Rebellen gesucht
Von Rettern und Rebellen – so heißt das morgen erscheinende Buch eines Mannes, der sich ohne viel Federlesens den letzteren zuordnet. Ganz einfach deshalb, weil es so viele gibt, die an Rebellion nicht einmal zu denken wagen und sich ganz automatisch für Retter halten.
Von Rettern und Rebellen – so heißt das morgen erscheinende Buch eines Mannes, der sich ohne viel Federlesens den letzteren zuordnet. Ganz einfach deshalb, weil es so viele gibt, die an Rebellion nicht einmal zu denken wagen und sich ganz automatisch für Retter halten.
Vermutlich sind sie es nicht, die vielen Bundestagsabgeordneten und Regierungsmitglieder, die in einer Art Glauben an „Alternativlosigkeit“ – das Wort entlarvt eigentlich nur seinen Sprecher als einfach extrem denkfaul – Milliardensummen nach Griechenland pumpen, ohne einen Gedanken an jenen Teil der Zukunft zu verschwenden, der jenseits des nächsten Wahltags gelegen ist.
Klaus-Peter Willsch, CDU-Abgeordneter und bereits bekannt geworden als einer der ersten, die 2010 das Konzept „Geld gegen Unruhe“ zu bezweifeln wagten, schreibt sich einen milden Zorn von der Seele, eine Chronik des methodischen Wahnsinns, dessen Anfänge in die Finanzkrise 2007/2008 reichen, in Wirklichkeit aber bis 2001, 1981, 1832: Wer Griechenland als gescheiterten Staat bezeichnet, findet in der Geschichte genügend Anknüpfungspunkte. Viele, wohl die meisten in Griechenland sind daran völlig unschuldig, und wenn sie jetzt die Folgen einer seit Jahrzehnten ausgebliebenen Reform ihres Gemeinwesens zu schultern haben, sollte man sie wenigstens nicht noch mit untauglichen Mitteln zu Maßnahmen zwingen, die ohne wirtschaftlichen Aufschwung von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind.
Innerhalb des Euro, so auch Willsch, haben sie keine Chance. In der Erkenntnis des eigenen Beratungsbedarfs hatten sich der Abgeordnete und seine Gleichgesinnten von zahlreichen Wirtschaftsprofessoren die Zusammenhänge erläutern lassen, immer wieder – und kontroverse Debatten geführt. Wie ein Rammbock pflügte hingegen die herrschende Räson des deutschen Parlaments über die Nachdenklichen und ächtete sie – der Verlust seiner Mitgliedschaft im Haushaltsausschuss wurde dabei auch noch so schäbig verstohlen arrangiert von den Partei-Granden, dass einem angst und bange wird: Nein, es ist nicht Politikverdrossenheit, die jene so oft beklagen, die sie im Zweifelsfall zu verantworten hätten – nein , es ist Politikerverdrossenheit, die hier Folge des verlogenen Handelns sein darf und muss. Dass die hehren Ziele der Demokratie auch im Alltag nicht immer hochgehalten werden können, mag menschlich verständlich sein. Aber nicht einmal das Bemühen darum täuschen jene noch vor, die Willsch auch deutlich nennt. Dass im Umgang mit den Politikern, die demokratische Gepflogenheiten zu verteidigen suchen, statt Respekt aber alle möglichen Machtkalküle herrschen und man offenbar darauf noch stolz ist, und Mitläufer ohne einen einzigen originalen Gedanken belohnend befördert, das ist ein bisschen viel für den Bürger, dessen Kinder und Enkel den ganzen Schlamassel bezahlen dürfen und nicht einmal die Verantwortlichen abwählen können, weil die längst vor dem Historiker Porträt sitzen mit Verdienstkreuzen und Schärpen und notfalls auch die Geschichte fälschen. Die Griechenland-Rettung kann so nicht funktionieren, das Geld ist weg und das Problem auf kurze Sicht wieder auf dem Tisch: Wie die Verantwortlichen sich dann den Werdegang zurechtklittern, darauf darf man gespannt sein.
Früher hieß ein Spruch aus der linksalternativen Szene: „Wir können die Politiker nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen – wir können sie nur zwingen, immer dreister zu lügen“. Möge es hoffentlich nur witzig sein und nicht prophetisch.