der damaligen Dresdner Bank scheiterte 2000 auch nur an internen Machtspielchen – schlimm eigentlich und peinlich, aber ein großes Glück.

Neu dagegen sind ein paar durchaus süffige Veranstaltungen wie etwa der am Dienstag beginnende Prozess gegen amtierende und frühere und aktuelle Chefs der Bank in München: Diese Leute bekäme man sonst wohl nicht mehr für ein Gruppenfoto zusammen. Fitschen, Breuer, Ackermann, Börsig und andere sollen sich abgesprochen haben, um im Kirch-Prozess zu betrügen. Ein deftiger Vorwurf - und allein, dass das Verfahren überhaupt beginnt ist schon ein Desaster. Hinreichende Aussicht auf Erfolg also wird der Staatsanwaltschaft damit bescheinigt. Der Ausgang könnte sogar noch schlimmer werden für das einzige deutsche Geldinstitut mit Weltrang als die jetzt zu bezahlenden 2,5 Milliarden für Fehlverhalten einiger Mitarbeiter in London. Mit dem Geld hätte man allerdings die gängige Postbankfiliale zu einer Wohlfühloase umbauen können – nur warum eigentlich?

Die Frage stellt sich bei vielen vergangenen Übernahmen und Großaktionen der Bank: Warum nur um Himmels willen? Es darf vermutet werden, dass das hektische Umbauen des Instituts, das sich nun offenbar erneut vom Universalbankprinzip verabschieden will, auch die Kunden verunsichert. Bei der Deutschen Bank 24 war das ja ein wahrer Aufstand – aber auch jetzt, wo es dezenter zugeht, dürfte sich so mancher langjährige Kunde fragen, mit wem er es eigentlich zu tun hat. Und das Verhalten der Bank wirkt auch auf jene, die gar nicht betroffen sind, wohlhabende Privatkunden etwa. Man will bei einem Institut von tadellosem Ruf sein, nicht bei einem schlingernden Tanker mit teils dubioser Besatzung.