Buffett: US-Aktien sind massiv überteuert!
Die Rendite-Erwartungen vieler Anleger in US-Aktien könnte in den nächsten Jahren herb enttäuscht werden. Wobei sich die rendite nicht allein auf den Aktienkurs bezieht. Und weil das eine ganz schön komplizierte Materie ist, hat jeder versierte Anleger hier sein eigenes Rezept. Was Warren Buffett über die Märkte denkt, ist dabei von besonderem Interesse – allein schon seines Erfolges wegen.Weni beruhigend ist es da, dass bei Berechnungen nach Buffetts Methodik der US-Aktienmarkt als sehr teuer, ja, als überhitzt gelten kann. Uwe Günther stellt diese Berechnungen vor.
Die Rendite-Erwartungen vieler Anleger in US-Aktien könnte in den nächsten Jahren herb enttäuscht werden. Wobei sich die rendite nicht allein auf den Aktienkurs bezieht. Und weil das eine ganz schön komplizierte Materie ist, hat jeder versierte Anleger hier sein eigenes Rezept. Was Warren Buffett über die Märkte denkt, ist dabei von besonderem Interesse – allein schon seines Erfolges wegen.Weni beruhigend ist es da, dass bei Berechnungen nach Buffetts Methodik der US-Aktienmarkt als sehr teuer, ja, als überhitzt gelten kann.
Von Uwe Günther
Einer der weltweit am meisten zitierte, am meisten verehrte und wahrscheinlich auch der erfolgreichste Investor der Neuzeit ist Warren Edward Buffett. Jedes Jahr pilgern tausende Vermögensverwalter und Investmentprofis zum Aktionärstreffen von Berkshire Hathaway, der Beteiligungsgesellschaft der Investorenlegende, ins ländliche Omaha. Dort huldigen sie oft mit entrücktem und ehrfürchtigem Gestus dem Meister und tauschen sich mit Gleichgesinnten über die Vorteile des Value Investing à la Graham, Lynch und eben Buffett aus.
Das „Orakel aus Omaha“, wie Buffet gerne auch genannt wird, legte mit seinem Investmentansatz den Grundstein für die Vermögensbildung unzähliger Kapitalanleger. Gleichzeitig schuf er den fachlichen Unterbau für viele Geschäftsmodelle in der modernen Asset-Management-Industrie. Auch in unserem Unternehmen nutzen wir erfolgreich Lösungen, die auf seinen Prinzipien basieren.
So weit, so gut. Dennoch scheint der Kultstatus des Meisters bei einigen Fans zunehmend zu Pauschalisierungen und Übertreibungen in der Pro-Aktien-Argumentation zu führen, die eine kritische Auseinandersetzung und saubere Analyse zunehmend zu behindern.
Rekordbewertung: wie 2002 und 2008
Die Lieblingskennzahl von Buffet ist die Marktkapitalisierung von Aktien im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes. Diese Kennzahl soll verdeutlichen, ob ein Markt relativ zur Realwirtschaft über- oder unterbewertet ist. Gemessen am S&P 500, der die 500 größten in den USA gelisteten Aktien umfasst, befindet sich der amerikanische Aktienmarkt in Relation zum US-BIP derzeit auf dem zweihöchsten Stand seit 1950. Nur Ende der 90er Jahre, also kurz vorm Platzen der TMT-Blase, war das Bewertungsniveau noch höher. Der damalige Optimismus der Anleger wurde in den Jahren 2000 bis 2003 mit Kursverlusten von bis zu 70 Prozent bestraft.
Auch heute drohen aufgrund der hohen Bewertungen schmerzhafte Einbußen. Und es ist konsequenterweise davon auszugehen, dass eine gesunde Aktienmarkt-Korrektur von 20 bis 40 Prozent auch Buffetts Value-Titel mit einem tollen „wirtschaftlichen Burggraben“, also einem erheblichen Kursabschlag auf den inneren Wert des Unternehmens, unter massiven Druck setzen wird. Bei der leicht modifizierten Variante dieser Kennzahl, nämlich der Marktkapitalisierung im Verhältnis zur Bruttowertschöpfung einer Volkswirtschaft, sieht es kaum besser aus. Die Bruttowertschöpfung ist der Gesamtwert der im Produktionsprozess erzeugten Waren und Dienstleistungen abzüglich des Werts der Vorleistungen. Hier kommt man ebenfalls zu einer eher dramatischen Erkenntnis: Außer im Jahr 2000 gab es zu keinem Zeitpunkt in den zurückliegenden 70 Jahren ein ungünstigeres Verhältnis dieser Kennzahl.
„Spielverderber“ leiten daraus den eher logischen Schluss ab, dass der jährliche Gesamtertrag des S&P 500, also Kursgewinne plus Dividenden, in den kommenden zwölf Jahren wohl kaum mehr als ein Prozent pro Jahr betragen dürfte. Um sich mit einem dritten Beispiel den aktuellen Optimismus komplett zu rauben, bleibt noch ein Blick auf die reale Substanz in den Aktien des S&P 500. Bereits im Jahre 2015 erreichte der Anteil der realen materiellen Vermögenswerte in den Aktien des S&P mit 13 Prozent einen vorläufigen Tiefpunkt – unter anderem dank der kreativen Bewertung von immateriellen Bilanzpositionen und exzessiver Neuverschuldung. Viele Unternehmen haben sich billiges Geld für Aktienrückkäufe geliehen. Steigende Finanzierungskosten in der Zukunft können hier, selbst bei unterstellter moderater Produktivitätssteigerung, der Sargnagel vieler Unternehmen sein.
Buffetts Ansatz lebt. Aber bitte nicht jedes pauschale Trommeln für die grundsätzlich sinnvolle Anlageklasse Aktien mit ihm begründen, das ist nicht fair. Zumal vieles, was heute in Kundendepots liegt, durch sein Raster fallen würde. Und für den Fall einer abrupten Marktkorrektur hat Buffet mit einem sehr sinnvollen Bonmot auch in Bezug auf seine Favoriten vorgesorgt: „Kaufe nie eine Aktie, wenn du nicht damit leben kannst, dass sich der Kurs halbiert.“
Uwe Günther ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der BPM – Berlin Portfolio Management GmbH.