Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Lufthansa: Bereit zum Abheben

Deutschlands größte Airline lässt die Pandemie-Krise mit einem starken Sommerquartal wohl endgültig hinter sich. Analysten zeigen sich positiv überrascht und Chef Carsten Spohr sieht den Kranich spartenübergreifend auf Kurs. Ist jetzt die letzte Chance, die Aktie noch günstig zu kaufen?

(Foto: Lukas Wunderlich / Shutterstock)

Deutschlands größte Airline lässt die Pandemie-Krise mit einem starken Sommerquartal wohl endgültig hinter sich. Analysten zeigen sich positiv überrascht und Chef Carsten Spohr sieht den Kranich spartenübergreifend auf Kurs. Ist jetzt die letzte Chance, die Aktie noch günstig zu kaufen?

Es hätte ein Katastrophen-Jahr für die Lufthansa werden können. Die Corona-Pandemie noch nicht ausgestanden, fällt Russland im Februar in die Ukraine ein, die Energiepreise explodieren, die Inflationsraten klettern daraufhin in Europa und den USA in hohem Tempo und die globale Rezessionswahrscheinlichkeit steigt.

Nach Reiselust klingt das nicht. Doch weit gefehlt. Schon jetzt lässt sich wohl resümieren: 2022 wird zum Comeback-Jahr für Deutschlands größte Airline. Statt Reisezurückhaltung erfuhr der Kranich im dritten Quartal beinahe schon Reiseeuphorie. Vor Steuern und Abschreibungen verdiente die Lufthansa von Juli bis September 1,1 Milliarden Euro. Unterm Strich kletterte der Gewinn auf 809 Millionen Euro. Das war deutlich mehr, als von Analysten im Schnitt erwartet (618 Millionen Euro). Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte die Lufthansa noch einen Verlust in Höhe von 72 Millionen Euro ausgewiesen. Der Umsatz stieg von 5,2 auf 10,1 Milliarden Euro. Das Passagier-Aufkommen legte im dritten Quartal ebenfalls kräftig zu, von 20 Millionen im Vorjahr auf nun 33 Millionen. Das spülte besonders bei der Hauptmarke Lufthansa viel Geld in die Kasse, da diese inzwischen deutlich höhere Preise durchsetzen kann und Urlauber offenbar vermehrt in teureren Kategorien fliegen. Im Schnitt stiegen die Ticketerlöse im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 um 23 Prozent. Stark präsentierten sich auch die Logistiksparte und Lufthansa Technik. Letztere profitiert davon, dass sie derzeit weltweit Aufträge bekommt, um die Flotten zahlreicher Airlines nach der Corona-Pause wieder fit zu machen.

„Lufthansa hat die Pandemie hinter sich gelassen und blickt optimistisch nach vorne“, lautet deshalb das Fazit von Vorstandschef Carsten Spohr. „Die Lust zu reisen und damit die Nachfrage nach Flugtickets ist weiter ungebrochen.“ Entsprechend positiv blickt der Konzern in die nahe Zukunft. Auch im letzten Quartal des Jahres sieht sich die Lufthansa in die schwarzen Zahlen fliegen, das bereinigte EBIT 2022 am Ende eine Milliarden Euro betragen. Das entspricht einer Verdopplung der Gewinnprognose.

2023 soll der Gewinn dann noch weiter steigen. Mit Blick auf die Ticketpreise sieht Spohr „kein Ende der höheren Durchschnittserlöse im vierten und ersten Quartal“. Im kommenden Jahr sollen zudem bis zu 90 Prozent der Kapazität von 2019 erreicht werden. In diesem Jahr waren es 75 Prozent.

Die Lufthansa profitiert damit von einem stärker werden Aufwind im ganzen Sektor. Auch die beiden anderen großen europäischen Airlines, Air France-KLM und IAG erzielten im Sommerquartal einen Milliardengewinn. Die Branche profitiert von einem wachsenden Geschäft in Asien, einer insgesamt sehr robusten Nachfrage und einer guten Auslastung hochpreisiger Kategorien. Preiserhöhungen durchzusetzen scheint aktuell noch kein Problem, womit die Airlines die gestiegenen Treibstoffkosten – die Lufthansa gibt 2022 wohl rund 7,6 Milliarden Euro für Kerosin aus – leicht an die Kunden weitergeben können. Speziell die Lufthansa sei zudem von einer möglichen Rezession in Deutschland wenig betroffen, sagt Spohr. Mittlerweile würde drei Viertel aller Lufthansa-Tickets außerhalb Deutschlands verkauft, so der Vorstandsvorsitzende. Überdies bleibe das Nordatlantik-Geschäft robust, der starke Dollar locke Urlauber aus den USA nach Europa.

Anleger honorierten die besser als erwartete Geschäftsentwicklung bereits. Auf Monatssicht hat die Lufthansa-Aktie fast 17 Prozent an Wert zugelegt. Mit 7,10 Euro kostet sie allerdings noch immer deutlich weniger, als zu Beginn des Jahres 2020. Kurz vor Ausbruch der Pandemie bekamen Anleger die Kranich-Anteile für 11,60 Euro. Bereits zuvor waren die Papier allerdings stark im Wert gesunken, 2018 hatten sie noch ein Allzeithoch bei 22,10 Euro erreicht.

Dieses dürfte zunächst in weiter Ferne bleiben. Die Luftfahrt-Branche kämpft mit vielen längerfristigen Herausforderungen, wie strengeren Klima-Vorgaben und teuren Investitionen in einer klimafreundlichere Zukunft. Hinzu kommt eine stärker werdende Konkurrenz aus Nah- und Fernost. Auf der Kurz- und Mittelstrecke in Europa bleibt es für Anbieter wie die Lufthansa zudem weiter schwierig sich gegen Billiganbieter wie Ryanair zu behaupten.

Das Vor-Coronahoch jedoch scheint in Reichweite. Die Lufthansa ist auf bestem Wege, die Umsatz-, Gewinn- und Auslastungsniveaus von vor der Pandemie bald wieder zu erreichen. In der Krise hat sich der Konzern zudem gezwungenermaßen verschlankt, was nun dem Ergebnis zugute kommt. „Der Aufschwung ist intakt“, schreibt DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp. Sein Kursziel liegt bei neun Euro. Risikoreich bleibt die Lufthansa-Aktie allerdings weiterhin, dafür erscheint das geopolitische und globalwirtschaftliche Umfeld zu instabil. Wie sich die Konsumlaunen in Europa und den USA im kommenden Jahr tatsächlich entwickeln, ist schwer abzusehen und hängt mit davon ab, wie stark eine mögliche Rezession zuschlägt. Wie sich das Verhältnis zwischen deutschen Unternehmen und China entwickelt, bleibt ebenfalls abzuwarten, nachdem die Situation politisch angespannt ist, wie noch nie.

Fest aber steht: Ein weiteres Katastrophen-Jahr haben Europas Airlines und nicht zuletzt die Lufthansa trotz zunächst trüber Aussicht verhindert. Im Gegenteil: in einem schwierigen Umfeld hat die Branche eine erst echte Trendwende nach dem Corona-Fiasko eingeleitet.

OG

Lesen Sie auch: Das große Big Tech-Beben