Böse Gewinne, böse Verluste
Da waren die Aktienmärkte mal richtig entsetzt: Den Stützen der US-Wirtschaft, den Banken nämlich, soll es an den weißen Kragen gehen. Zumindest denen, die hohe Gewinne im Eigengeschäft erzielen, undurchsichtige Finanzprodukte vertreiben und mit dem Geld der Steuerzahler ihren Profit vermehren.
Also eigentlich allen, oder? Die finsteren Pläne stammen nicht aus der Schublade unbelehrbarer Sozialisten, sondern aus dem Weißen Haus. Wo der amtierende Präsident nun Ernst machen will und den Volkszorn kanalisieren möchte. Der Kanal führt in Richtung Wall Street, New York. Und die Methode geht auf Paul Volcker zurück, legendärer Notenbankchef (anders legendär als Alan Greenspan und noch ein bisschen älter). Der uramerikanische Tugenden verwirklichen möchte, auch im Finanzsektor, welcher wiederum das Ganze für unamerikanisch hält, nicht uramerikanisch. Kern der Idee: Wer durch Steuergeld gerettet werden will, soll dieses nicht unverzüglich in Hedgefonds stecken, auf Kosten anderer Gewinn machen und diesen dann zunächst in Form von Boni an die eigenen Leute und dann an die Aktionäre ausschütten. Derartige Regelungen kommen beim Wähler sicher gut an, sofern der nicht zufällig Goldman-Sachs-Manager oder -Aktionär ist. Und das sind die wenigsten. Gut gedacht ist das Ganze schon – nach den bösen Verlusten bei den Banken will man sich nun um die bösen Gewinne kümmern. Richtig an diesem Ansatz ist sicherlich, dass man jener habhaft werden sollte, die sich in Büros und Sälen hinter ihren finanzmathematischen Algorithmen und Computermonitoren schieflachen über diejenigen, die ihnen ihre Abenteuer finanzieren, wenn sie denn mal daneben gehen. Das aber sind nach wie vor nicht diejenigen, die bei den Banken tatsächlich das Geschäft bestimmen. Man erwischt mit seiner neuen Regulierung aber auch jene, die durch eine gesunde Mischung ihrer Bankgeschäfte Risiken sogar besser abfedern können als andere. Wen man mit der Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken hingegen nicht erwischt, das sind jene heute schon am Rande des Wahnsinns operierenden Hedgefonds und Finanzvehikel. Deren Los könnte höchstens dann künftig etwas bemitleidenswerter sein, wenn sie schiefliegen und Hilfe vom amerikanischen Steuerzahler ausbleibt. Das wird dann aber auch für alle Banken gelten, die Eigenhandel betreiben und kein Kundengeschäft. Eine riskante Sache. Denn solche quasi monothematisch aufgestellten Institute sind anfälliger als vielseitige. Es kommt hinzu, dass deren Größe begrenzt werden soll – mit dem Hintergedanken, dass keine einzelne Bank mehr so groß sein soll, dass sie ein ganzes Wirtschaftssystem in Gefahr bringen kann und um jeden Preis gerettet werden muss. Auch gut gedacht, nur wurden in der jüngsten Krise viele gerettet, die eigentlich recht klein waren – sie hatten eben nur riesige Geschäfte gemacht. Wie man das in Zukunft regeln will, dazu sagen die Pläne aus Washington nicht viel. Wie dem auch sei: Der Aufschrei an der Wall Street zeigt, dass der Schuss gesessen hat. Und: Klammheimlich wird man sich in London und in Frankfurt freuen, nur sagen darf man das natürlich nicht. Denn in Europa sind vergleichbare Pläne kaum denkbar. Obama dämpft mit seiner Initiative derweil die Konkurrenz.