Böse Folgen
In der Finanz- und Wirtschaftskrise jagen weiterhin die aktuellen Meldungen über die Ticker, dass es nur so seine Art hat. Sektorenweise geraten die Wirtschaftsthemen in den Fokus, und – endlich einmal – befasst sich auch der deutsche Normalbürger mit dem, wofür man sich sonst irgendwie zu fein ist oder es für nicht so wichtig hält:
Die Fragen rund um das Funktionieren der Volkswirtschaft. Nur, dass es heute eher um das Nichtfunktionieren geht. Nun wird in der Krise das gängige Vorurteil immer wieder scheinbar bestätigt, dass man gar nicht begreifen könne, was da vorgeht, und dass man ohnehin machtlos sei. Dieser Eindruck kann sich allerdings sehr zu Recht einstellen, wenn man den immer wieder an die Oberfläche kommenden Finanzbedarf zum Beispiel der Hypo Real Estate betrachtet. Dass HRE inzwischen an direkten Zahlungen und Garantien deutlich mehr Geld gekostet hat als das deutsche Konjunkturpaket insgesamt, das ist kaum noch zu vermitteln. Dass ein Ende offenbar in den Sternen steht, ebenso wenig. Da ist jedes Kopfschütteln berechtigt. Um es mal höflich auszudrücken: Genau genommen brauchte und braucht dieses Institut kein Mensch. Und wann immer man in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren von dieser Bank hörte, gleich unter welcher Flagge sie gerade mal segelte, es waren nie positive Meldungen. Die Bank macht Ärger, seit es sie gibt, und nun wird es richtig teuer. Wer dieses Fass endlich zumacht, verdient einen Orden.
Anderer Sektor, auch nicht billig: Die Autoindustrie. Die Bundesbank schätzt, dass vom Verfall des Bruttoinlandsprodukts ein volles Prozent auf den Autosektor entfallen wird. Da wird es für die Deutschen noch haariger, denn die Exportindustrie, der Mittelstand, die Finanzierer und Handwerker haben in weiten Teilen mit dem Gebiet Automobile zu tun. Die Bundesbank klingt schon recht düster, aber vermutlich wäre sie bei brutalstmöglicher Berechnung der Folgen des Niedergangs noch erheblich pessimistischer. Am Auto hängt bei uns fast alles. Bislang gab es noch die Hoffnung, dass die deutschen Konzerne recht gut auf eine Krise vorbereitet seien und den nötigen langen Atem hätten. Doch nun muss man offenbar die Luft erheblich länger anhalten als geplant. Kleine Lichtblicke entstehen nur da, wo andere leiden: So etwa könnte sich der Exportrückgang in die USA abschwächen, wenn die dortigen Hersteller weiter in Richtung Konkurs trudeln – der Markt wird bereinigt. Hinzu kommt die staatliche Abwrackprämie, die trotz aller Streuverluste und Mitnahmeeffekte wohl zumindest bei Opel oder VW für etwas Erleichterung sorgt. Doch was kommt danach? So wie es im Moment aussieht, könnte man die nächsten Quartale mit Konjunkturpaketen geradezu bepflastern, um die Wirtschaft auch nur über Wasser zu halten. Eine unrealistische Perspektive, wie in den USA gerade zu bestaunen. Der Rückgang der Aktienkurse dort und bei uns wurde zum Beispiel in dieser Woche oft damit erklärt, dass die Anleger der Wirksamkeit der Konjunkturmaßnahmen nicht so recht trauen. Das scheint aber nur ein Teil der Motivation zu sein. Die Anleger sehen auch für den Fall, dass die Milliardenhilfen wirklich helfen, eher schwarz. Es dürfte damit zu tun haben, dass die staatlichen Haushalte, vor allem in den USA, an einer Art Grenze angekommen sind. Die massiven Defizite sind noch bezahlbar, wenn es bald wieder bergauf geht mit der Konjunktur. Wenn nicht, könnten die USA in eine böse Falle geraten: Um die Staatsschulden in den Griff zu bekommen, wären da erhebliche Steuererhöhungen fällig, die wiederum die Konjunktur abbremsen würden. Bei weiter steigender Verschuldung geriete dann am Ende sogar die Bedienung der Schulden generell ins Trudeln... aber daran wollen wir nicht mal denken. Die Börsen tun es aber offensichtlich, und es gefällt ihnen gar nicht, was da noch kommen könnte.