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Märkte > StartUp-Experten diskutierten auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel

So gelingt die Wende in der Digitalisierung

(Foto: WMG)

Deutschland tut sich schwer mit Digitalisierung. Grund zur Sorge ist das aber nur bedingt, wie vier Start-up-Experten auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel sagen. Sie erklären, warum wir schnell viel besser sein könnten, wenn wir wollen.

Von Christoph Sackmann

Wenn Ludwig Ensthaler die Probleme der deutschen Digitalisierung auf einen Punkt bringen soll, erzählt der Wagniskapitalgeber von 468 Capital von den Notargesetzen: „Wir investieren bis auf China auf der ganzen Welt, aber so eine Situation mit Notaren wie gibt es nirgendwo. Wir hatten gerade mal eine Finanzierungsrunde mit 700 Dokumenten in einer 28-stündigen Sitzung beim Notar. Die Amerikaner, die als Verkäufer dabei waren, konnten gar nicht glauben, dass da einer sitzt und alle Dokumente vorliest“, erzählt er auf dem Podium des Ludwig-Erhard-Gipfels der Weimer Media Group am Tegernsee, wo fünf Start-up-Experten über die Gründerkultur und Digitalisierung des Landes diskutierten.

Die Geschichte mit dem Notar ist dabei nicht nur eine Anekdote, sondern hat handfeste Konsequenzen. „Es schadet uns bis zu dem Punkt, an dem wir in deutsche Unternehmen keine US-Investoren mehr bekommen“, sagt Ensthaler. „Das ist auch eine Verschwendung von vielen unserer schlauesten Menschen. Notare sind Top-Juristen, die ihr Leben mit Vorlesen verbringen“, ergänzt Philipp S. Müller von Drivelock. Seine Firma kümmert sich um die IT-Sicherheit in mittelständischen deutschen Unternehmen.

Staat als erster Kunde gefragt

Dabei sind Gründer und Wagniskapital gefragter denn je angesichts von Megatrends wie Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI). „Wir müssen Gründerland bleiben und wieder stärker werden“, sagt Harald Felling, CEO von Init. Das Unternehmen kümmert sich hauptsächlich um den Ausbau digitaler Verwaltung in Deutschland. Um den Gründergeist im Land machen sich die vier Experten auf dem Podium kaum sorgen, wohl aber um die Unterstützung im Land.

In Zeiten knapper Haushaltskassen sind etwa Fördertöpfe gekürzt worden. Ein Problem? „Was uns fehlt, ist, was die Amerikaner gut machen: Der Staat als erster Kunde für Start-ups. Dann braucht es auch gar nicht so hohe Fördergelder. Das ist auch ein guter Selektionsprozess, denn auch der Staat will ja nicht Produkte von schlechten Unternehmen kaufen. Wir sollten den Fokus mehr darauf legen als auf irgendwelche Fördertöpfe. Das finde ich viel effektiver“, sagt Ensthaler.

Digitalisierung in kleinen Schritten geht schnell

Dass nicht immer der Staat mit Geld helfen muss, zeigt Benjamin Springub von der Deutschen Telekom mit Verweis auf die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), die in Heilbronn in den vergangenen Jahren einen KI-Campus aufgebaut hat. „Das ist herausragend, so kann es in Deutschland auch gehen“, schwärmt Springub. Dass deutsche Start-ups generell zu spät seien, sieht Ensthaler ohnehin nicht. „Beim Thema digitaler KI werden wir trotz aller Fördergelder hinten dran bleiben. Aber in anderen Bereichen wie Robotik sind wir führend. Da hört man wenig von, weil die Start-ups hier oft medienscheu sind“, erklärt der Investor. Auch im Bereich Biotech sei Deutschland spitze. Das zeigte sich zuletzt in der Corona-Pandemie als mit Biontech ein deutsches Start-up das erste auf der neuen mRNA-Technologie basierende Impfmittel herstellte.

Neben Start-ups müssen aber auch viele nicht-digitale Unternehmen die Digitalisierung meistern. „Da geht es nicht um großartige KIs, muss es aber auch nicht“, sagt Springub. „Digitalisierung fängt dort an, wo man gerade steht – und in kleinen Schritten.“ Wie die aussehen können, zeigt Müller an einem Beispiel aus der Cyber-Security: „Wir haben letztens mit einem Waldkindergarten gearbeitet, der in einem Bauwagen Portrait-Fotos von den Kindern macht und für die Eltern hochlädt – und die müssen halt sicher in der Cloud sein. Da braucht es keine komplexe Lösung. So geht Digitalisierung ganz schnell.“

Der Umsetzungswille fehlt noch

So ist den Experten auch nicht bange um die Zukunft: „Wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben, dass wir als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt in internationalen Rankings im unteren Drittel liegen. Die Erkenntnis ist da, aber der Wille zur Umsetzung fehlt noch“, sagt Felling. Würde der kommen, wäre der Rückstand schnell aufgeholt: „Das kann uns locker in fünf bis sechs Jahren gelingen.“ So sieht es auch Springub. „Wenn wir wollen, dann sind wir richtig gut.“

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.

 

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