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Öl und Gas – war da was?

Mancher erinnert sich an die sogenannte erste Ölkrise 1973: Weltweite Verwerfungen sorgten gleichzeitig für hohe Nachfrage nach dem Schmiermittel und die traf auf die Verknappung des Angebots, auch ausgelöst durch politische Vorstellungen der in der OPEC, dem Kartell ölexportierender Länder, übermächtig vertretenen arabischen Staaten.

BÖRSE am Sonntag

Mancher erinnert sich an die sogenannte erste Ölkrise 1973: Weltweite Verwerfungen sorgten gleichzeitig für hohe Nachfrage nach dem Schmiermittel und die traf auf die Verknappung des Angebots, auch ausgelöst durch politische Vorstellungen der in der OPEC, dem Kartell ölexportierender Länder, übermächtig vertretenen arabischen Staaten.

Man wollte dem Westen seine Grenzen zeigen, was dann in der Tat so gut gelang, dass Bundeskanzler Schmidt die Autobahnen sonntags für Radler freigab. Die Krisen sind heute zahlreicher denn je, und dass in der arabischen Welt die Vernunft überhandgenommen hätte, ist nicht auszumachen. Dennoch sinken die Ölpreise auf breiter Front, während islamistische Krieger im Irak und in Syrien Freund und Feind metzeln, Iran weiter am Atomprogramm schraubt, Israel sich der Hamas-Raketen zu erwehren versucht und nicht zuletzt die Ukraine und Russland weiter für Seltsamkeiten sorgen, deren jüngste sich darin ausdrückte, dass russische Fallschirmjäger „aus Versehen“ auf ukrainisches Gebiet gerieten; diese vielleicht ersten werden nicht die letzten sein.

Von arabischem Aufbegehren gegenüber den Abnehmerländern keine Spur: Saudi-Arabien hält sich jederzeit bereit, bis zu eine Million Barrel Öl zusätzlich zu fördern – am Tag. Es wird wohl nicht nötig werden, und das erkennt man auch am Preis: Seit seinem Höchststand von rund 150 Dollar je Fass ist zum Beispiel der Preis des Nordseeöls gesunken – in wenigen Jahren um mehr als 30 Prozent. Der US-Marke West Texas Intermediate (WTI) erging es ähnlich. Offenbar haben sich Krisen und der Ölpreis dauerhaft entkoppelt. Bei allen kriegerischen Auseinandersetzungen herrscht offenbar Einigkeit darüber, dass jede der Parteien die Ölförderung in ihrem Gebiet nicht antastet, sondern vielmehr zu erhöhen sucht, um die Kosten der eigenen Materialschlachten zu erwirtschaften.

Im Südirak und im Kurdengebiet funktioniert das noch, im Nordwesten des Landes trachten die Steinzeitkrieger der IS danach, ihre Beutezüge auch auf Ölquellen zu erweitern. Gleichzeitig aber wäre dies nicht möglich, hätten sich nicht vor allem die USA konsequent auf die auch unkonventionelle Hebung ihrer Schätze an Öl und Gas konzentriert. Die Abhängigkeit der größten Weltmacht von ausländischer Energie ist praktisch nicht mehr vorhanden, die Erpressbarkeit damit entfallen. Das die Vereinigten Staaten jemals der OPEC beitreten würden, ist eher unwahrscheinlich, und so verstärken sie die Riege jener, die außerhalb des Kartells fördern und fordern. Längerfristig werden andere Länder sich ein Beispiel an dieser Erschließung nehmen – mit Fracking beispielsweise werden, wenn der Fortschritt dieser Technik weitergeht, einige Vorkommen zugänglich, an die man bisher nicht zu denken wagte; gleichzeitig arbeiten die Ingenieure an der besseren Umweltverträglichkeit der Erschließungsmethode, was wiederum zögernde Länder entschlussfreudiger machen könnte.

Deutschland natürlich ausgenommen, hier geht noch immer die richtige Gesinnung vor Vernunft.  Ein weiteres, was einem unwillkürlich in den Sinn kommt angesichts der Preiskurven der letzten Monate: Die Autofahrer haben nichts davon. An den Tankstellen hält sich das Niveau, egal was die Ölpreise vorgeben. Aber dafür gibt es bestimmt wunderbar triftige Gründe.