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Das große Big Tech-Beben

Nach Vorlage der Quartalszahlen brechen die Kurse von Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta dramatisch ein. Innerhalb weniger Stunden werden teils dreistellige Milliardenbeträge an Börsenwert vernichtet. Für den Gesamtmarkt kommt der Crash zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.

(Foto: Shutterstock)

Nach Vorlage der Quartalszahlen brechen die Kurse von Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta dramatisch ein. Innerhalb weniger Stunden werden teils dreistellige Milliardenbeträge an Börsenwert vernichtet. Für den Gesamtmarkt kommt der Crash zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.

Eigentlich hatte die Berichtsaison im Technologiebereich gut begonnen. Der Streamingdienst Netflix, unter den namhaften US-Tech-Konzernen immer als erster an der Reihe, legte überzeugende Zahlen vor, die Aktie sprang in wenigen Tagen von 220 auf 300 Euro. In der Regel ein gutes Indiz für eine mindestens solide Berichtsaison. So begann auch der Nasdaq100 eine zaghafte Erholung, stieg von rund 10.800 auf 11.450 Punkte in zwei Wochen. Gleichzeitig war die Inflationsrate in den USA im Oktober zum dritten Mal in Folge leicht gesunken, womit die Sorge  vor außerplanmäßigen Zinserhöhungen der Fed auf dem Parkett zu verebben begann.

Diese Berichtsaison hätte durchaus das Zeug dazu gehabt, ein Trendwende einzuleiten. Nach dieser Woche aber ist klar: Bis es so weit ist, könnte es noch lange dauern. Ausgerechnet die bislang noch vergleichsweise stablien Tech-Giganten Microsoft, Alphabet und Amazon lösten mit ihrer Zahlenvorlage ein Beben aus. Der an der Börse ohnehin angeschlagene Meta-Konzern verlor gänzlich das Gleichgewicht.

Kursstürze historischen Ausmaßes

Es war eine Woche des Grauens für die Großen der Branche mit Kursstürzen historischen Ausmaßes. „Diese Woche wird in die Geschichtsbücher als eine der schlechtesten für Big-Tech eingehen“, sagte Wedbush-Analyst Dan Ives dem Handelsblatt. Erst krachten die Aktien von Microsoft und der Google-Mutter Alphabet nach unten. Microsoft verlor bis Ende der Woche zehn Prozent an Wert, Alphabet zwölf Prozent. Auf Jahressicht hat die Aktie des Windows-Konzerns damit nun 30 Prozent verloren, die von Alphabet steht mit 36 Prozent im Minus. Noch schlimmer traf es in der Folge die Aktien von Meta und Amazon. Die Aktien des Zuckerberg-Imperiums gab innerhalb von drei Tagen 30 Prozent ab und stürzten von 140 auf 98 US-Dollar. Auf Jahressicht hat sich inzwischen ein Minus von 70 Prozent angehäuft. Die Amazon-Aktie verlor nach Bekanntgabe der Quartalszahlen in der Spitze 20 Prozent – so viel wie letztmals vor 16 Jahren – und damit innerhalb weniger Minuten 100 Milliarden US-Dollar an Börsenwert. Im Anschluss erholten sich die Papiere wieder, zum Handelsstart am Freitag standen sie nur noch mit vier Prozent im Minus. Das entspricht dann aber immer noch einem Verlust von rund zehn Prozent in einer Handelswoche.

Grund für diesen Ausverkauf waren Zahlen, die, Meta ausgenommen, das erste Mal seit Langem nicht überzeugen konnten. Zuvor war es den großen Tech-Stars gelungen beinahe jeder Krise zu trotzen. Häufig vielen die Ergebnisse trotz widriger Bedingung besser aus als von Analysten erwartet. Diesmal nicht. Microsoft legte dabei noch das beste Zeugnis ab. Umsatz und Ergebnis stiegen sogar erneut stärker als von Experten vorhergesagt. Doch die Aussichten auf das zweite Geschäftsquartal lagen unter den Erwartungen. Bereits in den abgelaufenen drei Monaten war das Wachstum zudem so niedrig, wie seit fünf Jahren nicht mehr. Das Umsatzwachstum im Cloud-Geschäft Azure seit mit 35 Prozent leicht unter den Erwartungen ausgefallen und as PC-Geschäft mit Windows-Betriebssystemen seit deutlich schlechter als erwartet gelaufen, urteilt die LBBW. Microsoft belastet ein starker Dollar und die angespannte Finanzlage bei vielen seiner Kunden.

An Alphabets Quartalsbericht missfielen Anlegern vor allem die gesunkenen Werbeerlöse auf der Videoplattform Youtube, die zuletzt die treibende Wachstumskraft im Konzern gewesen war. Insgesamt sank zudem der Gewinn von 18,94 auf 13,9 Milliarden US-Dollar, obwohl der Umsatz stieg.

Amazon: Cloud-Sparte mit niedrigster Wachstumsrate Zeit ihres Bestehens

Amazon enttäuschte Anleger mit einem schwachen Ausblick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft. CFO Brian Olsavsky kündigte zudem an, dass der Konzern Maßnahmen ergreife, um den Gürtel enger zu schnallen. Das sind ungewohnte Töne des sonst so ausgabenfreudigen und wachstumsstarken Konzerns. Doch auch Amazon spürt Inflation und Rezessionssorgen. Im abgelaufenen Quartal verdiente der Online-Gigant unterm Strich neun Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Im laufenden, vierten Quartal des Jahres, soll der Umsatz zwischen 140 und 148 Milliarden US-Doll liegen und damit unter den Analystenschätzungen (155 Milliarden US-Dollar). Besonders verschreckt hat Anleger dazu wohl die Warnung vor einem möglichen Gewinneinbruch aufgrund von steigenden Kosten und die geringste Wachstumsrate der wichtigen Cloud-Sparte AWS Zeit ihres Bestehens. Wie das Marktforschungsunternehmen Gartner schätzt, hat Amazon im Cloud-Segment zudem Marktanteile an die Wettbewerber Microsoft und Alphabet verloren. 2021 habe der AWS-Anteil weltweit noch bei 39 Prozent gelegen, 2020 waren es 41 Prozent.

Meta-Anleger erlebten derweil einen erneuten Zahlen-Schock. Der Facebook-Konzern kämpfte im abgelaufenen Quartal sowohl mit einem Umsatz- als auch mit einem Gewinnrückgang. Der Umsatzrückgang hat sich zudem beschleunigt. Meta nimmt zum einen weniger ein, weil Werbekunden des sich verschlechternden wirtschaftlichen Umfelds wegen mehr sparen, zum anderen steigen aufgrund von Mark Zuckerbergs Metaverse-Vision die Ausgaben. Unter dem Strich sank der Gewinn um mehr als die Hälfte.

Das Fazit dieser Woche: Der Tech-Ausverkauf geht an der Börse erst einmal weiter – und macht nun auch vor den Schwergewichten nicht mehr Halt. Die Kursstürze locken zum Einstieg, schließlich handelt es sich bei den genannten Konzernen nach wie vor um die einige der umsatz- und ergebnisstärksten der Welt, die in verschiedenen Bereich eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Sie gehören zu den wertvollsten Marken des Planeten, ohne manche ihrer Dienst wäre ein Leben, wie es der Mensch aktuell führt, gar nicht möglich. Doch Anleger tun gut daran nicht überhastet einzusteigen. Die Unsicherheiten mit Blick auf die nächsten Quartale sind hoch. Die Bewertungen der Aktien waren und sind noch immer hoch. Es könnte daher nicht der letzte große Kurssturz im Bereich Big Tech gewesen sein.

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